„Kindheit ist eine Zeit, in der alles möglich ist, in der nur unsere Vorstellungen uns Grenzen gibt. Es ist etwas, das zu verlieren, traurig ist.“

Autor und Illustrator Brom nahm sich die Zeit, Alexas und Aarons Fragen zu seinen Werken „Der Kinderdieb“ und „Krampus“ zu beantworten. Das Interview erschien in der Originalsprache erstmals in der 11. Ausgabe. Hier könnt ihr nun die Übersetzung lesen.

BK: Bitte stellen Sie sich unseren Lesern vor! Wer ist Brom (Und warum nutzen Sie immer nur Ihren Nachnamen?)

BROM: Ich bin ein Geschichtenerzähler, ebenso als Illustrator, wie auch als Schriftsteller. Ich habe in den letzten 30 Jahren an Büchern, Spielen und am Film gearbeitet. Seit meiner Schulzeit haben mich all meine Freunde Brom genannt, es ist einfach hängen geblieben.

BK: Was hat Sie dazu gebracht, mit dem Illustrieren und Schreiben anzufangen?

BROM: Es ist etwas, das in mir geboren ist. Schon als kleines Kind habe ich Bilder gemalt, die Story in die Beschreibungen geschrieben und die Seiten zusammen getackert, um meine eigenen Bücher zu machen. Genau dasselbe mache ich heute, nur benutze ich jetzt Computer anstelle von Tackern, um alles zusammenzusetzen.

BK: Wie gehen Sie beim Schreiben vor?

BROM: Es variiert, manchmal beginnt es mit einem Bild, das ich gemacht habe, das ich gerne erforschen möchte, und die Geschichte entwickelt sich von da an. Wie ich mich als Schriftsteller weiterentwickle, sehe ich, dass meine Konzepte mehr von der Handlung getragen werden. Es kann eine ungewöhnliche Idee oder eine Kombination von Ideen sein, die ich nie zuvor gesehen habe. Das kann durch Bilder oder Vorstellung kommen. Ich finde, die zwei Künste inspirieren einander. Auch die leisesten Ideen gehen mit Bildern in meinem Kopf einher. Ich fange an zu zeichnen, zu schreiben, hin und her, und benutze die Ideen, die ich in dem einen Medium habe, um das andere voranzubringen.

BK: Sie schreiben nicht nur Bücher, Sie haben ebenso Illustrationen für Rollenspiele wie „Dungeons and Dragons“, für Film und Fernsehen angefertigt. Gibt es etwas, was Ihnen am meisten Spaß macht?

BROM: Abwechslung ist der Schlüssel. Wenn ich zu viel von einem mache, beginne ich mich zu langweilen. Es ist einer der Gründe, weswegen ich illustrierte Bücher genieße. Ich kann einige Monate schreibend – einige illustrierend verbringen, hin und her. Es hält die Kreativität frisch und hilft mir, Elemente zu reflektieren, die ich schon fertiggestellt habe.

BK: Gibt es eine Idee, die Sie gerne mal umsetzen würden?

BROM: Davon gibt es so viele. Ich glaube nicht, dass ich überhaupt die Hälfte von ihnen in einem einzigen Leben umsetzen kann.

BK: Sie sind oft umgezogen und lebten in Japan und Deutschland – welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht? Hat sich etwas davon auf Ihren Lebenslauf ausgewirkt?

BROM: Das Leben an vielen Orten hat mir viele Kulturen und Erfahrung geboten. Es hat geholfen, meine Sicht und Kreativität zu öffnen. Deutschland hat mir am besten gefallen und ich komme auf einen Besuch vorbei, wann immer ich kann. Ich war fast zwanzig, als ich in Frankfurt wohnte und die gotisch geprägte Geschichte, die die Natur des Landes ist, ist bis heute Inspirationsquelle für viele meiner Arbeiten.

BK: Das erste Buch, das ins Deutsche übersetzt wurde, ist „Der Kinderdieb“. Wie hat sich die Idee ergeben, ein Buch zu schreiben, das sich auf „Peter Pan“ bezieht? Und warum haben Sie Peter Pan gewählt und keine andere Figur?

BROM: Ich bin oft gefesselt von Themen, die ich gerne malen möchte. Bei „The Plucker“ waren es schräge Voodoo Spielzeuge, bei „Devil’s Rose“ waren es untote Biker (wer will denn nicht untote Biker malen?). Aber mit dem „Kinderdieb“ war es ein Wunsch, düstere Elemente von James Barrie’s „Peter Pan“ ans Licht zu bringen. Peter Pan war allein der Ausgangspunkt. Ich versuchte, meine Story organisch fließen zu lassen, von der ursprünglichen Vorlage eines unsterblichen Jungen, der Kinder verführt, mit ihm zu kommen und in einem magischen Land zu kämpfen. Von da an ließ ich die Story ihren eigenen Weg finden. Im Wissen, dass ich nicht einfach Barrie’s „Peter Pan“ neu erzählen, sondern stattdessen meinen eigenen Peter, meine eigene Welt und die düstere Geschichte hinter den Märchen erschaffen wollte, begann ich in denselben keltischen Märchengeschichten, Mythen und Legenden zu wühlen, die auch James Barrie inspiriert hatten. Ich habe schnell einen Schatz mit Sagen entdeckt, die mit der Geschichte verknüpft waren…

BK: In „Der Kinderdieb“ beschreiben Sie viele grausame Szenen. Was empfanden Sie, als Sie diese erschufen?

BROM: Es war ein sehr intensives Schreiben. Als Schriftsteller spiele, erlebe ich alles und jeden Teil, versuche zu fühlen, was der Charakter fühlt. Ich war der Überzeugung, dass die Gewalt notwendig für die Story war, um die Grausamkeit dieser Welt, der Situation zu vermitteln. Aber es war ab und zu sehr schwierig zu schreiben.

BK: Friedrich Nietzsche sagte einmal: „Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse.“ Trifft dieses Zitat auf den „Kinderdieb“ zu? Was denken Sie über dieses Thema?

BROM: Ich denke, dass Menschen sich so mit ihrer eigenen Sicht, ihren eigenen Zielen – egal wie nobel, beschäftigt sein können, dass sie die Konsequenzen für andere aus den Augen verlieren.

BK: „Krampus“ wurde im September 2013 bei Knaur veröffentlicht. Was hat Sie zu diesem Roman inspiriert?

BROM: Vor ein paar Jahren habe ich einen liegengelassenen Haufen alter Weihnachtskarten entdeckt, die Krampus zeigen wie er heiter plärrende Kinder in einem Fass in die Hölle befördert und mit teuflischem Vergnügen drallen Frauen die Hintern versohlt. Ich musste mehr wissen. Ich fand bald heraus, dass Krampus eine lange spannende Geschichte hat, die bis in die Zeit der Heiden zurückgeht.

BK: In „Krampus“ beschreiben Sie den Weihnachtsmann als einen Lügner. Was denken Sie über Weihnachten?

BROM: Ich liebe Weihnachten. Es ist Krampus, der denkt, dass der Weihnachtsmann ein Lügner ist, der Weihnachten hasst, nicht ich. Ich will nicht auf der Liste der Unartigen landen!

BK: Würden Sie Weihnachten abschaffen?

BROM: Zum Teufel, Nein! Dann würde ich keine Geschenke bekommen – Ah!

BK: Hat „Krampus“ (das Buch) das Ziel, etwas Bestimmtes zu bewirken?

BROM: Ich hoffe, es bewirkt eine gute Geschichte, dass es diejenigen unterhält, die es lesen. Abgesehen davon hoffe ich, dass die Leute darüber nachdenken, wo unsere modernen Bräuche herkommen.

BK: Beide Bücher behandeln das Thema des Erwachsenwerdens, gibt es da einen Zusammenhang zu ihrer Biographie?

BROM: Zu einem gewissen Grad. Kindheit ist eine Zeit, in der alles möglich ist, in der nur unsere Vorstellungen uns Grenzen gibt. Es ist etwas, das zu verlieren, traurig ist.

BK: Es gibt viele Gegensätze in den zwei Büchern: mystische Natur und christliche Religion, Kinder gegen Erwachsene, Herrschende und Beherrschte – besonders steht die Wissenschaft der Magie gegenüber. Was haben Sie dabei gedacht, als Sie zwei solcher Gegensätze kombiniert haben, sodass z.B. uralte Kreaturen mit Pistolen bewaffnet sind?

BROM: Ich versuche zu zeigen, dass das Böse sich nicht selbst als solches versteht. Die meisten Charaktere, eben auch diejenigen, die wir als böse auffassen, denken, sie tun, was richtig ist für sich selbst oder höhere Ziele.

BK: In beiden Geschichten werden mystische Kreaturen oder Kinder zu Teufeln gemacht – im Deutschen gibt es das Wort „verteufeln“ – was denken Sie darüber?

BROM: Aberglaube und Religion betreffend? Ich glaube so ziemlich an alles. Sie sind alle hinter mir her!

BK: Gibt es einen bestimmten Grund, aus dem Sie Gott als eine Frau darstellen?

BROM: Gibt es einen Grund, es nicht zu tun?

BK: Und was denken Sie über die Disney-Version von Peter Pan und den Weihnachtsmann?

BROM: Die Disney-Version von Peter Pan ist wunderbar. Ich habe es als Kind gemocht und tue es noch immer. Aber ich denke, es erfasst nicht die unterschwellige Finsternis von Barries Original-Peter-Pan. Der Weihnachtsmann – ein Mann, der dir Spielzeug und Früchtekuchen bringt – ich liebe ihn!

BK: Ist gerade ein Neues Buch in Arbeit? Falls ja, könnten Sie uns bitte etwas darüber erzählen?

BROM: Ja, ist es, aber ich bin zur Verschwiegenheit verpflichten. Ich kann sagen, dass es noch ein düsteres Vorhaben mit uralten Sagen ist. Ich habe übrigens gerade einen großen Rückblick meiner Illustrationen aus den letzten 30 Jahren beendet. Es heißt „The Art of Brom“ und mehr Details gibt es auf www.bromart.com

Übersetzung: Lena und Aaron

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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