Glückliche Familien müssen keinem Schema entsprechen

von | 22.12.2020 | #litadvent, Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher, Specials

Familie. Ein kleines Wort mit großer emotionaler Bedeutung. Es gibt nicht die eine Familie, denn jede ist anders. Bücherstädterin Michelle-Denise findet, dass das klassische Familienbild von Vater-Mutter-Kind längst überholt ist. Zeit für ein modernes Kinderbuch wie „Das Wunder von R.“ von Francesca Cavallo, das mit veralteten Rollenbildern aufräumt.

Familien in Kinderliteratur und Realität

In der Kinderliteratur werden häufig Geschichten mit einer klassischen glücklichen Familie, die aus Vater, Mutter und einem oder mehreren leiblichen Kindern besteht, erzählt. Wenn von alleinerziehenden Eltern oder Stiefeltern und Stiefgeschwistern die Rede ist, werden diese meist als arm, überfordert oder einfach nur als bösartig beschrieben. Kann man sich also nur als glückliche Familie bezeichnen, wenn man dem traditionellen Bild entspricht?

Definitiv nicht. Mal haben die Kinder nur eine Mutter oder nur einen Vater. Andere haben Stiefeltern oder gar keine Eltern. Es gibt Kinder mit zwei Müttern oder zwei Vätern und Adoptiv- oder Stiefgeschwistern.

Diversität, Toleranz, Respekt, Mut und Neugier

„Das Wunder von R.“ erzählt die Geschichte der Familie Greco-Aiden, die aus zwei Müttern sowie drei Kindern besteht und auf Grund dieser als illegal bezeichneten Familienkonstellation, das Land verlassen muss. Sie kommen kurz vor Heiligabend im Ort R. an und erhoffen sich einen Neustart. Jedoch müssen sie bereits bei ihrer Ankunft feststellen, dass die Bewohner des Ortes ihnen mit Skepsis und Ignoranz entgegentreten.

Das Buch befasst sich mit Diversität, Toleranz, Respekt und dem Mut, sich den alten Regeln zu widersetzen und richtet sich an Kinder im Alter von 8 bis 10 Jahren. Sie sollen durch die Geschichte animiert werden, ihre Neugier nicht durch andere Menschen zu unterdrücken, und darin gestärkt werden, ihre eigene Persönlichkeit frei und ohne Scheu zu entfalten.

Es handelt sich hierbei um ein weihnachtliches Buch, welches sich nicht nur zum Vorlesen eignet, sondern durch die größere Schriftart auch problemlos von Kindern selbst gelesen werden kann. In unaufdringlicher Weise vermittelt das Werk die Kernbotschaften durch die Rahmenbedingungen der Handlungen. Jede Familie im Ort R., egal in welche Konstellation sie haben mag, möchte ein glückliches Weihnachtsfest miteinander verbringen. Die Kinder der Greco-Aidens erleben dabei innerhalb des Buches ein aufregendes Abenteuer, welches, wie es sich zur besinnlichen Zeit des Jahres gehört, mit einer Prise Wunder gespickt ist.

Stärkung der Kinder

Francesca Cavallo hat mit „Das Wunder von R.“ ein Kinderbuch geschrieben, das sie sich selbst als Kind gewünscht hätte. Bereits in jungen Jahren hat die Autorin gespürt, dass sie eine gleichgeschlechtliche Beziehung führen möchte und ihre zukünftige Familie nicht den traditionellen Vorstellungen entsprechen würde. Durch ein Buch wie dieses, hätte sie sich verstanden und akzeptiert gefühlt.

Ich glaube, dass ihr Werk nicht nur Kinder stärkt und inspiriert, sondern auch allgemein einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft im Umgang und der Akzeptanz anderer Menschen ausüben kann. Es war längst Zeit, dass ein Kinderbuch wie dieses geschrieben wurde! Es war mir wirklich eine Freude dieses kurzweilige Kinderbuch zu lesen und ich empfehle es gerne weiter.

Besonders hervorzuheben ist zudem die schöne Haptik des Hardcovers durch die abgebildeten Schneeflocken, dem Fenster in der Häuserfassade sowie der Schrift, welche tastbar sind.

Das Wunder von R. Francesca Cavallo. Übersetzung: Daniela Papenberg. Illustration: Verena Wugeditsch. Mentor Verlag. 2020.

[tds_note]Ein Beitrag zum Special #litadvent. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]
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