Einmal eine Pyramide entdecken, in der staubigen Erde buddeln und einen Schatz finden: Für viele ist Archäologie ein großer Kindheitstraum. In „Verborgene Schätze, versunkene Welten“ hat Silke Vry Worteweberin Annika mit auf Entdeckungsreise in die Welt der Archäologie genommen.
In chronologischer Reihenfolge präsentiert Silke Vry große Entdeckungen und die dahinterstehenden Menschen. Seien das nun hart arbeitende Wissenschaftler wie Jean-François Champollion, der die Hieroglyphen entschlüsselte, oder einfache Menschen wie ein Weinbauer, der in Rom zufällig auf antike Skulpturen stieß. Silke Vry fängt das Gefühl von Abenteuer und Entdeckung wunderbar ein und reißt die Leserinnen und Leser mit:
Es geht um die, die loszogen, suchten, unter die Erd- und Wasseroberfläche blickten, Ideen entwickelten, getrieben waren, Geistesblitze hatten oder einfach zur rechten Zeit am rechten Ort waren. Um all die kühnen Pioniere, die neue Wege fanden und dabei Dinge entdeckten, die die Welt zum Staunen brachten. Die mit ihren Entdeckungen die Augen der Daheimgebliebenen öffneten und manchmal den Blick auf die Welt – oder einen Teil davon – für immer veränderten. (S. 6)
Spannend wie ein Krimi
Auch wenn viele der 21 Geschichten sehr bekannt sind, erzeugt die Autorin Spannung. Die Geschehnisse schildert sie im Präsens, so dass man beim Lesen fast das Gefühl hat, selbst dabei zu sein. So kann man richtig mitfiebern, wenn man zum Beispiel darauf hofft, dass Howard Carter nach Jahren des Grabens endlich doch noch eine große Entdeckung machen wird – und, wer hätte das gedacht, plötzlich liegt das Grab des Tutanchamun vor ihm!
Wichtige Informationen sind in Randbemerkungen notiert, außerdem gibt es Infokästen und Steckbriefe zu jedem Wissenschaftler. Hinzu kommt ein ausführlicher Anhang. Zum Abschluss stellt Silke Vry jeweils die Frage „Was bleibt?“. So richtet sie den Blick bis in die Gegenwart und zeigt, welche Bedeutung die Entdeckungen noch heute haben. Es wird aber auch deutlich, dass Archäologie längst vielfältiger ist, als einfach nur im Dreck zu wühlen. Mit seinen Floßfahrten begründete Thor Heyerdahl die experimentelle Archäologie und seit circa 1950 gibt es die Unterwasserarchäologie. Die Wissenschaft und ihre Methoden entwickeln sich stetig weiter.
Eine Männerdomäne?
Bei allen vorgestellten Wissenschaftlern und Entdeckern handelt es sich um Männer, was Silke Vry im Vorwort auch thematisiert. Frauen hätten zwar ebenfalls wichtige Arbeit geleistet, bahnbrechende Entdeckungen und Geschichten seien mit ihnen aber nicht verbunden – teils auf Grund der Männer. Schade, zumal im Vorwort trotzdem Archäologinnen aufgezählt werden, die große Leistungen vollbracht haben. Im Internet stößt man allerdings auf wenige weibliche Entdeckerinnen, darunter die Amerikanerin Sarah Parcak, die mit Hilfe von Satellitenbildern Archäologie betreibt. Ob es nicht also vielleicht doch möglich gewesen wäre, auch weibliche Vertreterinnen zumindest aus der Gegenwart mit aufzunehmen, bleibt offen.
Die Illustrationen von Martin Haake machen den Band zu einem wahren Buchschatz. Der bereits mehrfach ausgezeichnete Illustrator fängt mit den an Collagen erinnernden, teils ganz- oder sogar zweiseitig eingesetzten Bildern die Abenteuer-Atmosphäre ein, die auch die Texte von Silke Vry ausmacht. Dieses Zusammenspiel überzeugt – nicht nur mich, auch die Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises 2018, für den „Verborgene Schätze, versunkene Welten“ nominiert ist. Dieses Buch macht große Lust dazu, selbst hinauszuziehen und Spuren vergangener Zeiten zu entdecken!
Verborgene Schätze, versunkene Welten. Große Archäologen und ihre Entdeckungen. Silke Vry. Mit Illustrationen von Martin Haake. Gerstenberg. 2017.
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