Ja, es gibt sie: Spielbare Frauenfiguren in der „Assassin’s Creed“-Reihe. Aber: Sie sind nur die zweite Wahl, die zweite Hauptfigur, der Fokus liegt weiterhin auf den Männern. Warum Kassandra fast alles besser macht. – Von Satzhüterin Pia
Ich gestehe, ich liebe die „Assassin’s Creed“-Reihe. Mir machen die Spielwelten (trotz ihrer gelegentlich repetitiven Nebenschauplätze) irre viel Spaß, ich liebe das Gameplay und die Steuerung und ich habe inzwischen einige der Titel (PC und PS4) gespielt. Aber die stark männlich dominierten Spielfiguren stoßen sauer auf, denn nach dem x-ten Spiel will ich einfach keinen Kerl mehr steuern, es wird langweilig. Was habe ich Evie in „Syndicate“ geliebt, nur ohne Bruder kam auch sie nicht aus. Aber dann kam der Teil „Odyssey“ und mit ihm die großartige Kassandra.
In ihrem Text „Assassin’s Creed: Odyssey“ und seine Frauen hat Aurelia von Geekgeflüster 2019 die Magie und auch die Ambivalenz dieser Frauenfigur so auf den Punkt gebracht, dass ich es nicht besser zu schreiben vermag. Ein Auszug:
„Kassandra aus „Assassin’s Creed: Odyssey“ ist eine wunderbare Figur und je länger ich mit ihr spiele, desto mehr liebe ich die Dinge an ihr, die ich zu Beginn vielleicht nur mochte. Sie ist sarkastisch, stark, eher grob, leidenschaftlich, muskulös und ich komme nach wie vor nicht ganz darüber hinweg, wie wunderbar unsexualisiert ihre gesamte Inszenierung ist.“
Es ist nicht zwingend der Verdienst des Entwickler-Studios Ubisoft, wenn sie die weibliche Figur austauschbar zur männlichen geschrieben haben – also eigentlich gar nicht geschrieben, wie es scheint, sondern einfach statt Alexios Kassandra dargestellt haben. Aber im Umkehrschluss bedeutet das eben auch, dass Kassandra dem Schicksal entgeht, dem von Männern geschriebene Frauenfiguren leider zu oft erliegen. Zum Beispiel zwanghaft sexualisiert dargestellt zu werden, lächerliche Attribute zugeschrieben zu bekommen und immer schön co-abhängig von Männern zu bleiben, oder wenigstens aus einer solchen Motivation heraus in Aktion zu treten.
Kassandra hingegen ist Vieles: selbstsicher, stark (an dieser Stelle noch eine Leseempfehlung für einen weiteren Text bei Geekgeflüster), ironisch und schlagfertig und erst irgendwann ganz weit am Ende einer langen Auflistung an Attributen und Fähigkeiten ist sie eben auch das: eine Frau.
Der Weg bleibt weit: So lange unabhängige und selbstsichere Frauenfiguren die Seltenheit bleiben und dann (zu allem Überfluss und schlichtweg deprimierender Weise!) auch noch die Zweitwahl neben der natürlich weiterhin männlichen Hauptrolle bilden, ist es mit dem Thema Sexismus in Videospielen eindeutig noch nicht getan. Oder jedenfalls bei Ubisoft noch nicht.
Assassin’s Creed: Odyssey. Publisher: Ubisoft. Plattformen: PC, PS4, Xbox One (gespielt auf der PS4). Genre: Action-Adventure. Einzelspieler. 2018.
[tds_note]Ein Beitrag zur Themenreihe „Heldinnen in Videospielen“. Vom 7. bis zum 13. November 2022 stellen wir euch in der Spielstraße Spiele mit weiblichen Hauptrollen vor. Hier werden alle Beiträge gesammelt. Wir wünschen allen viel Freude beim Lesen und sind gespannt auf eure Kommentare![/tds_note]
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