Die wunderschöne, märchenhafte Welt von Silence

von | 12.02.2017 | Digitale Spiele, Spielstraße

In der 23. Ausgabe des Bücherstadt Kuriers verriet Creator Marco Hüllen uns bereits viel über die Entstehung von „Silence“. Sätzchenbäckerin Daniela ist in die magische Welt von „Silence“ abgetaucht und schließt dieses Abenteuer mit gemischten Gefühlen ab.

Die Welt ist im Krieg. Als ein Luftschlag auf ihre Stadt fällt, verschanzen sich Noah und seine kleine Schwester Renie im Bunker. Doch dann trifft die Bombe auch sie. Noah erwacht in einer phantastischen Welt, in der er zuvor bereits einmal war: Silence. Eine bunte, märchenhafte Welt, die zwischen Tod und Leben liegt. Doch die Welt wird von sogenannten Suchern der falschen Königin heimgesucht. Dunklen Wesen, die nur eine Aufgabe haben: Zu suchen und dafür alle, denen sie begegnen, auch zu einem dunklen Wesen zu machen. Zusammen mit einer Rebellengruppe müssen Noah und Renie den Thronsaal der falschen Königin finden, um Silence zu retten.

„Silence“ wurde lange Zeit unter dem Titel „The Whispered World 2“ entwickelt, legte aber kurz vor seiner Veröffentlichung den Titel ab. Zwar beginnt „Silence“ dort, wo „The Whispered World“ aufgehört hat, schafft es aber innerhalb der ersten zehn Minuten, die Geschichte interaktiv zu erzählen, sodass der Bezug zum ersten Teil klar wird. Schnell wird deutlich, dass „Silence“ seine eigene Geschichte hat, für die eine Kenntnis des ersten Teils nicht unbedingt nötig ist.

Gameplay zum Entdecken

Obwohl „Silence“ ein Adventure ist, gibt es kein Inventar. Bei den Rätseln müssen wir das verwenden, was wir in unserer Umgebung finden. Das funktioniert gut und sorgt dafür, dass die Rätsel nie zu verzwickt werden. Manchmal fühlt es sich jedoch irgendwie falsch an, ein Rätsel innerhalb von zwei Anläufen gelöst zu haben. Dabei geht Spannung verloren, die das Spiel vielleicht gebraucht hätte. Auch sind die Möglichkeiten durch die wenigen Orte, die wir besuchen, begrenzt, und manchmal gibt es zu wenige Objekte, die uns in die Irre führen könnten.

Die Rätsel fügen sich jedoch gut in das Setting ein. Wir entdecken durch sie die Welt immer ein Stückchen mehr und interagieren mit ihr. Hin und wieder gibt das Spiel uns auch Entscheidungsmöglichkeiten, die aber wenig Einfluss auf die eigentliche Handlung zu haben scheinen. Sie erhöhen jedoch den Wiederspielwert und vermitteln das Gefühl, aktiv die Geschichte mitgestalten zu können.

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Wunderschöne Bilder

„Silence“ besticht von der ersten Sekunde an durch seine Optik. Beginnend bei der Stadt im Schneesturm bis hin zur phantastischen Welt von „Silence“. Überall schwingt das märchenhaft aber gleichzeitig ruhig-melancholische Setting mit. Die Charaktere passen trotz dreidimensionalem Design optisch wunderbar in dieses Setting und fügen sich nahtlos ein. Silence ist eine Welt, die wir entdecken wollen. Eigentlich traurig, dass die Welt gleichzeitig so verlassen ist. Man möchte viel mehr darüber erfahren! Leider verpasst das Spiel es, diesen bombastischen Landschaften Leben durch die Geschichte einzuhauchen, sodass es sich am Ende anfühlt, als wären die Orte nur leblose Zeichnungen eines Märchenbuchs.

Blasse Nebencharaktere

Auf unserer Reise durch Silence begegnen wir nicht vielen Bewohnern. Jedoch treffen wir auf einige alte Bekannte, die so individuell sind, dass wir sie, auch ohne sie aus Teil 1 zu kennen, schnell ins Herz schließen. Beinahe wünsche ich mir, dass ich den ersten Teil gespielt hätte, um die Nostalgie zu verstehen, die überall anklingt. Jedoch werden uns auch zwei Charaktere an die Seite gestellt, die zwar so generisch gestaltet sind, dass wir sie schnell einschätzen können, es aber nicht schaffen, irgendeine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Besonders anfängliche Anspielungen auf eine Liebesbeziehung zwischen Noah und Kyra scheinen in einer solchen Geschichte so fehl am Platz, dass man überhaupt nicht dazu kommt, eine Sympathie für Kyra zu entwickeln.

Vielleicht liegt es an der deutschen Synchronisation, auch wenn diese gut umgesetzt ist. Die englische Synchronisation scheint etwas mehr Gefühl zu vermitteln. Da ich diese jedoch erst nach Ende des Spiels angespielt habe, könnte dies den Eindruck stark verfälscht haben. Das Hauptproblem ist jedoch die Spielzeit. Mit Noah und Renie verbringen wir gerade so viel Zeit, dass wir sie kennen und lieben lernen können. Die anderen Charaktere kommen jedoch so wenig vor, dass wir nicht die Gelegenheit bekommen, sie kennenzulernen. Ein Großteil ihrer Zeit laufen sie zudem nur mit, wie Statisten, weshalb jegliche Wende in der Geschichte keine Emotionen hervorruft.

Zu kurze Spielzeit

Die kurze Spielzeit von knapp fünf Stunden wirkt sich allerdings nicht nur auf die Nebencharaktere aus, sondern auf die gesamte Erzählung. Das Spiel wechselt immer wieder zwischen den Hauptcharakteren, Noah und Renie, was beiden insgesamt weniger Zeit gibt, sich zu entfalten. Gerade als wir sie nach den fünf Stunden in unser Herz geschlossen haben und mit beiden gefühlt gerade einmal drei Rätsel gelöst, leitet das Spiel schon das Ende ein. Zunächst wollte ich überhaupt nicht glauben, dass das jetzt das Ende sein soll, doch spätestens der Abspann bestätigte dies. Zu gerne hätte ich mehr gehabt. Mehr von Silence, mehr von den Charakteren, mehr Handlung, mehr zu entdecken. Doch das Spiel verwehrt uns dies mit einem überhasteten Ende und viel zu viel verschenkter Zeit innerhalb des Spiels. Das Spiel zieht uns in seine Welt, gibt uns Hinweise und setzt uns ohne jegliche Antwort dann wieder vor die Tür.

Beinahe scheint es, als hätte das Spiel endlich fertiggestellt werden müssen, sodass die Geschichte überhastet erzählt wird, zu viele Stränge liegen bleiben und Möglichkeiten für Nebenhandlungen vollkommen unbeachtet gelassen werden. Am Ende wünschte ich mir, dass das Spiel noch 10 oder 20 Stunden länger gedauert hätte. Ich erwische mich dabei, wie ich das Spiel neustarte, um nach Silence zurückzukehren. Doch ein erneutes Spielen gibt mir nicht die Handlungs- und Charakterentfaltung, die das Spiel vergisst einzubringen.

Gemischte Gefühle

So lässt mich „Silence“ unbefriedigt zurück, da es zu viel Potential verschenkt hat, welches durchaus möglich gewesen wäre: mit mehr Zeit für seine Handlung, sein Setting und seine Charaktere. Die liebevolle Gestaltung und die märchenhaft-melancholische Atmosphäre können das leider nicht vollständig gut machen. Nach „Silence“ habe ich gemischte Gefühle. Es hat mich fasziniert, aber ebenso enttäuscht.

Eine Besprechung zum Spiel „The Whispered World“ findet ihr in der 18. Ausgabe des Bücherstadt Kuriers. Mehr über „Silence“ könnt ihr hier erfahren: www.daedalic.de/de/game/Silence 

Silence. Deadalic Entertainment. Modern Adventure. 2016. PC, MAC, Xbox One, PS4. 1 Spieler. ~ 5 Stunden

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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  1. Marco Hüllen im Interview – Bücherstadt Kurier - […] Da­nie­la hat das Ad­ven­tu­re ge­spielt. Wie sie es fand, könnt ihr hier le­sen. Mehr In­for­ma­tio­nen über das Spiel fin­det…

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