Die Erde beherbergt so manch unheimlichen Ort. Eine Sammlung solcher findet sich im „Atlas der unheimlichen Orte“. Dieser ermöglicht den Lesern eine spannende Reise an verschiedenste unheimliche Orte der Welt. Bücherhorterin Claudia hat sich mit dem Werk auseinandergesetzt und berichtet über den beeindruckenden Atlanten.
Selbst passionierter Segler und Journalist, hat Le Carrer in diesem beeindruckenden Band gleich vierzig unheimliche Orte gesammelt und berichtet in spannenden Erzählungen von ihnen. Im Vorwort teilt er diese zunächst in drei Kategorien ein; die mystisch verwünschten Orte und deren Variante der übernatürlichen Phänomene, die sich auf Orte auswirken. Darauf folgen Orte, die aufgrund natürlicher Begebenheiten menschenfeindlich sind und letztendlich durch menschliche Hand unwirtlich gemachte Gegenden. Jedem der Orte widmet er dabei etwa ein bis zwei Seiten samt geografischer Koordinaten und einer Landkarte aus Sybille Le Carrers Feder, die den jeweiligen Ort ganz im Stil eines kartografischen Werkes zeigt.
Die Reise geht rund um den Globus und beginnt in Europa
Eine der ersten unheimlichen Stätten, die Le Carrer beschreibt, ist die Burg Montsègur, die sogenannte Synagoge Satans. Dort auf einem schier uneinnehmbaren Bergkegel verschanzten sich 1244 die letzten Anhänger des Katharer-Glaubens in Frankreich, bevor die Feste von der Armee Ludwigs IX. eingenommen wurde. Allesamt, Erwachsene wie Kinder, wurden auf Scheiterhaufen verbrannt. Es ranken sich allerlei Mythen um diesen Ort: um einen katharischen Schatz und sogar den Heiligen Gral, der sich dort befunden haben soll. Wahrlich abenteuerliche Geschichten – doch der schaurige Beigeschmack der kläglich verbrannten Menschen bleibt…
Der Band enthält auch Berichte von Stätten unter anderem in Afrika, Indien und Amerika, wie beispielsweise dem Haus des Teufels, der berühmten Villa Amityville. Als Schauplatz eines fürchterlichen Familiendramas wurde dieser Ort zur Vorlage eines Horrorromans und mindestens zwei Verfilmungen über die übernatürlichen Phänomene, die die Familie Lutz 1975 zu einer überstürzten Flucht nach nur 28 Tagen aus dem Haus zwangen. Es bleibt umstritten, inwiefern ihre Berichte über schwitzende Wände, unheimliche Stimmen und Musik, sowie sich ausbreitende faulige Gerüche der Wahrheit entsprechen.
Le Carrer arbeitet bei jeder Darstellung sowohl mit historischen Daten, als auch mit örtlichen Legenden sowie Sagen und weiß diese ansprechend und lesenswert zu vermitteln. Es macht Spaß, durch den Band zu blättern. Durch die relative Kürze der auf den Punkt gebrachten Texte eignet sich der Band auch für einen kurzen Leseausflug zwischendurch. Neben reichlich bekannten Geschichten wie denen von Amityville, dem Aokigahara-Wald oder dem Bermudadreieck findet man hier auch unbekanntere Orte, sodass man viel Neues entdeckt und staunt. Ein kleiner Wehrmutstropfen an diesem Band ist allerdings das Fehlen von Quellen- oder Literaturangaben – zwar dient der Atlas zur Unterhaltung, doch wäre es schön gewesen, ein paar Angaben zur weiteren Recherche an die Hand zu bekommen.
Insgesamt macht der „Atlas der unheimlichen Orte“ seinem Namen alle Ehre, gerade weil doch immer wieder deutlich wird, wie der Mensch letztendlich selbst die Ursache des Grauens ist. Eine klare Empfehlung für alle, die sich gerne ein bisschen gruseln oder für spannende Orte interessieren.
Atlas der unheimlichen Orte. Eine düstere Reise um die Welt. Olivier le Carrer. Illustratorin: Sybille le Carrer. Übersetzer: Regine Schmidt, Sabine Grebing. Frederking & Thaler. 2016.
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