Trennung, Scheidung, Ende Gelände – Liv steht mit Mitte 40 plötzlich wieder allein da und trifft das erste Mal in ihrem Leben eine mutige Entscheidung: Sie zieht von London ins verregnete Dörfchen Yorkshire. Alexandra Potters „Lieber mit dem Kopf durch die Wand als gar kein Durchblick“ hat Satzhüterin Pia angenehm kurzweilige Lesestunden beschert. Schon wieder.
Der obligatorische Tapetenwechsel nach der Scheidung einer zehnjährigen Ehe fällt bei Liv etwas radikaler aus als ursprünglich geplant: Zwar wollte sie weg aus London und zurück zu den Wurzeln der Familie nach Yorkshire ziehen, aber eigentlich in eine schicke und überschaubare Wohnung. Stattdessen entscheidet sie sich dazu, eine kleine Bruchbude wieder herzurichten – ganz ähnlich kaputt, wie ihr das eigene Leben gerade vorkommt.
Mit dem bemitleidenswerten Häuschen ist sie aber noch nicht ausgelastet und so trifft sie im Tierheim auf Harry, einen angegrauten und hinkenden Hund, der eindeutig genauso dringend etwas Glück braucht wie Liv und ihr neues Häuschen. Nach und nach lernen die beiden sich selbst, das Dorfleben und die Bewohner:innen kennen. Ausgerechnet der einst so glücklose Hund ist es nun, der alle näher zusammenbringt.
Wohlfühlbuch
Potters Schreibstil ist gefällig, die Geschichte herzerwärmend und alle Figuren ausgesprochen sympathisch und von jung bis alt ganz bunt aufgestellt. Die Entwicklung der einzelnen Charaktere ist gut gelungen (wenn auch insgesamt einen Hauch zu kitschig) und zwischen den leichten Zeilen findet sich immer wieder genug Tiefgang, um die Lektüre als bereichernd zu empfinden. Hätte ich nun Potters Vorgängerroman „Je größer der Dachschaden, desto besser die Aussicht“ nicht gelesen, wäre mir womöglich keine Kritik eingefallen. Immerhin ist das hier ein gut geschriebenes, humorvolles und kluges Wohlfühlbuch … nur konnte ich das auch schon zum vorherigen Titel schreiben.
Innovation? Nun ja …
Es gibt deutlich zu viele Parallelen, so dass meine Lesefreude durchaus gedämpft wurde: eine Frau in den Vierzigern, keine Kinder, großer Umbruch wegen Trennung, neuer Ort und neuer Beruf, etwas Ruhm und einmal heißt der Hund Artus, einmal Harry. Ob der Verlag deswegen die gleiche Schiene beim Titel gefahren ist? Die englischen Originaltitel unterscheiden sich jedenfalls deutlich stärker („Confessions of a Forty Something F*** Up“ und „One little thing“).
Ich möchte das Buch dennoch gerne empfehlen, weil es wirklich kurzweilige Lesestunden beschert, gute und kluge Gedanken beinhaltet, lebensbejahend ist und motivierend wirkt. Für sich allein ist der Titel sehr gelungen, beide Bücher (kurz nacheinander) zu lesen, ist aber vermutlich nicht die beste Idee. Ich bin gespannt, ob Potters nächstes Buch frischen Wind mit sich bringt – ein drittes Mal hätte ich an dem gleichen lauwarmen Schema vermutlich keine Freude mehr.
Lieber mit dem Kopf durch die Wand als gar kein Ausblick. Alexandra Potter. Übersetzung: Karolin Viseneber. Piper. 2022.
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