Im Kröner Verlag ist kürzlich ein kleines Büchlein erschienen: „Das Wanderkind“ von Aude. Es gibt Einblicke in das Leben eines Zwillingspaars, das sehr unterschiedlich ist und doch unzertrennlich miteinander verbunden. – Von Zeichensetzerin Alexa
Bis zur Geburt glaubt Corinne, dass sie einen der Zwillinge in ihrem Bauch tot zur Welt bringen wird. Aber es kommt anders, und nicht nur sie, auch die Ärzte sind überrascht. Da ist plötzlich ein zweites Baby, es ist schwächer und kleiner als sein Bruder, aber es lebt. Es ist nicht klar, ob es wirklich überlebt, aber neben dem anderen Zwilling liegend kommt es immer mehr zu Kräften. Hans, der größere und stärkere der beiden, und der kleinere, schwächere, von allen nur „der Kleine“ genannt, sind fortan unzertrennlich.
Der Kleine bleibt auch Jahre später noch klein und zerbrechlich. Er redet nicht viel, aber Hans versteht ihn trotzdem. Obwohl sie gleich alt sind, fühlt sich Hans für ihn verantwortlich wie für einen kleinen Bruder. Er setzt sich für ihn ein, beschützt ihn, spricht für ihn. Erst im jugendlichen Alter beginnen sich die beiden voneinander zu lösen, ohne sich jedoch jemals aus den Augen zu verlieren.
„Das Wanderkind“ ist ein kurzweiliges Buch über eine besondere menschliche Beziehung. Ich hätte mir mehr Zeit gewünscht, um diese Bindung in ihrer Tiefe begreifen zu können. Die Geschichte ist kurz und beinhaltet große Zeitsprünge, das Buch ist deshalb schnell beendet. Bei einem Thema wie Beziehung und Bindung hätte ich eine blumigere Sprache erwartet, stattdessen ist Audes Stil nüchtern-sachlich. Zeitweise liest sich der Text daher holprig-brüchig und eher dokumentarisch als erzählerisch.
Auch wenn mich das Buch nicht gänzlich packen und berühren konnte, ist „Das Wanderkind“ lesenswert. Es reißt Themen an, die zum Nachdenken anregen und im Gedächtnis bleiben.
Das Wanderkind. Aude (Claudette Charbonneau). Aus dem kanadischen Französisch von Ina Böhme. Kröner. 2021.
0 Kommentare