Hübsche Frauen, Partys, junge Liebe, Abenteuer. Das sind die Zutaten für eine typische Erzählung von F. Scott Fitzgerald. Oder nicht? Steckt vielleicht noch mehr hinter dem Autor, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Weltruhm erlangte? Worteweberin Annika hat nach Antworten gesucht.
Die Erzählungen, die in „Für dich würde ich sterben“ versammelt sind, beantworten die Frage nach dem „typischen“ Fitzgerald-Stil deutlich. Fast alle wurden vor „Für dich würde ich sterben“ nicht veröffentlicht und zeigen einen etwas anderen Fitzgerald. In den Texten geht es um Krankheit, um Psychosen, Selbstmord, Scheidungen, den Krieg und nicht immer sind nur junge Frauen und Männer die Protagonisten.
„Ich weiß, was von mir erwartet wird, aber der Brunnen ist am Versiegen, und ich halte es für klüger, […] einen neuen Brunnen, einen neuen Quell zu erschließen. […] Trotzdem bringen mich die allermeisten Redakteure weiterhin mit einem besonderen Faible für junge Frauen in Verbindung – ein derartiges Faible würde mich in meinem Alter wohl hinter Gitter bringen.“ (S. 401, Brief von F. Scott Fitzgerald an Kenneth Littauer, einen Redakteur, 1939)
Kein Wunder, dass sich viele der Geschichten bei der von Fitzgerald im Brief beschriebenen Erwartungshaltung nicht verkauften und den Autoren damit in finanzielle Not brachten. Für die Verlage waren die Texte zu düster, zu untypisch und manchmal für die Gesellschaft zu ungeeignet, wenn es um Liebesaffären oder den Wunsch, sich selbst das Leben zu nehmen, ging.
Film und Literatur
Ein Ausweg erschien damals das boomende Filmgeschäft zu sein, sodass Fitzgerald Drehbücher verfasste. Auch davon finden sich einige erfolglose Entwürfe in „Für dich würde ich sterben“, zum Beispiel das Exposé „Ballettschuhe“ von 1936, das in Hollywood kein Interesse erweckte. Interessant ist ebenfalls das Treatment „Gracie auf See“ von 1934, das Fitzgerald mit dem Schauspieler Robert Spafford schrieb, um es für die Verfilmung vorzuschlagen – die Schauspieler hatten schon Interesse bekundet. Trotzdem fand sich kein Abnehmer dafür.
1937 schrieb Fitzgerald deswegen eine zweite Version, um diese erneut vorzuschlagen. Die zweite Fassung ist im Anhang von „Für dich würde ich sterben“ abgedruckt, so dass man beim Lesen die Änderungen am Text nachverfolgen kann. Auch sonst ist das Nachwort sehr aufschlussreich: Neben Stellenkommentaren und allgemeinen Kommentaren zu jeder Short Story findet sich auch ein Nachwort über Fitzgerald und seine Lebenssituation. Dieses Nachwort ist eine gute Hilfe dabei, die Geschichten einzuordnen.
Außerdem zeigt sich der Einfluss des Films beispielsweise in „Die Frauen im Haus“ im selbstreflexiven Umgang mit Beschreibungen von imaginären Kamerafahrten und vom Aufbau der Erzählung oder dem ironisch verwendeten „Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig“. Zudem reflektiert Fitzgerald in einigen Texten seinen Blick auf Hollywood.
Noch immer elegant
Nicht alle der Erzählungen in „Für dich würde ich sterben“ reichen an die Qualität anderer Texte von Fitzgerald heran – auch das ist natürlich ein Grund, warum einige nicht veröffentlicht wurden. In vielen Short Stories erkennt man aber doch den eleganten Stil und den leicht ironischen, lockeren Federstrich von Fitzgerald. Auch deswegen sind die Erzählungen in „Für dich würde ich sterben“ ein Genuss. Für Literaturinteressierte bieten sie noch dazu einen tollen, ungewohnten Einblick in das Leben und Werk eines großen Künstlers.
Für dich würde ich sterben. F. Scott Fitzgerald. Herausgegeben und kommentiert von Anne Margaret Daniel. Aus dem amerikanischen Englisch von Gregor Runge, Andrea Stumpf und Melanie Walz. Hoffmann und Campe. 2017.
0 Kommentare
Trackbacks/Pingbacks