Auf Spurensuche: „Der Weg nach Hause“

von | 02.02.2024 | Bilderbücher, Buchpranger

Das Bilderbuch „Der Weg nach Hause“ von Sven Nordqvist ist nicht nur auf Textebene eine Geschichte vom Suchen und Finden. Auch die Bildebene lädt in bekannter Nordqvist-Optik zum Entdecken ein. Das neueste Werk aus der Feder des Erfinders von „Pettersson und Findus“ fordert kleine und große Leser*innen zum genauen Hinsehen auf, findet Bücherstädterin Melanie.

Bilderbuchkünstler Sven Nordqvist hat mit Mama Muh, Kater Findus und dem schrulligen Pettersson Figuren geschaffen, die seit vielen Jahren begeistern – auch in meinem Bücherregal und in denen meiner Nichten und Neffen haben diese Geschichten einen festen Platz und werden immer wieder gern gelesen. Besonders neugierig war ich daher auf die neue Schöpfung des Schweden. „Der Weg nach Hause“ hat mir in vielfacher Hinsicht Freude bereitet, denn es ist ein Buch, das seine Geheimnisse nicht auf den ersten Blick offenbart, aufmerksames Hinsehen belohnt und an zahlreiche schöne Lese- und Vorlesesituationen erinnern kann.

„Ich wusste nicht, wie ich hierhergekommen war. […] Kleine Leute kamen von allen Seiten und redeten freundlich mit mir.“

„Der Weg nach Hause“ erzählt die Geschichte eines Jungen, der in einem fremden Land erwacht, unwissend, wo er ist, wie er dorthin gelangt ist und vor allem, wie er wieder nach Hause kommen kann. Unterstützt von den Bewohner*innen dieses Fantasielandes und ausgerüstet mit einem Rucksack voller unerwarteter Helferlein macht sich der Junge auf die Suche nach dem Weg nach Hause.

Zugegeben, das Kind dieser Geschichte kann mit dem Charme von Findus und Co. nicht mithalten und bleibt vergleichsweise blass. Doch das Zusammenspiel des kuriosen Figurenensembles, bestehend aus kleinen Leuten, Trollen, U-Boot-Fahrer, Barbiepuppe und vielen anderen, tröstet schnell darüber hinweg und sorgt für großen Lese- und Schauspaß.

Wer sich wie der Protagonist auf Spurensuche begibt, kann in diesem Bilderbuch neben einer liebevollen, humorigen Geschichte noch etwas finden: Eine facettenreiche Sammlung von Zitaten und Verweisen auf die nordische Sagenwelt, Kinderbuchklassiker sowie Kunst- und Kulturgeschichte. So erinnerte mich bereits der Einstieg in die Erzählung an geliebte Bücher aus Kindheit und Jugend, denn auch Gulliver und Alice fanden sich auf wundersame Weise, umgeben von fremden Wesen in einem unbekannten Land, wieder. Und wie einst Dorothy soll auch der Junge dieser Erzählung dem gelben Weg folgen, um nach Hause zu finden.

„Es gibt viele Wege“, sagte der Mann, „und viele Zuhauses. Es ist nicht so leicht, wenn man klein ist. Das kenne ich. Ich verlaufe mich ständig. Aber am Ende wird alles gut.“

So vielfältig wie die Andeutungen im Text sind auch die Bilder: Nordqvist kombiniert bunte Wimmelbilder mit großflächigen Illustrationen und ergänzt beide um Einzelbilder, die an Comicstrips erinnern. Wer „Der Weg nach Hause“ zur Hand nimmt, sollte sich Zeit nehmen, um gemeinsam mit dem verlorenen Jungen die schillernde Fantasiewelt zu erkunden, die Nordqvist auf seine einzigartige Weise für uns geschaffen hat. Und wer die Augen offen hält, findet auch in den Illustrationen intertextuelle, intermediale und (pop-)kulturelle Bezugnahmen.

„Der Weg nach Hause“ ist ein Bilderbuch, das zum Mehrfachlesen und -anschauen einlädt und bei jedem Betrachten neue, bisher unerkannte Details offenbart. Die Zitate und Anspielungen auf Kunst, Kultur und Literatur bleiben spielerisch und ihr Erkennen ist für das Verständnis der Geschichte nicht erforderlich. Vielmehr machen sie dieses Buch zu einem Genuss für Jung und Alt und einem Muss für Nordqvist-Liebhaber und solche, die es werden wollen.

Der Weg nach Hause. Sven Nordqvist. Übersetzung: Kerstin Behnken. Oetinger. 2023. Ab 5 Jahren.

Melanie Trolley

Melanie Trolley

Die Leidenschaft für das geschriebene Wort hat Melanie nach Bremen und dort an die Uni verschlagen. Das Studium der Germanistik hat ihr einen veränderten Blick auf Bekanntes ermöglicht, die Augen für Neues geöffnet und Begeisterung fürs Bilderbuch entfacht. Als Texterin arbeitet Melanie täglich daran, die richtigen Worte zu finden – im Beruf vorerst ohne literarische Berührungspunkte.

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