„Ich möchte Figuren mit Charakter schaffen. Welche, die nicht nur lächeln und fröhlich sind, sondern die darüber hinaus noch mehr ausdrücken – immerhin sollen sich die Kinder ja auch in ihnen ein wenig wiederfinden können – und welches Kind ist nur fröhlich?“
Christine Faust ist Illustratorin von Kinderbüchern, Spielen und Animationsfilmen. Im Interview hat sie Zeichensetzerin Alexa verraten, wie sie neue Inspiration findet, warum Recherche wichtig ist und welche Bücher sie selbst gerne liest.
BK: Sie sind nicht nur Illustratorin von Kinderbüchern, sondern gestalten auch Spiele. Welche Aufgaben sind damit verbunden und welche Erfahrungen haben Sie dabei bisher gemacht?
CF: Das Spannende an Spielen ist, dass sie häufig eines dreidimensionalen Aufbaus bedürfen. Das heißt, man illustriert nicht nur eine flache Illustration, sondern muss im wahrsten Sinne des Wortes um die Ecke denken.
BK: In Ihrer Vita beim Thienemann Verlag steht, dass Sie auch „in der Animationsbranche für Film- und Fernsehen“ arbeiten. Wie kann man sich diese Arbeit vorstellen und können Ihre Projekte auch im Netz eingesehen werden?
CF: Für die Animationsbranche habe ich nun seit einiger Zeit nicht mehr gearbeitet. Doch zu den Projekten, an den denen ich tätig war, gehörten unter anderem die Fernsehserie Kikaninchen und der Kinofilm Marlene, der letztes Jahr ins Kino kam. Solche Projekte entstehen immer in Zusammenarbeit in großen Teams – sonst wäre es auch gar nicht zu schaffen.
BK: Ein Bilderbuch, das Sie illustriert haben, ist „Napoleon Chamäleon“. Es enthält Bilder in vielfältigen, leuchtenden Farben, die man sich immer wieder anschauen möchte. Wie sind diese großartigen Illustrationen entstanden?
CF: Den Großteil meiner Kinderbuchillustrationen entstehen am Rechner mit Hilfe eines Zeichentabletts. Damit habe ich zum Beispiel eine bessere Kontrolle über die Farben. Doch bevor ich den Stift in die Hand nehme, gehört immer eine Recherche dazu – in diesem Fall war ich unter anderem in den Gewächshäusern, um über Pflanzen zu recherchieren. Bei diesem Buch war die besondere Herausforderung, dass alle Szenen im Dschungel stattfinden, jedoch die Seiten nicht alle gleich grün sein sollen.
BK: Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit – ob nun beim Animieren oder Illustrieren von Kinderbüchern oder anderen Projekten – besonders wichtig?
CF: Ich möchte Figuren mit Charakter schaffen. Welche, die nicht nur lächeln und fröhlich sind, sondern die darüber hinaus noch mehr ausdrücken – immerhin sollen sich die Kinder ja auch in ihnen ein wenig wiederfinden können – und welches Kind ist nur fröhlich?
BK: Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt? Eins, das Ihnen besonders viel Spaß gemacht hat oder Sie vor große Herausforderungen gestellt hat, zum Beispiel.
CF: Mein aktuelles Herzensprojekt ist „Der Wolkenmacher – ein Freund fällt vom Himmel“. Es ist für mich sehr besonders, da es komplett aus meiner Feder stammt. Erstmalig bin ich auch als Autorin tätig. Nicht nur die Bilder zu einer Geschichte zu liefern, sondern sogar die Welt zu erschaffen, war immer schon mein Traum.
BK: Kommen auch Phasen vor, in denen die Inspiration auf sich warten lässt?
CF: Natürlich gibt es auch solche Phasen. Manchmal hilft es, etwas anderes zu tun – ein anderes Projekt zum Beispiel – und es etwas ruhen zu lassen. Doch was meistens hilft, ist rauszugehen. Menschen, Tiere und die Natur zu beobachten. Oft sieht man kleine Details, die einen wieder auf neue Ideen bringen. Und vieles kann man zum Beispiel der Natur auch abgucken.
BK: An welchem Projekt arbeiten Sie aktuell? Können Sie schon mehr darüber verraten?
CF: Aktuell arbeite ich an dem zweiten Band von „Rumpelröschen“ – ein Vorlesebuch von dem fantastischen Christian Berg, einem Musical-Autoren. Wie auch der erste Teil ist es voller Märchenfiguren und natürlich Rumpelröschen, einem kleinen männlichen Fee.
BK: Lesen Sie eigentlich selbst auch gerne Kinderbücher?
CF: Ich habe zwei Kinder und bei uns wurde schon immer viel gelesen. Mein persönliches Lieblingsbuch ist „Der Eisdrache“ von Troon Harrison – wunderschöne Sprache mit tollen Bildern. Es gibt aber auch Kinderbücher, die ich für mich kaufe – so zum Beispiel „Die Flucht“ von Francesca Sanna. Dieses Buch hat mich fast zu Tränen gerührt, obwohl ich gerade in einer vollen Buchhandlung stand. Visuell und sprachlich wirklich beeindruckend.
BK: Zum Schluss gibt es noch zwei bücherstädtische Fragen für Sie. Zunächst: Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Buch – welches wäre es und wie würde es aussehen?
CF: Ich denke, ich wäre ein Roman mit vielen unerwarteten Wendungen, einer guten Prise schwarzen Humors und da ich nun mal Illustratorin bin, wäre es mit bunten, wimmligen Illustrationen gespickt, in denen seltsame Dinge zu entdecken sind.
BK: Welche Frage wollten Sie in einem Interview schon immer mal gestellt bekommen haben? Und wie würde Ihre Antwort auf Ihre Frage lauten?
CF: Eine schwierige Frage. Vielleicht so: Was möchten Sie mit Ihren Büchern erreichen? Auf der einen Seite möchte man als Illustratorin natürlich bekannter werden – denn wie auch Autoren leben auch die Illustratoren davon, dass ihre Bücher gekauft werden. Doch vor allem möchte ich die Kinder erreichen. Denn lesen ist wichtig, Fantasie ist wichtig – mit Büchern kann man Welten erschaffen, Emotionen hervorrufen und Interesse wecken. Und wenn ein Kind dabei noch Spaß hat, ist es das Beste.
Foto: Sven Lucke | Illustrationen: Christine Faust
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