Weiß
Leise rieselt der unberührte Schnee
Stillschweigend liegt unter ihm der tiefblaue See
Irgendwo dazwischen flattert ein schneeweißer Vogel mit beflügelnden Federn
Den man durch die hellen Flocken gar nicht mehr sieht
Nur im See spiegelt sich sein Bild
Das durch den Aufprall der Flocken entflieht
Und irgendwie wird es mild
Der Wind, der zuvor das Wetter so wild gestimmt hat,
Verzieht sich in die Stadt
Und am Land, inmitten vom Wald
Wo wir pausenlos stehen
Eingenistet in einen Hochstand
In ein Nest für verirrte verwirrte Vögel mit kritzelnden Federn,
Das wie das Bild im See verschwand
Wird mir plötzlich kalt
Kalt um mich herum
Kalt um mein Herz
Kalt um meine Seele
Um mein Leben
Kalt!
Ich versuche meine Gefühle, alles zu erheben
Ein Streben nach Glück
Nur für ein kleines Stück Freude in mir
Dann denk ich an die Zeit mit der Feder – mit dir
Und wie schnell sie entwich
Wie der Schmerz bei einem Stich in die Brust
Und die Trauer wird zu Frust
Und ich suche weiter im Dunkel des Schnees
Des tiefschwarzen Sees
Und nichts erscheint,
Nichts lacht mich an,
Nur ein einsamer Mann
Der aus dem Spiegel spricht
Und die Sicht auf eine andere Welt zerbricht
Denn im Spiegelbild bin nur ich
Die Flocken die zuvor schon verdeckten
Die aufprallen und mich erschreckten
Lassen mich nicht mehr schlafen
Denn sie warfen mich immer wieder zurück
Auf den Boden für ein Stück Realität
Und Sie sagen mir, seht: „Der Wind weht!“
Er dreht die Richtung und ich muss weitersuchen
Weiter versuchen, eine Gabelung zu finden
Um mich zu überwinden
Endlich den Weg zu gehen
Der mich so lange zum Stehen verurteilt hat
Doch jetzt hab ich es satt
Statt dass ich mich zum Affen mach
Werd ich es sein, der lacht
Und endlich mit Freuden über die Ziellinie fahren
Und erfahren wie es ist
Den richtigen Weg zu gehen
Im Rampenlicht zu stehen
Es mit Applaus und Anerkennung zu versehen
Wenn das Licht auf mich fällt
Und mich nichts mehr hält
Und ich alles aus mir heraus red
Die Welt für diesen klitze kleinen Moment still steht
Der Wind nicht mehr weht
Und dann, wenn das erste Wort gesprochen… ist
„Mist!“
Der Schnee prallt auf den tiefblauen See
Und alles, was ich seh
Unberührter weißer, scheißkalter Schnee!
Raoul Eisele
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