Der Sprach-Wunsch-Punsch

von | 19.06.2014 | Gedankenkrümel, Kreativlabor

Es ist satanarchäolügenialkohöllisch: Egal ob im Supermarkt, im Chat, in Büchern oder in der Musik. Sie verstecken sich hinter harmlosen Lauten und Bedeutungen, lauern im Dunkeln bis sie einen Moment der Unachtsamkeit nutzen können. Und dann – ehe wir uns versehen – haben wir schon einen Anglizismus auf der Zunge.

Die deutsche Sprache wird immer weiter versetzt von den Lehnwörtern im Englischen. Zu sehr, fand der Verein Deutscher Sprache und ernannte den Duden zum „Sprachpanscher des Jahres 2013“, mit der Begründung: „Wer in einem Wörterbuch der deutschen Sprache als Ersatz für Fußball den lächerlichen Angeber-Anglizismus ,Soccer‘ vorschlägt, hat es nicht besser verdient.“

Auch die neuesten Ergänzungen zum Oxford Dictionary erscheinen kurios. In Zukunft kann man „Emoji“ (a small digital image or icon used to express an idea or emotion in electronic communication) und „FOMO“ (anxiety that an exciting or interesting event may currently be happening elsewhere, often aroused by posts seen on a social media), genauso wie „srsly“ (short for seriously) in der Fibel zur englischen Sprache nachschlagen. Haben die es „besser verdient“, dass sie den Weg in eines der bedeutendsten Wörterbücher gefunden haben?

Das Oxford English Dictionary, kurz OED, beweist damit, dass Wörterbücher nicht bloß ein Kuriosum für Besserwisser und knowitalls darstellen oder ein Paradies für Sprach- und Fremdwortfetischisten. Genauso wenig brauen sie satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsche nach Michael Ende.

Im Gegenteil; Wörterbücher folgen dem Puls der Zeit, und fangen die kleinen Abweichungen und Änderungen von Bedeutungen – zumindest im Falle des OED – genau ein. Sie dokumentieren wie Seismographen die Launen der Sprache. Vielleicht dokumentieren sie nicht nur dies: auch die Art, wie Worte gebracht werden, sagt etwas über uns aus. „Comical“ hatte etwa gegen 1100 eine negativ konnotierte Bedeutung („epileptisch“). Wer weiß, ob „twerk“ oder „squee“ sich in Shakespeares Nachbarschaft wohlfühlen und auch eine andere Bedeutung annehmen.

Die Tiefen des Internets bieten uns einen großen Zutatenschrank, um unsere eigenen Begriffe und Ausdrücke zu basteln. Was die „Reinheit“ von Sprache angeht sei es nun jedem einzelnen selbst überlassen, ob er in seiner Alltagssprache Klingonismen oder Latinismen verwende – im Berufsleben wirken die Grenzen der Sprache(n) noch stärker.

Und, habt ihr auch schon eure Sprache gewunschpunscht?

Erika

Bücherstadt Magazin

Bücherstadt Magazin

Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

2 Kommentare

  1. Avatar

    Ich finde es stellenweise schon sehr kurios, wie sehr das Denglisch Einzug gehalten hat. Klar, wir leben in einer modernen Gesellschaft und Englisch ist die weltweit am häufigsten gesprochene Sprache, ist wichtig für den Berufsalltag und auch, wenn man gerne englische Bücher liest so wie ich. Aber es sollte die deutsche Sprache nicht verdrängen. Die deutsche Sprache ist doch eine schöne Sprache. Ich ertappe mich aber um ehrlich zu sein auch oft genug bei der Nutzung von Anglizismen 😉
    Die Sprache entwickelt sich weiter, auf der ganzen Welt. Solche Wörte wie “Srsly” finde ich aber nun doch schon sehr seltsam, was haben solche Socialmedia-Ausdrücke im Wörterbuch zu suchen?
    Hmmm…
    Liebe Grüße
    Sandra

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    • Avatar

      Als Internetnutzer beginnt man irgendwie automatisch, Anglizismen, Abkürzungen und die üblichen Halbsätze und manchmal auch Meme-Anspielungen zu übernehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob dies nun auch in der Sprache der “realen” Welt übernommen werden sollte: die Kommunikation via Kürzel und seltsame Wortgebilde mag im Platzsparer-Haushalt der SMS noch ganz willkommen sein (wer will schon für zwei der Textmitteilungen zahlen, wenn er alles auf eines komprimieren kann?), allerdings finde ich es äußerst unsympathisch, wenn ich von jemandem “ASAP” oder ähnliches zu hören bekomme. Da ist meine Wenigkeit einfach noch altmodisch.
      Die Rolle von Wörterbüchern für das Abbilden von Gesellschaftsumbrüchen ist ein spannendes Thema: es gibt auch soziologische Studien zu sich verändernden Verhaltensweisen anhand der Knigges der verschiedenen Zeitalter. Wer weiß, vielleicht erscheint bald die nächste, die sich mit dem Wandel von AGB-Texten im Internet befasst.. 🙂
      Liebe Grüße
      Bücherstädterin Erika
      (Apropo Komprimierung: ein Artikel zum ersten Mikrochip, der in Kürze versteigert werden soll, brachte mich heute bei meinem Morgenkaffee zu einer weiteren Überlegung: Komprimieren wir unsere Leben vielleicht nicht zu viel? Aber das ist vielleicht ein Thema für einen anderen Gedankenkrümel.)

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