Die Redaktion des Bücherstadt Kuriers blickt auf das Jahr 2020 zurück. Über bücherstädtische und literarische Highlights, Gedanken zur aktuellen Situation und private Ereignisse.
Wortklauberin Erika: Ich fand 2020 unter anderem wegen einer Pandemie nicht wenig anstrengend: Einerseits hat es sich unglaublich hingezogen (Wie kann ein Jahr sich anfühlen wie fünf?), zugleich ist die Zeit wahnsinnig schnell vergangen. In der Zeit habe ich meine Liebe für Fanfictions wiederentdeckt und auch darüber hinaus einige wahnsinnig tolle Bücher gelesen.
Ich habe meinen Vorsatz, mehr queere Literatur und mehr Bücher von Nichtweißen und Frauen zu lesen, gehalten: Das Jahr hat begonnen mit Achibies „Americanah“, ging weiter mit Jeanette Wintersons „The Stone Gods“ und geht gerade in die letzte Runde mit einer Wiederlektüre von Ingeborg Bachmanns Gedichtzyklus rund um „Böhmen liegt am Meer“ in einer kritischen Ausgabe von Hans Höller und Arturo Larcati, weil ich diese Gedichte sehr schätze und das Bild von Böhmen am Meer doch sehr toll finde. Für das nächste Jahr habe ich schon eine ganz kleine große Liste an weiteren tollen Büchern von queeren Autor*innen, um meinen Vorsatz weiter fortzusetzen.
Satzhüterin Pia: Ein Jahr, das ich gerne hinter mir lasse. Ehe mich dann die Realität einholt, stelle ich mir gerne vor, dass das nächste Jahr in allen weltlichen Dingen nur besser werden kann. Politik, Pandemie, Klimakrise … Aber auch privat war 2020 ziemlich besonders: Von der Elternzeit zurück an den Arbeitsplatz, ein langersehnter Schritt, der aber doch viel Kraft abverlangte und eine einschneidende Umstellung bedeutete!
Natürlich war auch vieles gut in diesem Jahr, nicht zuletzt, weil meine Liebsten gesund sind, wir nach wie vor sichere Jobs und eine großartige Tagesbetreuung für das Bücherstadt-Baby (naja, Kleinkind) haben. Lesen möchte ich im nächsten noch mehr, aber da war dieses Jahr schon besser als die letzten. Besonders viel Freude hatte ich mit zwei Debüts: Linus Gieses „Ich bin Linus“ und Jasmin Schreibers „Marianengraben“. Im neuen Jahr wird es für mich etwas anders in Bücherstadt weitergehen, weil ich meine geliebte Spielstraße in Hände abgebe, die dafür mehr Kapazität und frische Ideen haben.
Zeilenschwimmerin Ronja: Puh! Das wäre geschafft. Wir sind uns wohl alle einig, dass 2020 nicht direkt das beste Jahr war. Aber es ist auch abseits vom Wort mit C einiges im BK und auch bei mir persönlich passiert. Im Februar hat sich die BK-Redaktion noch in Person getroffen. Und Anfang des Jahres war ich oft für Vorstellungsgespräche unterwegs, quer durch die Republik. Das letzte Gespräch vor dem ersten Lockdown war es dann: neuer Job, neue Stadt, leere Autobahnen beim Umzug. Das war eigentlich ziemlich praktisch. Die Eingewöhnung am neuen Wohnort und an der Arbeit war dagegen etwas schwieriger mit all den Einschränkungen. Bei all dem ist die Bücherstadt jedoch eine sichere Konstante. Zwar habe ich dieses Jahr deutlich weniger selbst geschrieben (auch weniger gelesen), hauptsächlich lektoriert. Aber der Spaß am BK ist geblieben und das ist die Hauptsache. Neben all den netten Menschen im Redaktionsteam.
Geschichtenbewahrerin Michaela: 2020 hat mich bis zum Ende ermüdet. Im Januar war ich mit meiner Familie in Island. Und Island im Winter kann sehr abenteuerlich sein. Das hat Spaß gemacht. Und bis dahin war auch noch alles in Ordnung. Ich befand mich im März auf Guadeloupe, als Frankreich den ersten Lockdown verhängte. Wir hatten uns vorher erkundigt, bis zum Tag des Abflugs war Guadeloupe C-frei. Am dritten Tag wurde alles geschlossen.
Zum Glück waren wir in einem Bungalow und allein dort. So konnten wir uns auf dem Grundstück bewegen und den Pool nutzen. Zeitweise. Denn ganz ungewöhnlich für die Jahreszeit hat es fast nur geregnet. Die Polizei patrouillierte überall, auch am Strand. Sie forderten sogar Schwimmer, die von den in der Bucht liegenden Schiffen kamen, mit Megafon auf das Wasser zu verlassen. Wir waren zum Glück nicht auf die Rückholaktion der Regierung angewiesen, da Guadeloupe zu Frankreich und somit zur EU gehört. Trotzdem war nicht klar, wann wir zurückfliegen konnten. Wir hörten nur Gerüchte, wann welche Flughäfen in Guadeloupe und Paris schließen würden. Wir wollten zum Flughafen fahren, um uns erkundigen. Das war aber nicht erlaubt. Man durfte nur zum Einkaufen, für einen Arztbesuch oder zum Flughafen am Abflugtag unterwegs sein.
Wir sind zwei Tage früher geflogen und erhielten in Guadeloupe noch einen Passierschein für Paris, dass wir dort unterwegs sein durften. Wir mussten in Paris den Flughafen wechseln. Letztendlich kamen wir in Deutschland an und es war absolut surreal. Die Flughäfen in Paris und Frankfurt – leer.
Die Convention meiner Lieblingsserie „Supernatural“ wurde auf 2021 verschoben, die Serie selbst ging nach 15 Jahren zu Ende. Viele Theaterstücke, Ausstellungen und Lesungen, auf die ich mich gefreut haben, fanden nicht statt. Über vieles davon hätte ich gerne im Bücherstadt Kurier geschrieben.
Im Büro befinden sich viele im ständigen Homeoffice. Da wir noch mit viel Papier arbeiten, führt das zu einem ziemlichen Chaos, das es zu bewältigen gilt. Einige Highlights gab es auch. Eines davon war meine Hochzeit. Sie ist sehr klein ausgefallen, aber das ging in Ordnung. Was mir von diesem Jahr bleibt, ist die Angst um unsere Kultur und Kulturschaffenden. Ich spende und unterstütze, wo ich kann, aber ich kann nicht alle retten. Alles in allem hat mich das Jahr sehr ermüdet. Doch die Arbeit für den BK, die intensive Beschäftigung mit Literatur und Kultur mit gleichgesinnten Menschen, hat mir doch sehr viel geholfen und mich aufgebaut. Und das nächste Jahr? Ich zitiere mal aus der Sendung „aspekte“: „Wir müssen alles erwarten – auch das Gute.“
Wortspieler Nico: Das Jahr ist nun endlich rum. Ob das neue Jahr besser wird? Wir werden sehen. Aber was hat 2020 bei mir geprägt? Klar, das Leben mit einer Pandemie, aber wem erzähle ich das. Davon ganz ab haben sich folgende Ereignisse dieses Jahr bei mir positiv eingebrannt: Die Übernahme des Auditoriums als Ressortleitung (die ich allerdings zum Jahreswechsel wieder abgeben werde, um die Spielstraße zu leiten), die Beförderung zum Abteilungsleiter im Berufsleben und meine zweite Elternzeit, inklusive Eingewöhnung bei der Tagesmutter mit meiner Tochter.
Ansonsten sind sämtliche Ereignisse eher etwas verschwommen. Ich bin mir teilweise nicht sicher, ob sie dieses Jahr stattfanden oder sie doch noch ein Jahr länger zurückliegen. Während das Leben wie wir es kennen nicht mehr stattfinden konnte, habe ich mal wieder ein wenig mehr zum Lesen zurückgefunden. Das letzte Buch, das ich abgeschlossen habe, ist „Exodus 2727“ von Thariot.
Da ich aber eher weniger zum Lesen komme, lasse ich mir lieber vorlesen. Hörbücher und -spiele, die ich unter anderem gehört habe: „König der Piraten Episode 1-4“ (ich warte sehnsüchtig auf die nächsten Folgen), „Assassin’s Creed: Gold“, „Der Weihnachtosaurus“. Die meiste Zeit habe ich allerdings beim Spielen von „Planet Zoo“ verbracht.
Worteweberin Annika: Dass 2020 ein ganz … ungewöhnliches Jahr war – geschenkt. Für mich wird es trotzdem immer besonders bleiben, denn im Sommer 2020 kam Bücherstadt-Baby Nr. 3 auf die Welt und hat das Leben von Fabelforscher Christian und mir gehörig auf den Kopf gestellt. Bis dahin hatte ich, nachdem im März meine Masterarbeit fertig war, viel Zeit für den Bücherstadt Kurier. Ich habe viele gute Bücher gelesen, Hörbücher wieder für mich entdeckt und ein paar Monate lang Zeichensetzerin Alexa in der Chefredaktion vertreten. Nach dem gelungenen Special #BKUmwelt im Juni wurde es dann ruhiger für mich. Inzwischen finde ich aber wieder Zeit für Bücher – und für die Bücherstadt. Jahreshighlights waren für mich zum Beispiel Marga Bercks „Sommer in Lesmona“, „Das Evangelium der Aale“ von Patrick Svensson oder das Hörbuch „Die Verlobten des Winters“ von Christelle Dabos. Mal sehen, was 2021 (literarisch) so zu bieten hat.
Zeichensetzerin Alexa: Was für ein chaotisches, anstrengendes Jahr! Dabei hat es so entspannt angefangen: Ich war im Mutterschutz und hatte so viel Zeit wie noch nie – zum Lesen, Spielen, Schreiben, für den Bücherstadt Kurier und den Verein. Dann kam das Bücherstadt-Baby Nr. 2 und für Seitenkünstler Aaron und mich begann eine neue Phase. Fürs Lesen hatte ich keinen Kopf mehr, dafür haben mir Serien und die Switch (vor allem „Animal Crossing“) geholfen, ein wenig abzuschalten.
2021 wird hoffentlich anders. Entspannter. Abwechslungsreicher. In der Bücherstadt freue mich darauf, das Auditorium zu leiten und für das Ressort Hörbücher und Hörspiele zu hören, kleine Specials auf die Beine zu stellen und sonstige Aktionen zu organisieren. Zu viel will ich noch nicht verraten, aber im Sommer soll es wieder ein großes Special geben, im Oktober das Todesstadt Special und im Dezember den #litadvent. Egal, was privat noch auf uns zukommen mag – die Mitarbeit beim Bücherstadt Kurier bleibt wie gewohnt, und das ist sehr beruhigend.
Drei Bücher, die ich dieses Jahr gelesen habe, möchte ich euch an dieser Stelle empfehlen: „Das Wunder der wilden Insel“ (Peter Brown), „Davor und Danach“ (Nicky Singer) und „Nemi und der Hehmann“ (Wieland Freund). Alle drei Bücher thematisieren auf ihre eigene Art und Weise den Umweltschutz. Ein Thema, das nicht an Aktualität verliert.
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Bild: Pexels
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