In „Rosies Wunderkind“ beschreibt Lydia Wünsch das Leben der kleinen Familie vor und nach der Diagnose „Frühkindlicher Autismus“. Der Debütroman beruht auf einer wahren Begebenheit, denn der Bruder der Autorin ist selbst Autist. Bücherstädterin Isa, selbst Mutter von Autisten, hat den Roman gelesen.
Die Geschichte von Rosie beginnt im Gefängnis. Genauer gesagt am letzten Tag, denn sie soll am nächsten Tag entlassen werden. Wir begleiten die junge Frau die letzten Stunden, in denen sie mit ihrer Therapeutin über ihr Leben spricht. Rosie beginnt ihre Geschichte mit 18 und wir erleben, wie sie Tony kennenlernt und aus dieser Beziehung ein Kind entsteht: Almanzo.
Rosie erzählt uns aus ihrer Sicht, wie ihr Leben mit Almanzo verläuft und mit welchen Schwierigkeiten sie immer wieder konfrontiert wird. Schon lange ist klar, dass etwas nicht stimmt, bis schließlich die Diagnose „Frühkindlicher Autismus“ gestellt wird.
Realität
Lydia Wünsch beschreibt in ihrem Roman, was viele pflegende Eltern mit ihren Kindern erlebt haben und teilweise immer noch erleben. Oft wird Eltern, vor allem Müttern, die Schuld zugeschoben, wenn Kinder auffällig werden.
Die Erlebnisse aus „Rosies Wunderkind“ stammen aus den 80er und 90er Jahren und zeigen deutlich auf, wie selbstverständlich in dieser Zeit noch die Pädagogik von Haarer verbreitet war und in Ratschlägen und Erziehungstipps auftauchten (die Erziehungsratgeber von Johanna Haarer waren eng an die NS-Ideologie angelehnt und gelten als schwarze Pädagogik). Das Ganze ist gepaart mit einer Rollenverteilung, die direkt aus den 60er Jahren stammen könnte.
Trotz aller Hindernisse für Rosie beschreibt Lydia Wünsch eine Mutter die, um die Anerkennung und Hilfen für ihr Kind zu bekommen, alles Erdenkliche versucht und selbst auf der Strecke bleibt. Viele betroffene Eltern werden sich darin wiederfinden.
Durchwachsen
Ich hatte Probleme beim Lesen, da sich bei mir kein richtiger Lesefluss einstellen wollte. Es kam mir so vor, als ob die Autorin den Erzählstil zwischendurch veränderte. Einige Seiten lesen sich eher wie eine Aufzählung und weniger wie eine Geschichte.
Nichtsdestotrotz hat Lydia Wünsch einen wichtigen Roman über ein Thema geschrieben, dass unbedingt mehr in die Öffentlichkeit gehört und viel zu wenig Beachtung findet. Pflegende Eltern leisten sehr viel und brauchen deutlich mehr Hilfe durch Politik und Gesellschaft. Das zeigt dieser Debütroman sehr eindrücklich.
Rosies Wunderkind. Lydia Wünsch. Diederichs Verlag. 2022.
[tds_council]Hintergrundwissen von Isa
Im ICD-11 (Klassifikation der Krankheiten und verwandter Probleme) sind die die ehemals unterschiedlichen Autismus Diagnosen zu der Autismus-Spektrum-Störung (kurz ASS) zusammen gefasst. Mit fortschreitender Forschung hat man festgestellt, dass die Übergänge fließend sind und sich Symptome nicht eingrenzen lassen.
Die Autismus-Spektrum-Störung ist keine Krankheit, sondern eine seelische Behinderung. Niemand „leidet“ an Autismus, sie sind Autisten.
Bitte keine Verniedlichungen wie „besonders“ etc. benutzen, sondern klar benennen.
Viele Seiten zum Thema Autismus eignen sich nicht, um sich weiter zu informieren, da dort oft über statt mit Autisten gesprochen wird. Auf vielen Social-Media Plattformen sind Autisten unterwegs, die viel und gerne aufklären.[/tds_council]
Verlosung
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Wir verlosen Bücherstädterin Isas Rezensionsexemplar von „Rosies Wunderkind“ vom Diederichs Verlag. Schickt uns einfach eine E‑Mail an stadtgespraech[at]buecherstadtkurier.com und hüpft unkompliziert in den Lostopf.
Einsendeschluss ist Dienstag, der 20. September 2022 um 15 Uhr. Wir benachrichtigen die Gewinner:innen per E‑Mail und geben sie anonymisiert in den Kommentaren unter diesem Beitrag bekannt. Wir drücken allen Teilnehmer:innen die Daumen!
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Herzlichen Glückwunsch an Talisa H. – du hast bei der Verlosung gewonnen und bekommst das Buch nun zugeschickt =)
Wir bedanken uns für die zahlreichen Teilnahmen!