Kafkas Werke sind verrückt, unvorhersehbar, teils düster und erschreckend. Ein Hauch von rätselhafter Bedrohung, einem Alptraum gleich, der keiner Logik folgt. Neben zahlreichen Erzählungen schrieb er „Der Process“, „Der Verschollene“ und „Das Schloss“, drei Romane, die unvollendet blieben. Letzterer ist 2013 als Graphic Novel im Knesebeck-Verlag erschienen.
„Es war spät abends, als K. kam.“ Der Protagonist wird als Landvermesser in ein Dorf gerufen. Doch willkommen ist er in diesem nicht. Viele Hürden muss er überwinden und sich durch die Bürokratie kämpfen – allerdings vergebens, da ihn der Vorstand, KLAMM, nicht anhören will. Ohne seine Erlaubnis darf K. jedoch nicht ins Schloss. Er ist gezwungen, einen unbezahlten Job anzunehmen, um KLAMM einen Schritt näher kommen zu können. Und dann sind da noch die Dorfbewohner, deren Handlungen nicht nachvollziehbar sind. Freund und Feind scheinen in jeder Person zu stecken. War Frieda im ersten Moment noch seine Vertraute, ist sie es im nächsten nicht mehr. Absurd wirken die Handlungen der Personen, schwankend, als wüssten sie nicht, wer sie sind oder was sie wollen. Doch keiner zwingt K. zum Bleiben. Warum zieht es ihn so sehr ins Schloss? Kaum hat er sich dieses Ziel gesetzt, ist er von seinem Weg nicht mehr abzubringen. Ein Starrsinn, der weder ihm noch jemand anderem nützt. Als täte er alles nur um des Festhaltens seines Plans willen.
Interessant ist, wie unterschiedlich ein Werk interpretiert werden kann. Erst nachdem ich das Buch beendet hatte, las ich den Klappentext: „Eine schneidend scharfe Studie über die Sinnlosigkeit der Bürokratie ist Franz Kafkas letztes Meisterwerk.“ Als eine Art Gesellschaftskritik habe ich das Werk gar nicht wahrgenommen. Vielmehr war meine Aufmerksamkeit auf die psychologischen Aspekte gerichtet: die Handlungen der Figuren und ihre Worte.
Diese Adaption legt den Schwerpunkt auf die direkte Rede. Nur selten finden sich Handlungsbeschreibungen. Diese werden größtenteils durch einfache, schwarz-grau-weiß gestaltete Illustrationen ersetzt. Wie ein Puzzle, das zusammengesetzt wurde aus Text und Bild – das eine kann ohne das andere nicht sein. Der Text ist ein Konstrukt aus verschiedenen Texten Kafkas, denn wie der Autor im Vorwort schreibt: „Eine endgültige Version eines Kafka-Textes zu finden, ist wie die Suche nach dem Schloss: Die Wege sind scheinbar unendlich und labyrinthisch.“
„Das Schloss“ wurde posthum veröffentlicht. Schade wäre es gewesen, wenn das Werk – wie von Kafka erwünscht – von seinem Freund Max Brod vernichtet worden wäre. Eine Leseprobe dieser Adaption findet ihr hier.
Das Schloss, Franz Kafka, Jaromír Jaromír 99 (Illustrator),
David Zane Mairowitz (Autor), Anja Kootz (Übersetzerin), Knesebeck Verlag, 2013
Eine Besprechung zu „Die Verwandlung“ findet ihr hier. Mehr über Kafka und sein Werk „Eine kleine Frau“ könnt ihr am 20.09. bei den Feuilletönen erfahren. Hört doch mal rein!
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