Geschichtenpflückerin Rebecca hat das Reisetagebuch von Fußnotarin Natalie gelesen und beschlossen, ihr zu schreiben.
Reisen und wie ich auf Reisen kommuniziere.
Ein Auszug aus: Fußnotarin Natalie, „Ein Reisetagebuch“.
Bücherstädtischer Verlag. Bücherstadt. 2015.
Reisen ist eine wundervolle Art, die Welt kennenzulernen, verspricht es doch viele neue Erfahrungen und Eindrücke. Man entfernt sich von der Heimat, bereist Orte, die so anders sind als das wohlige Zuhause. Genau, das Zuhause: Das Zuhause, an das ich immer noch gebunden bin – das soll auch weiterhin so bleiben. Bitte versteht mich nicht falsch. Es hat sein Gutes und soll nicht schlecht klingen. Mein Zuhause ist mein Ursprung und hat mein Wesen so gebildet, wie ich heute bin. Dazu will ich auch weiterhin Kontakt halten und auch auf meinen langen und kurzen Reisen. Das Reisen ist kein komplettes Entkommen aus dem Alltag, will man seinen Lieben doch schreiben, wie schön der unbekannte, aufregende Ort ist, an dem man seine Zeit verbringt.
Das kann auf viele Weisen geschehen. Sehr beliebt sind Postkarten und in der heutigen Moderne: WhatsApp. (Natürlich nur, wenn es mit dem WLAN klappt. Hohe Kosten will keiner.) Aber auch das Reisejournal, wie ich es schreibe, mag für den einen oder anderen zu Hause eine Inspiration sein. Das Geschehene erlebt man ausführlich aus der Sicht des Reisenden mit. Meist kann sich der Reisende selbst nicht mehr an alles erinnern. Beim Lesen kommuniziert er zudem mit seinem vergangenen Ich. Die Reise wird rekapituliert. An schöne Erinnerungen und vielleicht auch Dinge, die man besser in Zukunft meiden sollte, erinnert man sich. Nicht nur um den Lieben mitzuteilen, dass es einem gut geht, sondern auch, um die Erfahrungen, die man sammelt, nicht zu vergessen. Sie lassen sich mit einem Journal zumal besser teilen und sind ausführlicher als Fotos. Kommunizieren auf Reisen ist, wie ich feststelle, also notwendig.
An:
Fußnotarin Natalie
Bibliothek der Bücherstadt
Bücherstadt
Hallo Natalie,
ich habe dein Reisejournal gelesen und will dir eine Antwort darauf geben. Mir gefällt deine Sicht der Kommunikation während des Reisens. Mir geht es ebenso. Wenn ich Briefe schreibe, kommen mir die Abenteuer und die Erlebnisse meiner Reise wieder in Erinnerung. Eine perfekte Art, das erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen und dem Empfänger mitzuteilen, was man erlebt hat.
Selber habe ich noch nie ein Reisejournal oder einen Reiseblog gemacht. Ich glaube, das liegt daran, dass es mir zu unpersönlich ist. In einem Brief kann ich dem Empfänger, so wie jetzt zum Beispiel dir, genau beschreiben, was ich meine und erlebt habe. Du wirst in dem Falle direkt angesprochen oder ich kann dir witzige Anekdoten mitteilen, die dann nur für dich persönlich sind. Darum gehe ich auch auf dein Reisejournal mit einem Brief ein. Mir ist aufgefallen, dass man selbst beim Briefeschreiben immer anders kommuniziert. Also würde ich nun jemand anderem aus der Bücherstadt schreiben, würde ich andere Wörter benutzen oder vielleicht gar keine Smileys an den Rand malen oder ganz andere Dinge erzählen. So gesehen sind Briefe für ihre Schreiber und ihre Empfänger sehr persönlich und einzigartig in ihrer Schreibweise und Kommunikation. Was jedoch sehr schade ist, ist die Tatsache, dass es kaum noch Menschen gibt, die Briefe schreiben. Alles macht man nur noch über das Internet. Darum genieße ich jeden einzelnen Brief, den ich mit der Hand an meine Brieffreunde oder eben nun an dich schreiben kann.
Übrigens: Wusstest du, dass das Wort „Brief“ aus dem Lateinischen „brevis libellus“ gebildet wurde, was so viel bedeutet wie „kurzes Schreiben“? Allerdings ist das doch teilweise widersprüchlich (finde ich jedenfalls), da Briefe eher „länger“ und nicht „kurz“ sind oder jedenfalls mehrere Seiten lang.
PS: Dieser Brief an dich wird nun etwas kürzer, damit es der Bedeutung gerecht wird.
Liebe Grüße aus dem Filmtheater-Viertel
Rebecca
An:
Geschichtenpflückerin Rebecca
Im Filmtheater-Viertel
Bücherstadt
Hallo Rebecca,
Briefe sind toll, um jemandem etwas mehr und ausführlicher zu schreiben und zu berichten, auch wenn er eigentlich kurz sein sollte, wie du mir ja erklärt hast. Aber ich zeige demjenigen auch gerne, wie schön der Ort aussieht, wo ich bin. Da kommen Postkarten sehr gelegen (wenn hier auch zu wenig Platz ist). Ich muss mich bei Postkarten leider begrenzen, nutze jede freie Stelle und schreibe auch gerne über das Bedruckte. Nur die typischen Floskeln gefallen mir nicht: Wie geht es dir? Wetter ist schön. etc. … Ich wäre für etwas Kreatives, wie ein Gedicht. Einfach etwas, das einen mit dem Ort verbindet. Nun auch für dich ein paar Zeilen von mir über die Bücherstadt:
„Bunt und vielfältig gestaltet sich diese Welt, Fantasie und Kreativität ist das, was mich hält.
Wortfetzen und Satzgebilde schlummern in mir, sie dringen raus und festigen sich auf Papier.
Ist der Gedanke fertig gedacht, hat mein Kopf schon etwas Neues vollbracht.
Endlos ist die Welt der Gedanken, kann ich nur in Büchern neu auftanken.“
Liebe Grüße,
Natalie
Liebes Tagebuch,
in letzter Zeit denke ich oft über das Thema Kommunikation nach. Insbesondere die Art und Weise der Kommunikation während einer Reise. Denn gerade beim Reisen kommuniziert man via Postkarten oder Briefen. Durch einen Blog bin ich auf das Thema gestoßen; es ist ein sogenanntes Reisejournal. Allerdings glaube ich, dass es verschiedene Arten der Kommunikation gibt. Tagebücher sind beispielsweise sehr persönlich. Sie halten Erfahrungen, Geschichten, Träume, Abenteuer oder Wünsche fest und zeigen sie dem Verfasser, wann immer dieser sie lesen mag.
Wenn ich also dich, liebes Tagebuch, auf eine Reise mitnehme und dir davon berichte, was ich alles erlebt habe, so ist es doch eine einseitige Art der Kommunikation. Eigentlich findet eine Kommunikation erst dann statt, wenn jemand anderes darauf reagiert. Tagebücher lassen das Geschriebene jedoch unkommentiert so stehen. Manchmal kann das einseitige Kommunizieren ja auch schön sein. Jeder liebt es doch von seinen Erlebnissen und Abenteuern von der Reise zu berichten und die Reaktionen der Zuhörer zu erleben. Ich bin fest davon überzeugt, dass jeder Mensch die Kommunikation, gerade dann, wenn man seine gewohnte Umgebung hinter sich lässt und verreist und Abenteuer erlebt, braucht. Ansonsten könnte es sein, dass man fernab der Zivilisation sehr, sehr einsam wird und das Gefühl hat verlassen zu sein.
Bis zur nächsten einseitigen Kommunikation,
Rebecca
Illustrationen: Maike
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