Die Erdbeeren schaukeln im Wind
von Silvia
„Der Mai ist mein Lieblingsmonat“,
sagst du und nippst vorsichtig an deinem Tee.
„Und nicht nur, weil ich da Geburtstag habe.“
„Warum dann?“, will ich wissen
und kann mir zumindest innerlich
das Schmunzeln nicht verkneifen;
dein Geburtstags-Argument höre ich doch immer wieder gerne.
Ich beobachte dich
wie du zuerst in die Tasse
und dann aus dem Fenster starrst,
nachdenkst,
aber nicht zu lange.
„Es wird wärmer,
die Tage werden länger,
die Nächte kürzer“,
zählst du auf.
Dann wirst du einen Moment lang nachdenklich,
verlierst dich in deinen Gedanken.
Dein Blick schweift ab,
irgendwohin,
in die Ferne.
Wunderschön siehst du in dem Moment aus.
Wunderschön mit einem Hauch von filigran.
Beinahe kriege ich eine Gänsehaut.
Doch dann hast du dich schon wieder gefangen
und der Augenblick ist vorbei
noch ehe er begonnen hat.
„Die Erdbeeren schaukeln im Wind…“,
fügst du gedankenverloren hinzu,
ganz leise,
ein Flüstern, ein Wispern, ein Säuseln.
Wie gebannt bleibe ich hängen
an deinen Lippen,
deinen Augen.
Ich sehe dich weiterreden,
doch höre nichts;
nur diesen einen Satz,
immer wieder.
„Die Erdbeeren schaukeln im Wind…“
So schlicht und einfach
und doch etwas vom Schönsten, das ich je gehört habe.
Auf einmal überkommt mich ein Gefühl,
als ob ich dich hier und jetzt,
in diesem Augenblick,
zum ersten Mal richtig sehen würde,
als ob ich zum ersten Mal richtig hinsehen würde,
als ob ich direkt in deine Seele blicken könnte.
So kitschig das vielleicht in deinen Ohren auch klingt.
Ich bleibe dabei.
Wunderschön
und filigran.
Es gibt keinen Menschen, mit dem ich jetzt lieber hier wäre.
Ich wünschte, ich könnte es mit dir teilen,
ich wünschte, ich könnte es ausdrücken,
ich wünschte, du könntest es auch spüren.
Wie viel ein einzelner Satz,
ein einzelnes Wort,
ja sogar ein einziger Blick
doch ausmachen kann.
„Die Erdbeeren schaukeln im Wind…“
0 Kommentare