Die Dekonstruktion der Instagram-Influencer*innen

von | 06.12.2022 | Filme, Filmtheater

Im Film „The Shallows“ (2016) von Regisseur Jaume Collet-Serra dringt die junge Nancy Adams beim Surfen unabsichtlich in das Territorium eines sehr aggressiven Hais ein. Geschichtenerzähler Adrian findet vor allem interessant, wie sich die bildliche Ästhetik über den Film hin verändert.

Nancy Adams (Blake Livley) ist auf der Suche nach einem abgelegenen Strand in Mexiko, an dem bereits ihre Mutter vor ihrem Tod surfen gegangen ist. Sie wird fündig und stürzt sich, ohne zu zögern, in das azurblaue Wasser. Hier macht sie die Bekanntschaft mit zwei mexikanischen Surfern. Als diese, aufgrund des baldigen Sonnenuntergangs, ihre Sachen packen, will Nancy noch eine letzte Welle reiten. Hierbei stößt sie auf den Kadaver eines Buckelwals und muss feststellen, dass dies die Beute eines Weißen Hais ist, der Nancy ebenfalls als Beute auserwählt. Nachdem der Hai sie von ihrem Surfbrett geworfen  und ihr eine tiefe Bisswunde zugefügt hat, kann Nancy sich auf einen Felsen retten, sitzt nun jedoch in der Falle. Blutend und verzweifelt beginnt die junge Frau einen Überlebenskampf.

Perfekte Welt?

Anfangs zeigt der Film traumhafte Bilder: lichtdurchfluteter Dschungel, azurblaues Meer, unberührte Natur an einem abgelegenen Strand. Die Kamera präsentiert den Zuschauenden eine scheinbar perfekte Welt. Sie macht auch vor der Figur der Nancy nicht Halt: lange Aufnahmen von ihr am Strand mit wehendem Haar im warmen Sonnenlicht. Als sie sich zum Surfen umzieht, ist die Kamera ganz nah dran, zeigt viel nackte Haut und inszeniert sie wie ein Model aus irgendeiner Reise- oder Softdrink-Werbung.

Jedoch menschelt es dahinter schon etwas, denn Nancy scheint doch nicht so perfekt zu sein, wie die Kamera uns weismachen will. Sie leidet unter dem Tod ihrer Mutter, zieht sich zurück und überwirft sich mit ihrem Vater.

Der Bruch

Mit dem Fund des Walkadavers kippt die Stimmung des Films. Plötzlich verschwimmt das Bild einer Werbekulisse und zurück bleibt die rohe Natur. Auch die Lichtstimmung ist nun eine andere. War der Strand vorher noch in angenehmes Sonnenlicht getaucht, das das Meer zum Glitzern brachte, ziehen nun dunkle Wolken auf. Alles ist düster und irgendwie ungemütlich.

Das Auftauchen des Hais zerstört die scheinbar perfekte Welt nun endgültig, schüttelt Nancy durch, schleudert sie in die Luft und lässt sie gebrochen zurück. Der Fokus der Kamera liegt nun mehr auf der Bedrohung, sei es durch den Hai oder die zahlreichen Wunden und Blessuren, die sich Nancy bei ihren Flucht- und Überlebensversuchen zuzieht.

Eine andere Sicht auf die Dinge

Nimmt man „The Shallows“ so wie man ihn sieht, ist es eher ein mittelmäßiger Film. Ein klassisches Survival-Kammerspiel Mensch gegen Natur, das sich teilweise etwas zu sehr zieht. Ebenfalls ist die Darstellung des Hais in vielerlei Hinsicht zu extrem und unrealistisch, denn auch wenn Haie recht aggressiv sein können, sie zerbeißen nicht das Metall einer Boje, nur um an ihre Nahrung zu kommen. Das Klischee des Hais als unbarmherzigen, unaufhaltsamen Räubers ist maßlos übertrieben.

Gewollt oder ungewollt bietet der Film jedoch in seiner Interpretation eine Dekonstruktion der Social-Media-Welt – allem voran der Bilder-App „Instagram“ – die mit ihren Urlaubsbildern und Traumkörpern eine heile und gar perfekte Welt vorgaukeln wollen, während im Hintergrund ein Marketingapparat mit Productplacements im Bereich Mode, Fitness und Ideologien das große Geld macht.

Wenn schon gegen einige Social-Media-Betreiber*innen geklagt wird, weil die Flut an Influencer*innen ganze Ortschaften unbewohnbar macht und junge Menschen durch unerreichbare Schönheitsideale in die Depression gestürzt werden, ist jeder kritische Blick auf diese Firmen angebracht.

The Shallows. Regisseur: Jaume Collet-Serra. Drehbuch: Anthony Jaswinski. u.a. Mit: Blake Livley, Óscar Jaenada u.a. Columbia Pictures. 2016.

Adrian Ziebarth

Adrian Ziebarth

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