Der Meistermagier des Marvel-Universums

von | 16.01.2017 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Science-Fiction, Fantasy und Heldentum – all diese Genres sind vereint in der Welt von Doctor Strange. Dies wird auch im vor kurzem erschienenen Comic „Doctor Strange 1“ zum Ausdruck gebracht. Geschichtenzeichnerin Celina hat sich in den Bann dieses Comics begeben.

Wer ist Doctor Strange?

Doctor Stephen Strange war einst ein überaus talentierter aber auch hochgradig egoistischer Chirurg. Durch einen Autounfall wurden die Nerven seiner Hände beschädigt, sodass er seiner Arbeit nicht mehr nachgehen konnte. Nachdem ihm kein Arzt weiterhelfen konnte, ging er auf die Suche nach einem Wunderheilmittel. Doch stattdessen begegnete er einem Hexer namens „Der Uralte“. Strange wurde nach und nach zum obersten Zauberer – Sorcerer Supreme, zum Meister der mythischen Mächte. Er beschützt die Menschheit vor allerlei mystischen Bedrohungen.
Doctor Strange hatte sein Comicdebüt in „Strange Tales 110“ (Juli 1963), wobei er von Stan Lee und Steve Ditko erschaffen wurde. Seit 2005 mischt er in den Comics der Avengers mit.

Die neue Doctor Strange-Reihe

Im ersten Band wurden fünf Einzelhefte gesammelt herausgebracht. Der Band spielt zeitlich nach der oben kurz zusammengefassten Origen-Story. Gleich zu Beginn kann der Leser den Meistermagier Doctor Strange auf einer seiner Missionen begleiten. Man befindet sich auf einer ektoplasmischen Ebene bzw. im Geist eines Jungen, den es von Seelenfressern zu befreien gilt.
Nach dieser Tat geht Strange nach draußen, durch die vollen Straßen von New York. Der Betrachtende kann hierbei die Welt mit anderen Augen, mit der Sichtweise des Doktors, wahrnehmen. Überall auf den Straßen erscheinen magische, abstrakte Kreaturen, die für den „normalen“ Menschen nicht sichtbar sind. Dieser Effekt wird markant hervorgehoben, indem die Normalo-Welt in Schwarz-Weiß und die magischen Geschöpfe in Farbe dargestellt sind. So erscheint auch Doctor Strange selbst farbig, da er sich der Magie verschrieben hat. Magische Kreaturen scheinen allgegenwärtig unter den Menschen zu leben, auch wenn sie nur für Ausgewählte sichtbar werden. Dieses Stilelement, das Hervorheben von allem Magischen durch den bewussten Einsatz von Farbe, wird im Comic immer wieder aufgegriffen.

Im weiteren Verlauf des Comics steht Zelma Stanton vor Stephen Stranges Tür. Sie hat ein Problem: Eine spitzzahnige, mit einigen Augen versehende Kreatur nistet an der Oberfläche ihres Kopfes. Von diesem Geschöpf weiß noch nicht einmal Strange, was das ist, doch er erklärt sich bereit, der jungen Frau zu helfen. Nach und nach wird ihm und seinem langjährigen Freund und Gehilfen Wong bewusst, dass etwas nicht stimmt. Immer mehr magische Geschöpfe, die vorher nicht auf der Erde waren, wie das am Kopf von Zelma Stanton, gelangen in ihre Welt. Es liegt eine magische Bedrohung in der Luft, die vielleicht die ganze magische Welt oder gar die Magie selbst gefährdet. Wer weiß, was da auf uns zukommt? Gespannt lässt sich auf den nächsten Teil dieser vielversprechenden Comicreihe warten.

Das Besondere an den Illustrationen

Im Comic ist auffällig, dass die Kolorierung verschieden und szenenspezifisch angepasst ist. So erscheinen beispielsweise Szenen, wie solche in der „Bar ohne Türen“ rötlicher eingefärbt, etwa im Kontrast zu denen, die draußen im Freien spielen. Dadurch unterscheidet sich die Atmosphäre in der Bar, in der sich die Magier treffen, von anderen Orten. Durch das rötliche Kerzenlicht wirkt der Raum im Comic enger und vermittelt den Eindruck einer Spelunke.
Im Band ist weiterhin auffällig, dass sich die magische Welt in der ganzen Aufmachung des Comiclayouts widerspiegelt. Daher sind die Panels abstrakter und spielerisch angelegt, sodass Größe und Form der Panels stark variieren. Darüber hinaus ist augenfällig, dass sieben Tuscher für die Zeichnungen von Chris Bachalo und Kevin Nowlan am Werk waren. So liegt es vielleicht nicht nur an der unterschiedlichen Kolorierung, dass einige Darstellungen so verschieden aussehen, trotz der recht ähnlichen Zeichnungen, wie z.B. dem relativ gleichbleibenden Aussehen von Doctor Strange.

Übrigens war Kevin Nowlans erste Arbeit als Zeichner für Marvel 1983 bereits ein Doctor Strange-Comic. Generell wirkte er schon an vielen Marvel und DC Comics mit. Aber auch Chris Bachalos Liste als Comiczeichner ist beachtlich. Seine Erstveröffentlichung war 1990 bei der legendären Comic-Reihe „Sandman“ von Vertigo (ein Teil des DC-Verlages, der sich auf Erwachsenencomics spezialisiert hat). Aber mittlerweile ist auch er in vielen Universen von DC und Marvel zu Hause. Weiterhin ist ebenso der Autor Jason Aaron im Comic-Genre ein bekannter Mann. Er hat unter anderem Comics verfasst zu: Thor, Ghost Rider, Wolverine und Star Wars.

Schafft es Doctor Strange, den Leser in seinen Bann zu ziehen?

Auf jeden Fall! Dazu trägt auch bei, dass der Comic ohne großartige Vorkenntnisse gelesen werden kann. Die Origen-Story ist nur kurz auf der ersten Seite zusammengefasst. Mehr Informationen braucht es nicht, um den Comic zu verstehen. Hinzu kommt, dass nur Stephen Strange als Protagonist erscheint und somit auch keine Vorkenntnisse über andere Charaktere vorhanden sein müssen. Leser können sich schnell in den Comic einfinden und somit in Doctor Stranges Welt eintauchen. „Doctor Strange 1“ kann ab dem jugendlichen Alter gelesen werden, bietet aber ebenso Erwachsenen Spaß am Lesen und einen Augenschmaus an Illustrationen.

Doctor Strange im Kino

Im Herbst 2016 ist eine Neuverfilmung von Doctor Strange mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle, Tilda Swinton als „Die Älteste“ (im Comic ursprünglich „Der Uralte“) und Mads Mikkelsen als Kaecilius, dem Widersacher erschienen. Dieser Comicadaption wird seiner abstrakten, magischen und zum Teil einfach nur abgedrehten Vorlage überaus gerecht. Allerdings wird im Film zunächst die Origin-Story erzählt. Zudem ist die Verfilmung sehr humorvoll angelegt.

Übrigens gab es bereits 2007 einen Animationsfilm : „Doctor Strange: The Sorcerer Supreme”, in dem ebenfalls die Origin-Story erzählt wurde. Diese ist in ihren Grundzügen zwar identisch, jedoch unterscheidet sie sich in vielen Details. Beispielweise werden ganze Figuren, wie die Schwerter von Stephen Strange hinzugenommen, bei welcher dem Doktor die Operation misslungen war und sie daraufhin starb. Durch diesen Aspekt wirkt Strange für den Zuschauer zu Beginn des Films zwar immer noch egoistisch und doch hat man Mitleid mit ihm.
Seine Schwester wird in Zwischensequenzen gezeigt, die Erinnerungen von Stange darstellen, welche eigentlich vor der Zeit des hier präsentierten Films spielen. Hinzu kommt, dass generell auffällig ist, dass der Film sich Zeit nimmt, um Doctor Stranges Geschichte beziehungsweise seinen Selbstfindungsweg genauer darzustellen. Es erscheint zum Beispiel die Situation, in der er nach einem Heilmittel für seine Hände sucht, länger und beschwerlicher, als sie im neuen Film gezeigt wird. Erst zum Ende hin nimmt im Animationsfilm die Action zu. Allerdings sollte dieser Animationsfilm grafisch nicht mit dem neuen Film verglichen werden. Zeichentrickfilme setzen auf andere optische Mittel. Beispielsweise erscheinen Explosionen hier anders als im Realfilm. Es sind schließlich immer noch mehr in Bewegung versetzte Zeichnungen, die aber gelungen und passend inszeniert sind. Zudem ist der Widererkennungswert der Figuren, wie man sie aus den Comics kennt, gegeben. Für seine etwa eine Stunde Laufzeit hat der Animationsfilm einiges zu bieten.

Comic: Doktor Strange 1. Jason Aaron. Zeichner: Chris Bachalo, Kevin Nowlan. Übersetzung: Marc-Oliver Frisch. Panini. 2015. / Film: Doctor Strange. Regie: Scott Derrickson. Darsteller: Benedict Cumberbatch, Tilda Swinton, Mads Mikkelsen u.a. Marvel. 2016. FSK 12. / Animationsfilm: Doctor Strange: The Sorcerer Supreme. Regie: Jay Oliva, Richard Sebast, Patrick Archibald, Frank Paur. Marvel. 2007. FSK 12.

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