Darauf hat Buchstaplerin Maike schon etwas länger gewartet, jetzt ist er auf Deutsch bei Panini erschienen: Der neue Comic um Lügengott und Antiheld Loki. Nicht nur der Look überzeugt, auch die Art zu erzählen darf nicht unterschätzt werden und ist den LeserInnen immer einen Schritt voraus.
Der alte, böse Gott Loki war einmal. Er hat sich neu erfunden – im wahrsten Sinne des Wortes – und ist geläutert. Schelmisch wie eh und je und nun auch noch jung und attraktiv wird er als Agent von Asgard eingesetzt. Der Deal: für jede erfolgreiche Mission wird ein Teil seiner schmachvollen Vergangenheit umgeschrieben. Doch kann Loki vertraut werden? Was steckt dahinter, dass er eine der ruhmreichsten Waffen Asgards stiehlt und hinterrücks seinen Bruder Thor ersticht? Ein Bluff, oder war die Allmutter zu schnell mit ihrem Vertrauen?
Der Titel des Sammelbandes kann in die Irre führen, denn im Fokus steht nicht etwa eine romantische Eroberung des Antihelden. Vielmehr muss an James Bond gedacht werden, bei dem Action, Intrige und Anziehung auch nicht zu kurz kommen. Und nicht zuletzt werden überlebensgroße Fragen gestellt. Was ist Wahrheit? Was Vertrauen? Kann man seine eigene Geschichte ändern?
Auf das Genre der Agentenfilme wird immer wieder angespielt, etwa durch einen spektakulären Einbruch in ein Casino. Bluffs und doppelte Böden, Lügen und Tricks und Verwirrspiele jagen einander. Man könnte meinen, wenn man sich auf Lokis Trickserei eingestellt hat, kann nichts mehr überraschen. Aber weit gefehlt. Mehr als nur einmal wird man beim Lesen übertölpelt und in eine falsche Richtung gelenkt. Typisch Loki eben – eine Eigenschaft, die sich in der Art zu erzählen fortsetzt.
Aber auch mit der Erzähltradition der alten Sagen wird gespielt. Loki formt in Sage und Gegenwart die Geschichte des Helden Sigurd und erhofft sich davon einen Vorteil. Für einen Gott, der Raum und Geschichte durchqueren kann, ist die Sagenwelt ein großer Sandkasten, in dem man aber im Zweifelsfall dem schlimmsten Albtraum begegnen kann: sich selbst.
Ein weiteres Highlight ist für mich der Look der Serie: Die Zeichnungen verleihen Loki den Charme eines modernen Dandy, und auch die Nebenfiguren erhalten einen gleichzeitig kantigen und glatten Look. Dazu kommen diverse witzige Gimmicks, die den ernsten Unterton von Lokis Identitätskrise ausgleichen: So manifestiert sich die Allmutter einmal als schwebender Punsch in Lokis neuer Wohnung und droht den Teppich zu ruinieren…
Um der Story komplett folgen und all ihre Raffinessen wertschätzen zu können, muss man sich ein wenig im aktuellen Marvel-Universum auskennen. Die hier und da eingestreuten Fußnoten helfen nur bis zu einem gewissen Punkt. Doch auch mit den ein oder anderen Fragezeichen und Leerstellen ergibt die Story Sinn und macht vor allem eins: Spaß. Rasant erzählt, stylish und intelligent – was will man mehr?
Loki (Band 1): Liebesgrüße aus Asgard. Al Ewing & Lee Garbett (Zeichnungen).
Aus dem amerikanischen Englisch von Stefan Pannor. Panini. 2016.
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