Infidel: Rassismus ist Horror

von | 18.12.2020 | Buchpranger, Graphic Novels, Comics, Manga

Mit dem Comic „Infidel“ liefert Autor Pornsak Pichetshote 2020 eine gruselige Geschichte über Rassismus, Angst und Misstrauen, die von Zeichner Aaron Campbell und Kolorist José Villarrubia schaurig illustriert wurde. Geschichtenerzähler Adrian öffnet sich dem Horror dieser Thematiken.

Eigentlich sollte der Umzug in eine andere Wohnung ein neuer Start für Aisha, ihren Mann Tom und ihre Tochter Kris sein. Jedoch plagen die junge Muslima seitdem unheimliche Alpträume voller grotesker Monster, die sie angreifen und beschimpfen. Selbst die Tabletten, die sie gegen diese Träume nimmt, helfen nicht.

Auch die Bewohner*innen des Hauses sind nicht besonders erfreut über den Einzug einer Muslima und begegnen ihr mit Ablehnung, Misstrauen und Argwohn. Schließlich war das Haus vor wenigen Jahren noch Opfer einer Explosion, die durch einen muslimischen Bewohner herbeigeführt worden war.

Als Aishas Alpträume immer stärker werden und schließlich als grausige Visionen in ihre Realität eindringen, kommt es durch einen Unfall zu ersten Toten und Aisha ist, wenn es nach den Hausbewohner*innen geht, die Schuldige.

Die Facetten des Rassismus

„Infidel“ beleuchtet Rassismus aus verschiedenen Blickwinkeln: seien es Personen mit schlechten Erfahrungen, die Unwissenden oder jene, die einfach alle Fremden ablehnen. Während die Bewohner*innen des Hauses, die teils Überlebende der Explosion sind, mit ihrem Trauma zu kämpfen haben, kommt es sogar in Aishas Freundeskreis zu fremdenfeindlichen Anmerkungen und Diskussionen. Mit all diesen Blickwinkeln wirft „Infidel“ nicht nur die Frage auf, wohin Rassismus führen kann, wenn er immer weiter wächst, sondern zeigt ebenso gut, dass das Misstrauen gegenüber Andersartigkeit überall entstehen kann.

Erschreckend eindrucksvoll

Die bildliche Umsetzung des Comics ist ein markantes Wechselspiel aus unterschiedlichen Zeichenstilen, die die Szenerie wunderbar schaurig und auf groteske Art und Weise unterstreichen. Während die Farben allgemein eher matt gewählt sind, unterteilt sich ihr Spektrum noch einmal in die Darstellung der Menschen, der Monster und Erinnerungsabschnitte. Teilweise wirkt der Comic so, als hätte mehr als ein Zeichner daran mitgewirkt.

Es ist Aaron Campbell als Zeichner anzumerken, dass er einen großen Wert auf Details und den Wechsel von Perspektiven legt, um den Horror zu unterstützen. Beispielsweise der Finger am Feuerzeug, das im dunklen Keller auch nach mehreren Versuchen nicht angehen will, oder eine riesige, verzerrte Fratze, vor der sich Aishas dunkelhäutige Freundin Medina zusammenkauert. Gepaart mit den passenden Licht-und-Schatten-Effekten ist der Horror hier allgegenwertig.

Augenöffnend

Wenn man durch seine Hautfarbe, Religion oder sonstige scheinbare Abweichungen von der kulturellen Norm nicht von Rassismus betroffen ist, kann man sich schwer vorstellen, wie das ist. Jedoch bieten Pichetshote sowie Campbell und Villarrubia einen verstörenden Einblick darin, wie es sich anfühlen könnte. Vielleicht ist man in diesem Fall nicht tagein tagaus mit grotesken und verstörenden Monstern konfrontiert, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, dennoch ist täglicher, überschwappender Rassismus für Betroffene ganz sicher eines: purer Horror.

Infidel. Text: Pornsak Pichetshote. Zeichnungen: Aaron Campbell. Kolorierung: José Villarrubia. Übersetzung: Karin Aust. Splitter Verlag. 2020.

 

Bücherstadt Magazin

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