Am 07. Oktober 2024 jährt sich Edgar Allan Poes Todestag zum 175. Mal. Der amerikanische Literat prägte die Weltliteratur mit seinen Gruselgeschichten. Verfilmungen, Adaptionen für die Bühne und zahllose Anspielungen auf ihn und seine Werke finden sich in der Pop-Kultur bis heute – sie sind in ihrer Fülle kaum zählbar. Buchstabenakrobatin Melanie hat Gedichte und Kurzgeschichten aus seiner Feder neu- und wiederentdeckt.
Rabe, Rabe und nochmal Rabe
Dunkle Nacht, ein Mann, in tiefe Trauer verfallen, ein Klopfen am Fenster – und plötzlich ist da ein stattlicher Rabe. Ein Bote aus der Totenwelt? Für den trauernden Erzähler wird er zum Gesprächspartner, doch die stets gleich lautende Erwiderung des düsteren Vogels wirft mehr Fragen auf, als dass sie Antworten gibt.
Das Schauergedicht „Der Rabe“ verhalf Edgar Allan Poe, der bis dahin nur wenig Erfolg hatte, 1845 zu seinem Durchbruch und dürfte auch heute noch vielen bekannt sein. Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer haben die 18 Strophen, die Poe unvergessen machten, anlässlich seines 175. Todestages sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache in großformatigen Bildern in Szene gesetzt.
Wer „Der Rabe“ – und vor allem das englischsprachige Original „The Raven“ – kennt, weiß um die tiefe Verzweiflung, die den Erzähler quält, den eindrucksvollen Rhythmus, der das Gedicht trägt, und kennt das „Nimmermehr“/“nevermore“, das sich wie ein roter Faden durch das Gedicht zieht. Am blutroten Faden zieht nun auch das Künstler-Ehepaar von Borstel und Eickmeyer die Handlung durch ihre illustrierte Version des Gedichts. Die Bildelemente, die über diesen Faden miteinander verbunden sind, schlängeln sich durch das gesamte Buch, führen durch die Geschehnisse und helfen, Poes Werk zu verstehen. Zwar stechen sie auf den ansonsten in Schwarz-Weiß gehaltenen Doppelseiten optisch hervor, die nicht selten seitenfüllenden Darstellungen des Raben beherrschen jedoch den Bildraum. Mal düster und bedrohlich, mal mit klugem, tiefgründigem Blick dominiert er die Buchseiten und spiegelt die Stimmung des Gedichts imposant wider – vor allem in der zweiten Buchhälfte, in der Originalfassung und Illustrationen statt auf weißem auf schwarzem Grund gedruckt sind.
Zusammen mit der kurzen Biografie Poes und einem Essay zur Wahrheit der Raben (die weit mehr als Unheilbringer sind) am Ende des Buches, haben Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer eine weitere „Rabe“-Illustration geschaffen, die sich anzuschauen lohnt. Denn der eindringliche Blick des Raben lässt den Schauer des Gedichts noch intensiver wirken.
Weit mehr als ein bloßer Sammelband
Auch der Coppenrath Verlag ehrt Poe anlässlich seines Todestages und hat unter dem Titel „Der Untergang des Hauses Usher und andere fantastische Geschichten“ eine Sammlung mit 18 der bekanntesten Texte (16 Erzählungen, 2 Gedichte) des Grusel-prägenden Autors herausgegeben.
Wer bisher einen Bogen um Poe gemacht hat, sollte diese Schmuckausgabe zum Anlass nehmen, sich von „Die schwarze Katze“, „Das verräterische Herz“, „Das Begräbnis vor dem Tod“ und den anderen Erzählungen in ihren Bann ziehen zu lassen, denn sie alle werden in diesem Büchlein aufwendig in Szene gesetzt: verschiedenfarbige Buchseiten, mal einfarbig, mal mit Ornamenten verziert, große, kleine und seitenfüllende Abbildungen, dazu Beilagen, die den Erzählungen entspringen, Gedichte Poes enthalten oder Hintergrundinformationen liefern. Zusätzlich enthält die Sammlung eine Biografie des Autors und sorgsam ausgewählte Anmerkungen, die zum Verständnis mancher Begriffe, Redewendungen und Anspielungen innerhalb der Erzählungen beitragen und aus heutiger Sicht problembehaftete Begriffe einordnen – Extras, die neben der aufwendigen Gestaltung von „Der Untergang des Hauses Usher und andere fantastische Geschichten“ sicherlich auch Poe-Kenner das Abtauchen in Grusel, Schauer und Mysteriöses schmackhaft machen.
- Der Rabe / The Raven. Illustriertes Gedicht nach Edgar Allan Poe. Gaby von Borstel und Peter Eickmeyer. Übersetzung: Carl Theodor Eben. Splitter Verlag. 2024.
- Der Untergang des Hauses Usher und andere fantastische Geschichten. Edgar Allan Poe. Coppenrath. 2024.
Ein Beitrag zur #Todesstadt.
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