Nach sieben Staffeln im Fernsehen kehrte Joss Whedons berühmte Vampirjägerin Buffy in Form einer Comic-Reihe zurück. Am Ende kam die Serie so auf zwölf Staffeln. Die Höllenschlund-Edition ist eine Neuauflage, eine edle Hardcover-Kollektion, die je zwei Hefte zusammenfasst. – Von Satzhüterin Pia

Achtung: Dieser Text setzt voraus, dass Leser:innen die Handlung der Fernsehserie kennen.

Das fulminante Finale der Fernsehserie hatte es in sich: verlustreich und brutal, zuletzt stand kein Stein mehr auf dem anderen. Doch das Ende ist gleichzeitig ein Neuanfang, denn Buffy ist jetzt nicht mehr die einzige Jägerin – eine ganze Armee an Jägerinnen steht nun hinter ihr und kann dabei helfen, das Böse zu bekämpfen. Mit dem Untergang des Höllenschlunds in Sunnydale ist schließlich noch lange nicht das Ende aller Höllenschlunde erreicht: Und so setzt die achte Staffel kurz danach da an, wo die siebte endete.

„Der lange Weg nach Hause“

Für diejenigen Leser:innen, die wider Erwarten die TV-Serie „Buffy“ nicht kennen oder für die es zu lange her ist und die deshalb eine Auffrischung benötigen, hat der deutsche Herausgeber Panini eine knackige Zusammenfassung auf den ersten zwei Seiten des Comics hinzugefügt. Im Anschluss geht es ohne große Umschweife mit dem ersten Teil von „Der lange Weg nach Hause“ los. Wir werden in die neue Umgebung eingeführt, denn mit der großen Änderung von einer Jägerin zu Tausenden, hat sich die Welt maßgeblich verändert.

Buffy wird nun von allen „Ma’am“ genannt und hat zwei Doubles. Die Party-Girl „Buffy“ in Rom datet angeblich einen Typen namens „Der Unsterbliche“ – das dürfte euch aus der Fernsehserie „Angel“ bekannt vorkommen, deren Handlung parallel zu den ersten Comic-Staffeln von Buffy läuft: Spike und Angel beobachten sie aus der Ferne, aber es gibt keine Auflösung, dass es sich um ein Double handelt. Ein weiteres Double wird in den Untergrund vom ehemaligen Sunnydale geschickt.

Xander, nunmehr einäugig unterwegs, leitet die Zentrale. Er koordiniert die zehn verschiedenen Einheiten aus Jägerinnen und bildet die gemeinsame Schnittstelle, ist Ansprechpartner für alle im Team. Buffys kleine Schwester Dawn ist plötzlich gar nicht mehr so klein (wortwörtlich!) und hadert offenbar immer noch mit der Tatsache, dass sie „mönchsgemacht“ ist, während Giles nach wie vor der alte Giles ist. Nur plötzlich mit weit mehr zu koordinierenden Jungjägerinnen. Die Welt ist mit dieser weitreichenden Veränderung jedenfalls keinesfalls schlagartig einfacher geworden.

Alte Bekannte

Auch Buffy widmet sich der Ausbildung der neuen Jägerinnen. Diese und viele weitere Details und Elemente halten die Verbindung zur uns bekannten Vampir-Jägerin-Welt, die Joss Whedon in den 90ern so groß gemacht hat. Insgesamt wirkt nämlich Vieles recht plötzlich deutlich „krasser“, als es uns das Ende im TV suggerierte. Es ist spannend, all die alten Bekannten wieder zu treffen: an ungewöhnlichen Orten, zu überraschenden Zeiten und vor allem in ungeahnten Rollen. Nicht selten kommen wohlbekannte „Feinde“ wieder ins Rampenlicht, größer und stärker als zuvor. Und von einigen dieser Feinde hätte man wohl kaum gedacht, dass man sie jemals wiedersehen würde (Ethan, Amy … oder gar Warren?!).

Auch alte Motive und Konstellationen werden wieder aufgegriffen oder im Handlungsstrang fortgeführt. Xanders vermeintliche Liebe zu Buffy zum Beispiel. Oder, während Buffy dank einer uns bekannten Hexe in einem immerwährenden Albtraum gefangen ist, ein amüsanter Rückblick auf die Angel-Buffy-Spike-Situation oder auch zurück in die Zeit, als Amy in Gestalt einer Ratte bei Willow lebte … Apropos Willow: Am Ende von Teil zwei von „Der lange Weg nach Hause“ kehrt auch endlich unsere sagenhafte Hexe Willow zurück. Sie wird arg mit der Vergangenheit konfrontiert und muss zeigen, wie stark und klug sie geworden ist. Aber auch ihre Gegnerin hat es in sich …

„Ohne Zukunft“

Nach den drei Teilen von „Der lange Weg nach Hause“ und dem Bonuskapitel „Die Kette“ beginnen die drei Teile von „Ohne Zukunft“. Hier treffen wir Faith wieder, die weiterhin mehr in der Nacht zuhause zu sein scheint als Buffy es jemals war. Ihre große Klappe verdeckt nach wie vor ihr verletztes Inneres. Sie erhält von Giles eine große Aufgabe: eine Jägerin zu eliminieren, die ihre Kräfte nicht für das Gute einsetzt und laut Giles‘ Informationen mehr als gefährlich werden könnte. Kommt uns bekannt vor, oder? Ein bereits in „Der lange Weg nach Hause“ eingeführtes rätselhaftes Zeichen taucht im Zusammenhang mit der abtrünnigen Jägerin Gigi erneut auf und offenbar ist es Teil einer Bewegung, der „Dämmerung“, die die Jägerinnen zu Herrscherinnen über die Welt aufschwingen will. Buffy ist damit ihre größte Feindin, „hält“ sie, die Königin, doch all die mächtigen Frauen „zurück“. Faith wacklige Loyalität wird auf die Probe gestellt und am Ende bilden sich überraschende neue Allianzen.

Im letzten Kapitel „Überall und nirgends“ werden viele losen Fäden aufgegriffen und teilweise zusammengeführt. Dass es unabhängig von der Darstellungsform eine zusammenhängende Geschichte ist – ob Fernsehen oder Comic –, wird hier noch einmal sehr deutlich. Und sowieso: Die Texte passen so gut zu den Figuren, dass wir in Gedanken förmlich ihre Stimmen hören können. Auch Gestiken wie das ewige Brillenputzen von Giles versetzen uns in die bekannte Welt.

Für Liebhaber:innen und Sammler:innen

Wer die Welt, ihre Figuren und die gesamte Fernsehserie gern hatte, sollte unbedingt auch einmal die Comics ausprobieren. Man muss kein ausgesprochener Fan dieser Darstellungsform sein. Im Falle von „Buffy“ reicht es schon, ein Fan der Serie zu sein. Für Neueinsteiger:innen oder Sammler:innen ist die Höllenschlund-Edition definitiv etwas – nicht zuletzt weil sie durch das Hardcover kompakter ist und hochwertiger wirkt. Ich persönlich bin durchaus ein Fan von Sammelbänden dieser Art, statt vieler weicher und schmaler Comichefte. Besonders schön sind auch die Coversammlungen auf den letzten Seiten, die den Inhalt nicht selten pointiert aufgreifen und durch künstlerisches Können brillieren.

Der Zeichenstil, die Tusche und die Anordnung der Panels sind angenehm für das Auge. Man kann die altbekannten Gesichter gut wiedererkennen und sich damit schnell in der (vielleicht erst einmal ungewohnten) Darstellungsweise zurechtfinden. Man merkt, dass Joss Whedon auch an dieser Fortsetzung aktiv mitgeschrieben hat und als Executive Producer tätig war.

Der Stoff um das Universum der schlagfertigen Vampirjägerin ist längst nicht erschöpft. Neben dieser Höllenschlund-Edition, der Neuauflage der originalen Staffeln 8 bis 12, debütierte im letzten Jahr ein höllisches Reboot, das Buffy und ihre Gang ins aktuelle Jahrzehnt holt. Zu den ersten drei Bänden (Panini) sowie der erneut parallel geschalteten Reihe rund um Angel (danibooks), ist im Rahmen unseres Phantastik-Specials im Sommer meine Rezension erschienen.

Buffy The Vampire Slayer (Staffel 8) Höllenschlund-Edition, Band 1. Georges Jeanty, Brian K. Vaughan, Joss Whedon. Übersetzung: Claudia Kern. Panini. 2021.

Ein Beitrag zum Special #Todesstadt. Hier findet ihr alle Beiträge.

Pia Zarsteck

Pia Zarsteck

Pias Liebe zur Literatur hat sie vor Jahren an die Uni Bremen geführt, wo sie bis zum Masterabschluss Germanistik studierte. Heute ist sie Vorsitzende im Bücherstadt e.V., Mama einer Vierjährigen und beruflich ganz woanders unterwegs - aber immer noch vernarrt in Bücher und Spiele. Ein Leben ohne die Bücherstadt kann sie sich nicht vorstellen.

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