*Klick* Foto © G. Engelmann gabriella-engelmann.deMeine Helden sind immer eine Mischung aus mir selbst und dem, was ich in meiner Umgebung beobachte.
Gleich mal eine neugierige Frage vorab:
Mit welchem Getränk kann man Dir größere Freude bereiten? Kaffee oder Tee? Lieber gemütliches Straßencafé oder doch eher würzig-duftendes Teehaus?
Da gibt es für mich kein entweder – oder, sondern ein klares sowohl – als auch! Nur morgens im Bett muss es ein großes Glas mit einem „Gabriella-Spezial“-Kaffee sein. Der besteht aus Classico Arabica-Espresso, Milch, Wasser und ayurvedischem Zucker. Später geht es mit grünem Tee weiter. Auch bezüglich der Locations habe ich keine besonderen Vorlieben, weil ich beides mag. Unschlagbar allerdings: Das Café Paris in Hamburg. Für mich der tollste Ort überhaupt!
Stell Dich doch bitte kurz den Lesern vor. Wer ist Gabriella Engelmann?
Gabriella Engelmann ist eine lebenslustige Person, die seit sie denken kann, Bücher liebt. Nach dem Selberlesen kam irgendwann das Selberschreiben und damit all die Auf und Abs, die mit diesem Beruf verbunden sind.
Wie bist Du zum Schreiben gekommen und seit wann schreibst Du? Wer oder was beeinflusste Dich in der Wahl deines Berufes als Autorin? Übst Du nebenher noch einen weiteren Beruf aus und wenn ja, welchen?
Ich schreibe seit mittlerweile acht Jahren als sogenannte „Freie Autorin“. Schuld daran war ein Traum: Ich saß vor einem Computer und schrieb ein Buch. Am nächsten Morgen dachte ich: „Gabriella, du bist irre!“ Eine Woche später standen die ersten zwanzig Seiten meines Debüts ‚Die Promijägerin‘. Nach der Veröffentlichung des zweiten Romans habe ich meinen Verlagsjob gekündigt und den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Neben dem eigenen Schreiben betreue ich eine kleine, feine Anzahl von Autoren als Literaturscout.
Der Weg ist das Ziel: Von einer Idee zum fertigen Manuskript: Wie sieht dein Schreib-Alltag aus bzw. wie gestaltest du das Schreiben? Skizzen und Notizen samt Post-it-Sammlung oder alles ordentlich mit System am PC? Hast Du eventuell auch schon Erfahrung mit Schreibblockaden machen müssen?
Ich arbeite mit einem Mix aus Systematik, Disziplin, Struktur – und Chaos. 😉 Es gibt Konzepte im PC, die ich dann vergesse und tatsächlich Unmengen von Notizen auf allem, was ich gerade zur Hand habe, wenn mir eine Idee kommt. Das alles muss natürlich irgendwann sortiert und in Form gebracht werden. Erfahrungsgemäß erst, wenn das Buch abgegeben ist – und ich dann sehe, was ich alles notiert und verbaselt habe. 😉
Folgst Du bestimmten Ritualen im Schreib-Alltag? (Z.B. eine Lieblingstasse, die immer neben dem PC stehen muss, etc.)
Es gibt zwei Faktoren, die wichtig sind, damit ich gut schreiben kann: Das sind mein Schreibtisch mitsamt Laptop – und absolute Ruhe! Dann wird das Telefon ausgeschaltet und ich gehe mitsamt Tee oder Kaffee auf Tauchstation.
Wie entstehen die Protagonisten Deines Buches? Sind Deine Figuren immer rein fiktiv oder haben sie auch ab und an mit realen Personen in Deinem Leben zu tun?
Meine Helden sind immer eine Mischung aus mir selbst und dem, was ich in meiner Umgebung beobachte. Das können Menschen im Supermarkt sein, aber auch Figuren aus Filmen, anderen Büchern, kleine Geschichten, die ich in der Presse finde, oder Begegnungen auf der Straße.
Was bereitet Dir mehr Schwierigkeiten? Der Anfang oder das Ende Deines Buches?
Definitiv der Anfang! Und damit meine ich den tatsächlichen Anfang, also das Exposé. Ich bin eine intuitive Schreiberin, keine Strategin. Ich brauche leider immer sehr lange, um mich „warm zu schreiben“, aber irgendwann bricht der Damm und es „flutscht“. Danach wende ich meist viel Zeit darauf, die Schwächen der ersten Seiten zu korrigieren oder Figurenprofile anzupassen. Im Laufe der Geschichte verändern meine Helden nämlich ihren Charakter und das sollte dann schon alles am Ende hinhauen. 😉
Welchen Einfluss hast Du als Autorin auf den Buchtitel und auf die Covergestaltung Deines Buches?
Laut Vertrag gar keinen. Da ich mit meinen Verlagen aber auf sehr vertrauensvoller Basis zusammenarbeite, sind alle darum bemüht eine Version zu finden, die uns allen gefällt. Das musste ich mir allerdings erst erarbeiten, meine beiden ersten Bücher waren in dieser Hinsicht ein Totalausfall!
Welches Buch hat einen nachhaltigen Eindruck bei Dir hinterlassen und ist aus Deinem Bücherregal nicht mehr wegzudenken?
Da gibt es so einige… ‚Licht‘ von Christoph Meckel gehört dazu, ‚Schlafes Bruder‘, ‚Nachtzug nach Lissabon‘, aber auch Romane wie ‚Eat, pray, love‘ oder ‚Der Duft von Apfelkernen‘. Ach was, ich höre lieber auf, es gibt so viele wundervolle Bücher!
Wenn Du in Dein eigenes Bücherregal schaust – welches Genre ist hier am meisten vertreten?
Das Genre „Querbeet“. Ich kann anhand der Buchtitel gut ablesen, in welchen Phasen und Stimmungen in mich befinde, bzw. befunden habe. Da steht wirklich „schwere, literarische Kost“ neben Sachbuch, Bildbänden über die Provence oder Kinderbuch. Da ich früher Bilderbücher gesammelt habe, gibt’s da auch einiges zu bestaunen. Ex-Buchhändlerin und Buch-Junkie halt. 😉
Mit welcher literarischen Figur würdest Du gern mal einen Tag verbringen?
Mit Scarlett O´Hara von Margret Mitchell. Ich wüsste immer noch gern, ob es mit Rhett Butler geklappt hat. 😉
Buchmessen und Lesungen, vor allem LiveStream-Lesungen werden immer beliebter. Auf welcher Buchmesse werden wir Dich als Nächstes treffen können? Führst Du gerne Öffentlichkeitsarbeit/Lesungen oder ist das Lampenfieber groß?
Als nächstes steht auf alle Fälle die Frankfurter Buchmesse auf dem Programm, wo es vermutlich eine kleine Talk-Runde zum Thema Märchen geben wird. Und natürlich eine Signierstunde. Generell habe ich ziemliche Angst vor Lesungen und finde auch nicht, dass sie zu meinen Stärken gehören. Am Kontakt mit meinen Lesern und anderen „Buchmenschen“ habe ich hingegen riesige Freude. Ich werde übrigens auch gern interviewt. Der Talk bei den ‚Glimmerfeen‘ oder der Auftritt im Fernsehen bei ‚Hamburg 1‘ haben mir großen Spaß gemacht – Und dieses Interview auch! Ich bin halt eine echte Quatschtante. 😉
Da ich selbst blogge, interessiert mich dies besonders: Dank der Social Networks ist der Kontakt zwischen Autorin und deren Fans viel intensiver geworden. Fluch oder Segen? Wie stehst Du persönlich dazu?
Was für eine schwere Frage! Sagen wir es mal so: Hätte mein Tag 48 Stunden und würde dieser Kontakt mich nicht vom Schreiben ablenken, könnte das durchaus gern mehr sein. Leider bin ich aber so gepolt, dass ich fast jede persönliche Information aufsauge wie ein Schwamm und dann mit mir herumtrage. Wenn ich also auf Faceboook lese, dass jemand krank ist oder es ihm nicht gut geht, würde ich gern helfen. Oder zumindest eine nette Karte schicken. Bislang habe ich mir die Zeit auch immer genommen, aber sie fehlt mir natürlich beim Schreiben. Seit ich mich auf FB angemeldet habe, hat meine Arbeitswoche ungefähr zehn Stunden mehr. Allerdings macht mir der Kontakt so viel Spaß, dass ich es mir auch nicht anders vorstellen könnte. Mal sehen, wie ich das in Zukunft handhabe.
Du schreibst ja zum einen Frauenromane, zum anderen aber auch Jugendromane, wie die allseits sehr beliebten modernen Märchenbücher. Fällt es dir leicht, dich wieder auf das jeweils aktuelle Genre umzustellen? Du hast ja gerade vor kurzem erst einen weiteren Jugend-Märchenroman abgeschlossen und arbeitest nun wieder an einem neuen Frauenroman. Ist die Umstellung nicht sehr schwierig?
Eigentlich nicht. Die Lebenswelten der Figuren sind zwar unterschiedlich, aber die Emotionen bleiben weitestgehend dieselben. Die Unsicherheit einer Heldin um die vierzig äußert sich zwar anders als die eines Teenies, aber das Gefühl ist und bleibt dasselbe: es ist einfach nervig! 😉
Eine Frage, die auch mich sehr interessiert: Welches Märchen hat dir selbst in Deiner Kindheit am besten gefallen? Und welcher Märchen-Bösewicht jagte Dir den größten Schrecken ein?
Ich mochte eigentlich nur das romantische ‚Dornrösschen‘. Alle anderen haben mir ausnahmslos Angst gemacht und viele schlaflose Nächte bereitet.
Hättest Du während des Schreibens von ‚Weiß wie Schnee, Rot wie Blut, Grün vor Neid‘ je mit einem solchen Erfolg der modernen Märchen gerechnet?
Nein, ganz bestimmt nicht! Die Idee zu den modernen Märchen stammte ja vom Arena-Verlag und ich habe sie für mich anfangs als kleines „Experiment“ betrachtet. Schließlich waren ja auch nur zwei Titel geplant. Und um ehrlich zu sein: Der Start war alles andere als erfolgreich. Jetzt bin ich immer noch überrascht von der tollen Resonanz – und vom Grimms Jubiläum, das einfach so ungeplant dazwischen kam. Das ist aber auch das tolle an diesem Beruf: Man weiß nie, was passiert. 😉
Gabriella Engelmann steht für wunderschöne Sylt-Romane und für moderne Märchen – Rebecca Fischer schreibt herzerwärmende Liebesromane. In welchem Genre fühlst Du Dich selbst am wohlsten? Oder ist gerade die Abwechslung das Erfrischende am Schreiben?
Ich selbst sehe gar keinen so großen Unterschied zwischen all diesen Büchern. Das Setting ist jedes Mal ein anderes. Aber es geht in allen Büchern um Freundschaft, Liebe, Beruf und die persönliche Weiterentwicklung der Figuren. Und eine Prise Humor oder Albernheit gibt es in allen.
Du warst zuvor als Buchhändlerin, als Lektorin und sogar als Verlagsleiterin tätig. Welcher berufliche Bereich hat dir am meisten Erfahrung für Deinen schriftstellerischen Weg mitgegeben?
Ich würde sagen alles zu gleichen Teilen. In allen Positionen hatte ich eine wunderbare Sicht darauf, was Leser mögen – und was nicht. Allerdings weiß ich durch meine Verlagstätigkeit Entscheidungen von Verlagen besser einzuschätzen als manche Kollegen das können, die mich deshalb auch immer mal wieder um Rat fragen, denn einfach ist diese Branche nicht!
Am 1. August 2012 erscheint Dein fünftes und auch letztes modernes Märchen beim Arena Verlag: ‚Goldmarie auf Wolke 7‘ – eine moderne Fassung der allseits bekannten ‚Frau Holle‘. Wieso ist Deine Wahl gerade auf das Märchen Frau Holle gefallen?
Ich habe lange überlegt, welches Märchen ich zuletzt wählen sollte. Ursprünglich hatte ich die Idee, Rapunzel zu nehmen und in einem ähnlichen Setting wie ‚Schneewittchen‘ anzusiedeln. Das hätte den Vorteil gehabt, dass man die von meinen Lesern heiß geliebten sieben Zwerge verstärkt hätte „auftreten“ lassen können. Doch dann bin ich eines Tages per Zufall über ein Buch zum Thema „Raunächte“ gestolpert, das mich sofort in seinen Bann gezogen hat. So kam mir die Idee, als Abschluss der Reihe ein magisches Wintermärchen zu schreiben. Und welche Figur verbindet man am meisten mit „Winter“ und „Schnee“? Frau Holle natürlich. 😉
Anfangs habe ich mich beim Schreiben ein bisschen schwer getan, da die Geschichte der verfeindeten Stiefschwestern Goldmarie und Pechmarie im Grimm-Märchen nahezu identisch erzählt wird, was mir persönlich zu langweilig erschien. Es dauerte eine Weile, bis ich die Erzählform gefunden hatte, von der ich glaube, dass sie passt und spannend ist. Die magische Parallelebene um Frau Holle alias Feenkönigin Nives Hulda zu schreiben, hat mir allerdings noch größeren Spaß gemacht. Seit ‚Küss den Wolf‘ habe ich plötzlich ein Faible für Magie entdeckt, das mir bislang völlig fremd war. Und so konnte ich mich hier richtig austoben und zu meiner eigenen Überraschung sogar einen Dämonen einführen…
Was für ein Gefühl war es beim Schreiben zu wissen, dass dieses Buch das letzte von insgesamt fünf modernen Märchen sein wird?
Ein ganz, ganz komisches. Zum einen war ich bislang noch nie in der Situation eine ganze Reihe zu Papier gebracht zu haben, auch wenn das Ganze von vornherein gar nicht als solche geplant war. Zum anderen habe ich noch eine so lange Zeit an einem Stück an derselben Thematik gearbeitet. Zweieinhalb Jahre „nur“ Märchen, das war schon ein bisschen surreal, aber zugleich eine Zeit, die ich keinesfalls missen möchte. Ich brauchte eine Weile, um mich in diese Welten einzufinden, zu wissen was mögen die Leser, was nicht. Ein Gespür dafür zu entwickeln, wie viel Interpretationsspielraum ich habe, bzw. mir nehmen kann.
Darüber hinaus hat mich diese Arbeit wieder zurück in meine Kindheit geführt und mich an Situationen oder Gefühle erinnert, die längst irgendwo „verbuddelt“ waren. Gerade diese psychologische Auseinandersetzung mit den familiären Themen, die in allen fünf Märchen eine starke Rolle spielen, hat mich zuweilen an meine Grenzen gebracht, auch wenn ich eine schöne Kindheit hatte. So flossen beim Schreiben immer mal wieder Tränen und ich fragte mich verwundert: Huch? Wieso denn gerade bei dieser Szene? Nun bin ich ein bisschen melancholisch, weil viele Leser schon fragen: „Wird es wirklich das letzte Märchen sein?“ und ich würde am liebsten sagen „Nein, natürlich nicht.“ Aber ich muss auch an die Leser denken, die viel zu lange auf ein „Erwachsenenbuch“ von mir warten mussten und nun auch zu ihrem Recht kommen sollen. Und ob es so klug ist, zwei Jahre später noch mal mit einem Märchen „um die Ecke“ zu kommen? Wohl eher nicht. Man soll die Party ja bekanntlich verlassen, wenn´s am schönsten ist. 😉
Woran arbeitest Du gerade? Auf was dürfen wir uns als nächstes freuen? Kannst und magst Du den Lesern schon etwas vorab verraten?
Momentan schreibe ich an einer Fortsetzung meines Sylt-Romans ‚Inselzauber‘ und danach wird es einen weiteren Roman für Erwachsene geben. Das Jugendbuch muss also leider eine Weile pausieren…
Was machst Du, wenn Du gerade nicht hinter dem Schreibtisch sitzt?
Mit Freunden treffen, in der Wanne liegen, tanzen, kochen, ins Kino gehen, auf der Terrasse herumwerkeln, lange schlafen, lesen, in eine Ausstellung gehen…
Was ist das Verrückteste oder Lustigste, was Du je erlebt hast?
Ehrlich gesagt mein Beruf. Der hält mich auf Trab – und in Atem!
Wer oder was macht Dich besonders glücklich?
Wenn es den Menschen, die mir am Herzen liegen, gutgeht.
… und was stimmt Dich eher nachdenklich?
Nachrichten. Ich finde wir leben in einer ganz, ganz merkwürdigen Zeit des Umbruchs, die ich als anstrengend und streckenweise beängstigend empfinde. Ich versuche allerdings so viele gute Gedanken (und wenn möglich auch Taten) dagegen zu setzen.
Verrätst Du uns Dein ganz persönliches Rezept für gute Laune?
Ich habe da ein Ritual, das mir seit Jahren hilft, halbwegs in emotionaler Balance zu bleiben: Ich erinnere mich abends kurz vor dem Einschlafen an alles, was mir am Tag Schönes widerfahren ist, egal wie „klein“ oder „groß“. Morgens beim Kaffeetrinken im Bett sage ich mir dann vor, worauf ich mich an dem vor mir liegenden Tag freue. Funktioniert nicht immer, aber meistens. 😉
Und nun noch etwas Kreatives zum Schluss:
Wenn Du ein Buch wärst, welches wärst du und warum?
Ich wäre gern das „Tagebuch der Wunschfee“. Dann könnten mir alle, die es gern möchten, ihre Geheimnisse, Wünsche, Sehnsüchte und Träume anvertrauen. Und ich hätte als Fee die Möglichkeit, all diese Wünsche zu erfüllen. P.S: Falls jemand nach diesem Titel sucht; Er entspringt ganz allein meiner Fantasie…
Welche Frage hast Du Dir in einem Interview schon immer mal gewünscht und wie würde Deine Antwort darauf lauten?
Was würden Sie der Welt für 2013 wünschen? Meine Antwort darauf lautet: Ein bisschen mehr Frieden, Wärme, Miteinander, Toleranz und Glaube an das Gute!
Ein Interview aus dem Bücherkaffee © Alexandra, 27. Juli 2012
Vielen Dank für deinen Besuch, Gabriella! 🙂