Ein gewitzter Allroundstümper mit Geschmack

von | 06.10.2023 | Belletristik, Buchpranger

Mit „Kerl aus Koks“ hat Michael Brandner einen Roman geschrieben, in den biografische Bestandteile eingeflossen sind. Seit seiner Paraderolle in der Serie „Hubert und/ohne Staller“ ist Seitentänzerin Michelle-Denise begeistert von Brandners schauspielerischer Leistung und genoss sein Debüt als Autor.

1951 geboren in Bayern, wächst Paul Brenner zunächst bei seinen liebevollen Großeltern auf, die ihm eine sorglose Kindheit bescheren. Als ihn seine Mutter wenige Jahre später zu sich mit nach Dortmund nimmt und aus seinem gewohnten Umfeld reißt, lernt er das raue Leben im Pott kennen. Von der Mutter nur als nichtsnutziger Ballast aus einer vorherigen Beziehung angesehen, erfährt er umso mehr Liebe von seinem Stiefvater, der ihn stets als seinen eigenen Sohn wahrnimmt. Über die Jahre hinweg führt Brenner ein bewegtes Leben. Von der Zeit bei der Bundeswehr, über eine Ausbildung als Schreiner bis hin zu Engagements als Schauspieler und Sänger ist es ein langer Weg. Mit Hilfe kleiner Notlügen und enger Freunde schafft er es jedoch, sich immer wieder aus der Patsche zu helfen.

(Über-)Lebenskünstler

Michael Brandner bezeichnet den Protagnisten Paul Brenner als seine bessere Hälfte, die ihn schon sein ganzes Leben begleitet. Er ist gewissermaßen sein Alter Ego, der sich etwas traut. Der wilder ist als er und Dinge, bei denen Brandner selbst auf der Hut gewesen wäre, nicht nur erlebt, sondern auch auslebt. Und Brenner erlebt so einiges. Ob in der Hausbesetzerszene oder im Drogenviertel in Amsterdam – Paul ist eine rastlose Seele, die kein Wohnort und keine Frau lange halten kann. Mit seiner frechen Art und der ein oder anderen Notlüge schafft er es stets, seine Träume und Ziele zu erreichen, wenn auch auf Umwegen. Selbst seine anhaltende Angst vor einer eigenen Vaterschaft wandelt sich letztendlich und lässt ihn Frieden mit seiner Vergangenheit schließen. Brenners Lebensgeschichte habe ich gespannt bis zur letzten Seite verfolgt. Es war eine Leichtigkeit, mit ihm in seine Gefühlswelt einzutauchen.

Hauptsache die Frisur sitzt

Brandner hat seinen Roman in fünf Abschnitte aufgeteilt, die er wie in einer Serie nach Staffeln mit eigenen Folgen benennt. Diese Einteilung ist sehr passend, denn das Leben seines Protagonisten nimmt so viele ungeahnte Wendungen, wie sie nur im Film, oder wie hier, im Buche stehen können. Brenner ist ein Chamäleon oder wie er es sagt „ein Allroundstümper mit Geschmack“, der sich mit jeder Hürde, die sich ihm bietet, auseinandersetzt. Pfiffig und frech. Und der dabei dennoch stets größten Wert auf sein Äußeres legt.

Ich kam jedoch nicht umhin, mich bei der Lektüre des Öfteren zu fragen, welche Momente der Autor wohl nicht nur durch seinen Protagonisten, sondern auch am eigenen Leibe erlebt haben mag. So würde mich zum Beispiel immer noch interessieren, ob es Brandner selbst geschafft hat, viele Monate seines Dienstes bei der Bundeswehr unentdeckt mit Kurzhaarperücke zu überstehen, da er zu eitel war, um sich von seiner langen Haarpracht zu trennen.

„Kerl aus Koks“ ist ein unterhaltsamer Roman mit biografischen Details. Das Buch hält, was das Cover verspricht – einen niedlichen Jungen mit verschmitztem Grinsen, den man nur gern haben kann. Egal wie alt er ist.

Kerl aus Koks. Michael Brandner. List. 2022.

Michelle-Denise Oerding

Michelle-Denise Oerding

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