Walküren, Amazonen, Spartaner – und das alles zusammengepackt in eine Schule. Ob das mal gut geht. Die Autorin Jennifer Estep hat mit „Frostkuss“, dem ersten Teil ihrer Reihe „Mythos Academy“ den Auftakt einer spannenden Reihe für Jugendliche und junggebliebene Erwachsene verfasst, der durch Witz und Details besticht. – Von Bücherbändigerin Elisabeth
Gwen fühlt sich ziemlich verloren an ihrer neuen Schule. Dort befinden sich Kämpfer, Krieger, überstarke Jugendliche, die alle eine Mission haben. Zu lernen, sich und andere zu verteidigen, falls Loki an Macht gewinnt und auf die Erde zurück kommt, um zu unterwerfen, was er nur unterwerfen kann. Gwen glaubt nicht an den ganzen Kram. Auch wenn sie sieht, wie stark die Amazonen und Walküren sind, wie gut die Spartaner auf ihrer Schule mit Waffen umgehen können. Ganz im Gegensatz zu ihr. Gwen ist nur eine Gypsy. Ihre Fähigkeit besteht darin, die Gedanken und Vergangenheit von jemandem zu erkennen, sobald sie ihn berührt. Dennoch bringt ihr diese Gabe nicht sehr viel, wirkt mehr wie ein Fluch, denn manche Dinge will man einfach nicht wissen.
So verdient sie sich ein wenig Taschengeld damit, verlorene Dinge in der Schule im Auftrag anderer wiederzufinden. Sie fühlt sich selbst verloren. Der Mythologie-Unterricht langweilt sie, weil sie an all diese Dinge nicht glaubt, obwohl sie mit Mythologien nur so umringt ist. Die Mädchen auf der „Mythos Academy“ sind hochnäsige Zicken und die Hauptaufgabe der Jungs besteht darin, Strichlisten zu führen, wie viele Mädchen sie abschleppen konnten. Der Bibliothekar der Bücherei, in der sie Dienst schieben muss, hasst sie. Und dann gerät sie auch noch unter Verdacht, eine Schülerin ermordet zu haben. Mit dem Leben als stilles Mäuschen ist es nun vorbei.
Jennifer Estep begibt sich mit ihrer „Mythos Academy“-Reihe auf den ersten Blick in bekanntes Fahrwasser von Jugendromanen und All-Age-Fantasy. Doch der Leser soll dann doch eines Besseren belehrt werden. Zwar ist die Geschichte manchmal durchschaubar und vorhersehbar, doch die Details und Kleinigkeiten ziehen einen abgeflauten Spannungsbogen dennoch wieder in die Höhe. Es gibt kaum Nebenhandlungen, die das Tempo aus dem Buch nehmen.
Die Charaktere erhalten genügend Tiefe, um sich mit ihnen auseinandersetzen oder identifizieren zu können, doch die Perfektion von Charakteren, die man manchmal in Jugendbüchern findet, bleibt hier aus. Zudem mischt die Autorin das Leben einer modernen Schule mit vielen alten Mythen und baut diese in abgewandelter Form ein. Nicht zuletzt arbeitet sie mit ausreichend Humor und kleinen Nebenrollen, die aufheiternd wirken. So findet man zum Beispiel ein sprechendes Schwert, das seinem Träger alles andere als ergeben ist und sich über dessen Nichts-Können ständig mockiert.
„Frostkuss“ ist der Auftakt einer Reihe, deren Grundgerüst wohl durch Setting, Charakteraufbau und Fortlauf der Handlung altbekannt ist, die Liebe und Detailhaftigkeit bei den Charakteren und dem Einbringen der Mythen macht die Geschichte allerdings spannend und lesenswert. Die Reihe der „Mythos Academy“ ist mit sechs Bänden abgeschlossen und wurde 2015 von Piper in neuem Design neu aufgelegt.
Frostkuss – Mythos Academy 1. Jennifer Estep.
Übersetzung: Vanessa Lamatsch. Piper. 2015.
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