„Der Geräuschehändler bekommt Post“ – im Interview: Jule Wellerdiek

von | 14.09.2025 | #buch&kunst, Bilderbücher, Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher, Specials

Kathrin Rohmanns Geräuschehändler geht in die zweite Runde: In „Der Geräuschehändler bekommt Post“ gestaltet die Illustratorin Jule Wellerdiek erneut eine lustig-klangvolle Welt, die wir schon im ersten Band kennenlernen durften. – Von Satzhüterin Pia

Die Reise, zu der der „Geräuschehändler“ zum Schluss des ersten Buchs aufbricht, ist zu Ende und er ist wieder in seinem grünen Haus angekommen, das so viel gewöhnlicher aussieht, als es tatsächlich ist: Noch während er seine Mitbringsel, Töne aus aller Welt, auspackt, sichtet und verstaut, kommen neue skurrile Kundinnen und Kunden in seinen Laden. Wir beginnen die Woche mit dem Montag und einem falsch zugestellten Paket: zwei Badehosen, die eigentlich in ein anderes Geschäft retourniert werden sollten. Der Geräuschehändler stattet sie mit fröhlichem „Arschboden-Klatscher“ aus.

Ein Fest für alle Sinne

Von Dienstag bis Sonntag bekommt er es mit weiteren spannenden Besucherinnen und Besuchern zu tun: Darunter Super-Marion, die „Ohr-Laub“ von ihren immer gleichen „Dü-de-lü-de-lüt, ding-dong, puff“-Geräuschen im Bildschirm haben möchte, oder auch ein Alien, das ein „Souvenir. Von. Erde“ braucht und dem Eisprinzen fehlt noch dieses ganz spezielle Glockengeräusch für seinen neuen Eiswagen. Am liebsten etwas, das nach Eissorten duftet und wie eine Erinnerung an einen Sommertag. Für alle findet der Geräuschehändler die passenden Sounds – ein Fest für alle Sinne.

„Heraus huscht ein Klingeln, das cremige Vanille und auf der Zunge schmelzende Schokolade verspricht, das frische Erdbeere und einen sauren Zitronen-Zungen-Zisch ankündigt, das Waldmeister-Grün und Mango-Gelb wie ein Feuerwerk versprüht, das Stracciatella-Schokostückchen-Knacken mit dicker Bananen-Süße vermischt, das eine fruchtige Himbeer-Wolke vorbeischweben lässt und an einen frohen Sommertag erinnert.“ (S. 30)

Die einzelnen Geschichten stehen für sich, so dass „Der Geräuschehändler bekommt Post“ wie ein Kurzgeschichten-Buch zum Vorlesen funktioniert, genauso gut aber auch in einem Rutsch vorgelesen werden kann. Das Buch ist gut für Kinder ab etwa 5 Jahren geeignet und es werden wirklich alle Sinne angesprochen – mit den Illustrationen von Jule Wellerdiek auch die Augen!

(C) Knesebeck Verlag

Farbenfrohe Bilder

Von kleinen Bildchen und Szenen hin zu seitenfüllenden Illustrationen erweckt Jule Wellerdiek die inhaltlich bunte Geschichte farbenfroh zum Leben. Die Zeichnungen haben ihren ganz eigenen Stil, der die Figuren, aber vor allem auch die Geräusche richtiggehend lebendig macht und uns sofort in die bekannte Welt des ungewöhnlichen Händlers versetzt. Die Fantasie wird beflügelt, man kann in die Welt eintauchen und einiges entdecken.

Dieser zweite Band erweitert die Geschichten aus dem ersten Buch, erfindet aber nichts neu. Das muss er auch nicht, denn diese fantasiebeflügelnden Geschichten sind unterhaltsam für die ganze Familie und man findet schnell wieder in die ulkige Welt des Geräuschehändlers hinein – was selbst ein bisschen wie nach Hause kommen ist. Beide Bücher funktionieren dabei aber auch für sich, man muss also nicht den ersten Band kennen. Man kann beim Lesen ein neues Gespür für die Geräusche der eigenen Umgebung entwickeln, und sich, den Tipp habe ich schon beim ersten Band gegeben, sehr gut auch weitere Kundinnen und Kunden des Geräuschehändlers ausdenken und überlegen, welche schrägen Mischungen hier gewünscht sein könnten. Große Empfehlung!

Jule Wellerdiek (privat)
Jule Wellerdiek (privat)

Fragen an Jule Wellerdiek

BM: Wie entstehen deine Bilder?

JW: Mit Wasserfarbe, Pinsel, Buntstift und meistens einem Hörbuch als Hintergrund-Beschallung.

BM: Woher nimmst du deine Inspiration?

JW: Das ist immer eine schwierige Frage, weil Inspiration eigentlich jederzeit überall herkommen kann. Am wenigsten kommt sie wohl, wenn ich am Schreibtisch sitze und Löcher in die Luft starre oder durch Instagram scrolle. Sondern eher, wenn ich rausgehe, beim Kochen, auf Reisen, in Gesprächen oder auch beim Filmegucken, Bücherlesen oder Spielespielen.

BM: Welche Geschichten würdest du gerne einmal illustrieren?

JW: Mich faszinieren die Zamonien-Geschichten von Walter Moers immer wieder aufs Neue – diese Vielfalt an unterschiedlichsten Figuren und Landschaften muss beim Illustrieren einen wahnsinnig großen Spaß machen. Aber ich illustriere auch wirklich gern meine eigenen Geschichten, weil man sich da alles selbst ausdenken darf.

BM: Hat sich dein Beruf im Laufe der Zeit verändert? (Wenn ja, wie?)

So lange übe ich den Beruf ja noch gar nicht aus (eigentlich erst seit drei Jahren), deshalb kann ich das nicht so gut beurteilen. Ich merke aber, dass die Zukunft des Buchmarkts allgemein schon als recht unsicher wahrgenommen wird. Und wie genau der Umgang oder die Arbeit mit Künstlicher Intelligenz in der Branche künftig aussehen wird, ist auch ungewiss. Grundsätzlich verändert sich in der Welt gerade viel, wovon wir Illustrator:innen wahrscheinlich nicht unbedingt profitieren werden. Aber wir werden natürlich dafür kämpfen, weiterhin diesen schönen Beruf ausüben zu dürfen und die Wertschätzung dafür zu erhalten.

BM: Wenn du ein Buch wärst, welches wäre es?

JW: Wahrscheinlich eine Collage aus vielem – ein bisschen Drama, ein bisschen Graphic Novel, ein bisschen Bilderbuch, mit einem Hauch von Gedichtband. Die Kapitelüberschriften wären in krakeliger Handschrift, aber der Satz wäre sehr ordentlich. Wahrscheinlich würde hin und wieder eine Seite herausfallen oder nachträglich hineingeklebt sein. Und der Einband wäre auf jeden Fall aus Leinen.

Der Geräuschehändler bekommt Post. Kathrin Rohmann. Illustriert von Jule Wellerdiek. Knesebeck. 2025. Ab 5 Jahren.

Pia Zarsteck

Pia Zarsteck

Pias Liebe zur Literatur hat sie vor Jahren an die Uni Bremen geführt, wo sie bis zum Masterabschluss Germanistik studierte. Heute ist sie Vorsitzende im Bücherstadt e.V., Mama einer Fünfjährigen und beruflich ganz woanders unterwegs - aber immer noch vernarrt in Bücher und Spiele. Ein Leben ohne die Bücherstadt kann sie sich nicht vorstellen.

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