Simona Ciraolo stellt in ihrem Bilderbuch „Wir Schüchternen“ diejenigen in den Mittelpunkt, die sonst nicht auffallen, und erzählt eine Geschichte über Gefühle und Akzeptanz. Zeichensetzerin Alexa wünschte, sie hätte dieses Buch schon zu ihrer Schulzeit lesen können.
Ich erinnere mich nicht gerne an meine Schulzeit, denn sie war geprägt von Konflikten, Ausgrenzung und Zwang. Es fiel mir nicht leicht, mich anzupassen, so zu sein wie andere, laut zu sein, präsent – von anderen wurde ich deshalb als schüchtern bezeichnet. Und vermutlich war ich das in dieser Zeit auch. Wie auch Maurice, der Protagonist im Bilderbuch „Wir Schüchternen“, fiel ich in der Schule kaum auf und es kostete mich viel Überwindung, mich im Unterricht zu melden. Ich habe brav meine Hausaufgaben gemacht und meine Zeit am liebsten mit Büchern verbracht. Sicherlich wirkte ich wie Maurice nach außen hin „langweilig“. Ähnlich wie er hatte ich dann aber das Glück, Freunde zu finden, die so tickten wie ich. Wir haben uns verstanden und gegenseitig Mut gemacht.
Autorin und Illustratorin Ciraolo erzählt in ihrem Bilderbuch von einem schüchternen Oktopus, der es nicht immer leicht hat und am Ende einen Gleichgesinnten findet. Im Sinne des Inklusionsgedankens könnte dies kritisch betrachtet werden, weil die Schüchternen unter sich bleiben, statt Anschluss zu finden. Tatsächlich ist aber genau das ein Ausgang, der aus meiner Sicht authentisch ist. Maurice muss sich nicht verbiegen, um von anderen akzeptiert zu werden. Er findet einfach jemanden, der ihn so mag, wie er ist – und das ist eine schöne Botschaft an alle Leserinnen und Leser dieses Bilderbuches, vor allem in diesem Fall an die Schüchternen unter ihnen.
„Wir Schüchternen“ hat mich tief berührt und mich dazu gebracht, mich zu erinnern, wie ich mich als Schülerin gefühlt habe. Dieses Bilderbuch, verfasst in kurzen, einfachen Sätzen und illustriert mit bunten Bildern im Buntstiftstil, vermittelt das Gefühl, gesehen zu werden. Mit Maurice als gelungener Identifikationsfigur bietet das Buch eine Geschichte, die Mut macht und zeigt: Es ist vollkommen okay, schüchtern zu sein. Ich wünschte, ich hätte dieses Bilderbuch schon viel, viel früher lesen können.
Wir Schüchternen. Simona Ciraolo. Übersetzung: Kathrin Bögelsack. Bohem. 2021. Ab 3 Jahren.
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