Wladimir und Estragon „Warten auf Godot“, zumindest bei Samuel Beckett. Vielleicht kommt er morgen, vielleicht gibt es ihn auch gar nicht? Was er aber sonst noch alles anstellen könnte, das hat sich Marion Brasch in „Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot“ ausgemalt.
Godot wandert durch die Stadt, er geht in ein Kaufhaus, in einen Waschsalon, in einen Keller. Er begegnet sehr skurrilen Gestalten, bekommt einen Plüschhasen in den Mund gesteckt und einmal huscht eine Frau an ihm vorbei, die könnte ihm gefallen. Ob er sie wiedersehen wird?
Sprachlich ist Godots Irrfahrt sehr innovativ umgesetzt. Weitab vom täglichen Einerlei spielt die Autorin mit Wörtern und personifizierten Strickjacken. Das macht Spaß, weil man so nicht selten über die Absurdität der Sprache stolpert. Die Handlung wirkt auch dadurch sehr assoziativ, aus „Lammrücken“ wird „Lamm rücken“ und plötzlich nimmt die Geschichte eine völlig neue Wendung. Gleichwohl macht diese Assoziativität es sehr schwierig, den Inhalt des Romans zusammenzufassen, denn was zwischen Anfang und Ende der Geschichte passiert, erscheint sehr willkürlich und zufällig. Verstärkt wird dieses Gefühl noch durch die häufig eingeworfenen Kapitel, in denen über völlig anderes berichtet wird, das kaum in Verbindung mit Godot und seinen Abenteuern zu bringen ist. Das beleuchtet all die Gleichzeitigkeiten und Zufälle des Lebens, die Grenzen der Realität.
Letztendlich entsteht so ein sehr absurdes Bild unserer Welt, und vielleicht ist es auch das, worum es im Roman geht. Wer wenig experimentierfreudig ist und sich nach einem klassisch aufgebauten Roman mit Höhepunkten, Wendepunkten und einem Schluss sehnt, wird nach „Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot“ aber wahrscheinlich einfach nur verwirrt zurückbleiben.
Illustriert ist der Roman mit Bildern des Malers und Grafikers Matthias Friedrich Muecke, die in ihrer Absurdität wunderbar zum Inhalt passen. Zudem strahlen sie eine enorme Kraft aus und harmonieren dadurch mit Braschs Schreibstil. Zusammen wird daraus ein sehr stimmiger und künstlerischer Roman, der dennoch (auch deswegen) bestimmt nicht jedermanns Sache sein wird.
Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot. Marion Brasch.
Illustrationen: Matthias Friedrich Muecke. Voland & Quist. 2016.
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