15 Jahre „Supernatural“ – das Ende einer Ära (Teil 2)

von | 10.04.2021 | Filmtheater, Serien

Bild: Bettina Strauss/The CW

Es war das passende Ende einer epischen Serie. 15 Jahre voller Spannung, Lachen und Emotionen. Vor allem aber Jahre neuer Freundschaften und aufregender Erlebnisse. Geschichtenbewahrerin Michaela hört beim Schreiben ein letztes Mal „Brothers in Arms“.

Die Autorinnen und Autoren von „Supernatural“ schicken die Fans auf eine Achterbahn der Gefühle – es geht um mehr als nur Dämonenjagd. Trotz aller Action, Kämpfe und Komik, im Grundtenor geht es um Familie, Vertrauen und Verantwortung und darum, das Richtige zu tun. Doch was ist das Richtige? Wie weit würde ich gehen, um die Menschen, die ich liebe, zu beschützen? Und letztendlich geht es um den freien Willen.

Sam und Dean kämpfen nicht nur gegen übersinnliche Wesen, sondern auch gegen ihre inneren Dämonen. Haben wir nicht alle unsere eigenen Dämonen? Viele Fans fanden durch die Geschichten in „Supernatural“ den Mut, ihr Leben zu ändern, gegen eine Sucht anzukämpfen, wieder in das Berufsleben einzusteigen, sich mit der Familie auszusprechen oder neue Wege zu gehen.

„Hunting things, saving people, the family business.“ – Dean Winchester

Ein besonders Beispiel ist Jared Padalecki. Während der Dreharbeiten zur dritten Staffel wurden bei ihm klinische Depressionen diagnostiziert. Er war damals 24 Jahre alt, erfolgreich mit einer tollen Familie und ohne negative Vergangenheit. Jared ist einer der wenigen Menschen, die mit ihrer Krankheit an die Öffentlichkeit gingen. Ein mutiger Schritt, denn Depressionen sind immer noch ein Tabuthema. Aber ein Schritt, der vielen Menschen geholfen hat, sich ihrer Krankheit zu stellen, Hilfe zu suchen und darüber zu sprechen. Jared Padalecki gründete das Charity-Projekt „Always Keep Fighting“. Mit dem Verkauf von T-Shirts unterstützt er eine Organisation, die sich um Menschen mit Depressionen und Angstzuständen kümmert und Suizidprävention bei Jugendlichen betreibt.

Bild: Robert Falconer/The CW

Die Psychologin Prof. Lynn Zubernis, selbst Fan der Serie, hat vier Bücher über ihre Forschung zur Psychologie von Fans von Fernsehserien veröffentlicht. Warum hat „Supernatural“ diese Wirkung auf die Menschen? Es sind die Hoffnung, die „Supernatural“ transportiert und die Gefühle, die zugelassen werden, die diese Serie so besonders machen. Die Familie, die Beziehungen, die Kämpfe füreinander, die Konflikte, die trotzt aller mystischer Elemente in unsere Welt transportiert werden können. Es können Lösungen gefunden werden, die nicht immer perfekt sind und nicht immer sind, wie man es sich wünscht. Sie enden nicht in einer heilen Welt und doch kann alles gut werden.

„Family never ends with blood.“ – Bobby Singer

Supernatural bedeutet Familie

„Supernatural Family“ nennt sich die weltweite Fangemeinschaft. Zu dieser Familie gehören die Fans, die Schauspielerinnen und Schauspieler und die Menschen hinter der Kamera. Dass die Darstellerinnen und Schauspieler nicht nur vorgeben, Teil dieser Familie zu sein, um den Fans zu gefallen, beweisen sie immer wieder auf den Conventions oder wenn jemand das Glück hat, sie zufällig zu treffen. Jensen und Jared legten sich an den Bühnenrand auf den Boden, um einem sehbehinderten Fan die Möglichkeit zu geben, sie klar sehen zu können. Alle Schauspielerinnen und Schauspieler nehmen sich viel Zeit für die Fans, sprechen mit ihnen und hören zu.

Die meisten der Schauspielerinnen und Schauspieler sind miteinander befreundet, obwohl einige nicht einmal zusammen vor der Kamera standen, sondern in unterschiedlichen Staffeln spielten und sich auf den Conventions kennenlernten. Bekommt jemand ein Kind, erhalten die Eltern Besuch vom gesamten „Supernatural“-Cast, erkrankt jemand, sind die anderen zur Stelle. Bei Hochzeiten sind ebenfalls alle dabei. Viele sind sehr gute Sänger und Sängerinnen. Und so haben sich einige zusammengefunden und gehen einmal im Jahr auf eine Clubtour durch Europa.

Ich selbst habe einige meiner besten Freundinnen durch die Serie kennengelernt und wir haben viele gemeinsame Interessen neben „Supernatural“.

Ein besonderes Beispiel für das Familiengefühl ist Jareds Krankheit. Es gab Zeiten, in denen es ihm sehr schlecht ging. Und wie sein Seriencharakter Dean kümmert sich Jensen um seinen Serienbruder. Bei Dreharbeiten sorgte er dafür, dass der Drehplan geändert wird und Jared frühzeitig nach Hause fliegen konnte. Jensen und seine Frau versuchten immer wieder, Jared und seine Familie zu entlasten, auch bei Conventions. Teilweise war Jared dann nicht anwesend, sondern bei seiner Frau, aber die anderen Schauspieler konnten seine Termine übernehmen.

Jareds Frau Gen konnte sich so in Ruhe um ihren Mann kümmern. Es dauerte keine halbe Stunde und die anderen Schauspielerinnen und Schauspieler hatten die Termine von Jared übernommen und durch die Veranstalterin wurde alles perfekt umorganisiert. Kein Fan war über Jareds Absage ungehalten, alle akzeptierten die Änderungen. Ich selbst war auf dieser Convention und ich erlebte einen starken Zusammenhalt. Es war eines der emotionalsten Erlebnisse, die ich bisher hatte.

Engagement und eigene Hilfsprojekte

Es ist Tradition, dass das „Supernatural“-Team sich für wohltätige Zwecke engagiert und Hilfsorganisationen unterstützt. Der Cast organisierte eine Aktion, um Geld für die „Vancouver Great Foodbank“ zu sammeln. Seit dem Krebstod ihres Regisseur Kim Manners nehmen viele Mitglieder des Teams regelmäßig an Läufen gegen Krebs teil. Jareds „Always Keep Fighting“-Kampagne habe ich schon erwähnt. Er ist im Tierschutz tätig und hat zwei Hunde übernommen und er unterstützt ein Kindermuseum in Austin. Außerdem engagiert er sich zusammen mit Jensen politisch in Austin.

„If we can help in any way, then I believe it‘s our duty as human beings… to do so.“ – Jensen Ackles

Bild: Colin Bentley/The CW

Jensen unterstützt eine Organisation in Austin, die armen Kindern Geburtstage ausrichtet, deren Eltern kein Geld dafür haben. Er und sein Frau Danneel setzten sich für die Rechte von Immigranten und Transsexuellen ein. Und auch seine Hunde stammen aus dem Tierschutz.

Misha Colins (Engel Castiel/Jimmy Novak) unterstützte mit seinem „Random Acts“ Projekte in Haiti und Nicaragua. Er organisiert Spendenaktionen, wie eine weltweite Schnitzeljagd, bei der ihn Fans und „Supernatural“-Kollegen unterstützen und die ihm einen Eintrag ins „Guinessbuch der Weltrekorde“ einbrachte. Dies sind nur wenige Beispiele. Viele der Schauspielerinnen und Schauspieler unterstützen Hilfsaktionen oder Hilfsorganisationen dauerhaft.

„SPNFamily please remember: shows end. But family is forever.“ – Eric Kripke

In den letzten Folgen kann man immer wieder die Namen des Filmteams lesen. Auf einem Eiscremewagen steht Dabb (Andrew Dabb, Autor) und Sam und Dean geben sich diesmal den Namen Agent Singer (Robert Singer, Produzent) und Kripke (Eric Kripke, nicht nur Schöpfer von „Supernatural“, sondern auch von „The Boys“). Auch der Name von Jensen Brauerei „Family Business Beer“ taucht noch einmal auf. An einer Werkstatt steht der Name Showalter (Jim Showalter, Regisseur).

Der Heimatsender CW sagte immer, „Supernatural“ werde solange laufen, wie die Einschaltquoten stimmen und die beiden Hauptdarsteller weitermachen wollen. Über die Einschaltquoten brauchten sich die Verantwortlichen keine Gedanken zu machen. Aber nach 15 Jahre wollten Jensen und Jared „sehen, was die Welt noch zu bieten hat.“ Trotz des schweren Abschieds kann man sie verstehen. Beide sind sozusagen groß geworden mit „Supernatural“, doch sie sind Schauspieler und irgendwann braucht ein Schauspieler neue Herausforderungen, selbst wenn es noch so schmerzt. Ein anderer Grund dürften ihre Familien sein. Sie leben in Austin und für die Dreharbeiten sind Jensen und Jared für neun Monate im Jahr in Vancouver. Als Jareds ältester Sohn Tom auf die Welt kam, sagte er in einem Interview, wenn er in die Schule käme, wolle er nicht mehr so lange von zu Hause weg sein. Wenn man Fotos von Jared und Jensen mit ihren Familien sieht und wie viel sie schon verpasst haben, kann man ihre Entscheidung gut verstehen.

Jared dreht zurzeit ein Remake von „Walker, Texas Ranger“ und Jensen wird in der dritten Staffel von „The Boys“ als „Soldier Boy“ einsteigen. Vor kurzem hat er mit seiner Frau Danneel eine Produktionsfirma gegründet und er betreibt mit ihr und seinem Schwager Gino Gaul zudem eine Brauerei.

Am Ende der letzten Folge sagt Dean zu Sam: „Always keep fighting.“ Das gibt uns „Supernatural“ für die Zukunft mit.

Supernatural. Staffel 1 bis 15. Regie: David Nutter, Kim Manners u.a. Drehbuch: Eric Kripke, Sera Gamble u.a. Mit Jensen Ackles, Jared Padalecki, Misha Collins u.a. Warner Bros. USA. 2005-2020.

Quellen: www.supernaturalwiki.com (englisch), www.serienjunkies.de, www.myfanbase.de

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