Ein junges Mädchen stellt sich gegen den gefährlichsten Piraten des Eismeers – in „Siri und die Eismeerpiraten“ erzählt die Schwedin Frida Nilsson von einem spannenden Abenteuer und großem Mut. Worteweberin Annika hat auf dem Piratenschiff angeheuert.
Vor dem Einschlafen erzählt Siri ihrer kleinen Schwester Miki manchmal die Geschichte des gefährlichen Piraten Weißhaupt, der mit seiner Mannschaft Kinder entführt, um sie in einer Mine arbeiten zu lassen. Das klingt im heimischen Bett schön gruselig, doch Weißhaupt gibt es tatsächlich. Eines Tages taucht sein Schiff bei der Insel Eisenapfel auf, wo Siri und Miki alleine Beeren sammeln. Kurz lässt Siri ihre kleine Schwester aus den Augen und schon ist es geschehen: Miki wurde entführt! Bevor Siris Vater, der schon sehr alt ist, sich durch eine Rettungsaktion ins Verderben stürzen könnte, bricht Siri in der nächsten Nacht klammheimlich auf, um Weißhaupts Insel zu finden und die Entführte zu befreien. Eine spannende Reise durch das Eismeer nimmt ihren Lauf.
Mut beweisen
Dass sich ein Kind dem gefürchteten Piraten entgegenstellen will, kann kaum jemand glauben, dem Siri unterwegs begegnet. Nicht mal ein Erwachsener würde sich das zutrauen, denken sie. Doch Siri gibt nicht auf, auch wenn sie manchmal an ihre Grenzen gerät und auf Hilfe angewiesen ist. Im Koch Fredrik findet sie einen Freund, der ebenfalls allen Grund hat, Weißhaupt entgegenzutreten, nur alleine hätte er sich das nie getraut. Er gibt Siri Halt und Hoffnung, auch wenn er ihr nicht immer zur Seite stehen kann. Gleichzeitig motiviert Siri ihn dazu, endlich zu handeln.
Siri beweist auf ihrer Fahrt klare Prinzipien, indem sie sich am Leitsatz ihres Vaters orientiert:
„… die Dinge, die man tut, hinterlassen Spuren. Die guten Dinge hinterlassen gute Spuren … und die schlimmen Dinge hinterlassen schlimme Spuren.“ (S. 28)
Schlecht, das weiß Siri, ist es zum Beispiel, die Natur auszubeuten, Tiere unnötig zu quälen oder zu Dienern zu machen. Und ob man für Geld Menschen oder Wölfe jagt, das macht nur für Menschen einen Unterschied, eigentlich ist beides gleich schlecht. Mit Aussagen wie diesen beweist Siri eine Hellsicht, die heute viele Erwachsene noch nicht haben. Damit wird im Roman eine große Aussage über das richtige Verhalten in unserer Welt getroffen, die sich ganz natürlich und gar nicht belehrend anfühlt. Das liegt auch daran, dass Siri ihre Geschichte selbst erzählt, nach vielen Jahren rückblickend auf die Geschehnisse auf dem Eismeer. Und natürlich wird Siri durch ihre Einstellungen und ihr Verhalten als ein sehr starkes Mädchen charakterisiert, stärker als manche Jungen – und Männer –, denen sie über den Weg läuft.
Meerjungfrauen und Eiswölfe
Siris Eismeerwelt ist eine skandinavisch geprägte Inselwelt mit einigen fantastischen Merkmalen. Hier leben nämlich riesige Eiswölfe und sogar Meerjungfrauen, auch wenn die meisten Menschen nicht daran glauben wollen. Bei Siri zuhause aber hängt einer Meerjungfrauenschuppe an der Wand und so erstaunt es sie nicht, als sie schließlich einem kleinen, schuppigen Wesen begegnet. Zum Glück handelt es sich bei den Meerjungfrauen aber nicht um rosaglitzernde schlanke Frauen, sondern um walrossartige dicke Wesen mit Fellschuppen. Mal etwas Neues!
„Siri und die Eismeerpiraten“ beruht auf den Radio-Adventskalender „Siri och ishavspiraterna“, den Frida Nilsson 2012 für Sveriges Radio verfasste. Auch heute kann man den Kalender noch online anhören, aber leider geht das nur auf Schwedisch. Aus der im Adventskalender entwickelten Geschichte machte die Autorin 2015 den Roman „Ishavspiraterna“ – in der deutschen Übersetzung „Siri und die Eismeerpiraten“. Im Dezember 2017 wurde der Roman mit dem Luchs von Radio Bremen und der Zeit ausgezeichnet, einem Preis für Kinder- und Jugendliteratur. 2018 folgte die Auszeichnung mit dem Leipziger Lesekompass mit der Jurybegründung: „Endlich mal wieder eine hinreißend erzählte Abenteuergeschichte mit einem starken Mädchen!“ Wohl wahr, kann man da nur sagen.
Siri und die Eismeerpiraten. Frida Nilsson. Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger. Mit Bildern von Torben Kuhlmann. Gerstenberg. 2017.
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