Gegen das Vergessen: Adressat unbekannt

von | 29.01.2015 | Belletristik, Buchpranger

„Adressat unbekannt“ ist erstmals 1938 im New Yorker Story Magazine erschienen. Damals waren die Leser so begeistert, dass die gesamte Auflage innerhalb von zehn Tagen ausverkauft war. Ein Jahr später wurden die fiktiven Briefe eines Deutschen und eines amerikanischen Juden als Buch veröffentlicht – ein voller Erfolg. – Von Zeichensetzerin Alexa

2012 ist das Buch schließlich auch in Deutschland erschienen. Auch heute noch beweist es die Wichtigkeit und Aktualität dieses Themas. Man braucht sich nur die aktuellen Presseberichte anzusehen, um zu verstehen, dass Themen wie Ausländer- oder Religionsfeindlichkeit kein Schnee von gestern sind, dass Fehler sich wiederholen können, wenn wir das, was geschehen ist, verdrängen.

„Ich würde wieder mehr Vertrauen in dieses Land haben, wenn ich dieses Buch in den nächsten Monaten und Jahren aus vielen Jackentaschen ragen sähe. Ich träume von einer morgendlichen vollen U-Bahn in Berlin, in der Hunderte von Menschen Kressmann Taylor lesen, aufsehen und sich mit Blicken gegenseitig versichern: nie wieder!“, schreibt Elke Heidenreich in einem sehr emotionalen Nachwort, das die Wichtigkeit der Thematik dieses Buches nur noch verstärkt.

Die Botschaft, die aus den Briefen herauszulesen ist, ist an jeden von uns gerichtet: Es sieht aus wie eine ewige Freundschaft, man liest ehrliche Gefühle aus den Briefen der Freunde heraus. Nur ganz langsam verändert sich der Schreibstil des Deutschen und schafft eine bedrückende Stimmung. Man liest die geschriebenen Zeilen und ist fassungslos. Die Worte sind so klar und präzise gewählt, dass sie einen treffen. Konnte das ein Freund geschrieben haben? Ist man so schnell und so einfach zu beeinflussen? Hat der Freund denn alles vergessen?

Die Autorin schafft es, auf nur wenigen Seiten alles zu sagen, was gesagt werden muss, und dabei auch noch Emotionen zu wecken. „Adressat unbekannt“ ist große Literatur, die es wert ist gelesen und besprochen zu werden. Ein Meisterwerk!

Adressat unbekannt. Kathrine Kressmann Taylor. Übersetzung: Dorothee Böhm. Hoffmann und Campe. 2012.

 

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

7 Kommentare

  1. Avatar

    Ein Werk was ich nie vergessen werde – lebenslang hat es sich in meine Leselebensseele gebrannt.

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    • Bücherstadt Kurier

      Es hat mich auch sehr bewegt und sich – du hast es schön ausgedrückt – in meine „Leselebensseele gebrannt“. (Alexa)

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  2. Avatar

    Liebe Alexa,
    Ich war vorhin schon begeistert, dass Du es gelesen hast und es dich so ähnlich wie mich berührt hat. Eine Lektüre, die ich immer mal wieder aus dem Regal nehmen und noch so manches Mal verschenken werde.
    Danke auch fürs verlinken 🙂
    Liebe Grüße,
    Chris

    -der Literaturpirat-

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  3. Avatar

    Schön, wie das Buch seine Kreise zieht, auch wenn ich denke, dass diese Bücher nie von denen gelesen werden, die sie eigentlich lesen sollten. Auch mir hat es gefallen, gerade wenn man das Erscheinungsdatum bedenkt. Wer mag, siehe auch:

    LG, Anna

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