Das Leben ist ungerecht – also nimm dir, was dir zusteht: Der neue Kriminalroman von Tim Parks erzählt mit subtiler Spannung von einem Protagonisten, der ehrgeizig dem Reichtum entgegenstrebt.
Morris Duckworth steckt in der Klemme: Von der Uni geflogen – natürlich völlig unverschuldet! – verdingt er sich im sonnigen Verona seinen kargen Lebensunterhalt als Englischlehrer. So muss er sich in wiederholtem Maße die Luxuriösitäten reicher italienischer Familien vorführen lassen und ist davon natürlich überhaupt nicht begeistert. Dies alles stände ihm nämlich auch zu! Schließlich war er als Arbeitersohn stets fleißig, immer der Beste in der Schule und der Universität gewesen, um es einmal besser zu haben.
Nun steht ihm der Sommer bevor, die schulfreie brotlose Zeit. Was tun? Endlich bietet sich ihm in Gestalt der hübschen, naiven Massimina Trevisan ein Lichtblick. Bis über beide Ohren in ihn verliebt lädt die Schülerin ihn zu sich nach Hause ein und träumt schon von der Hochzeit. Er auch – vor allem von dem Geld und dem kulturellen Leben, das ihm schon so lange zugestanden hatte, aber verwehrt geblieben war. Da muss man sich schon ins Zeug legen, den Lebenslauf ein wenig verschönern und ein bisschen flunkern. Schließlich muss man vor der zukünftigen Familie ja glänzen.
Leider geht der Schuss nach hinten los und Morris verzweifelt. Aus Frust bestiehlt er einen seiner Schüler und erwischt in seinem Eifer doch wieder nur eine Replik, wie er der Zeitung entnehmen muss. Aber es scheint noch nicht alles verloren, denn Massimina denkt gar nicht daran, nach der Pfeife ihrer Mutter zu tanzen und bittet ihn, mit ihm durchzubrennen. Dazu hat sie passenderweise noch ein kleines Vermögen in der Tasche, mit dem man sich zumindest kurzweilig durch Italien bewegen und es sich gut gehen lassen kann. Kurz entschlossen brennen die beiden durch und Morris muss sich etwas einfallen lassen, um doch noch zu seinem Geld – Entschuldigung – seiner Hochzeit zu kommen. Aus der Familie ließe sich sicher noch ein wenig mehr Geld holen, wenn man sie um ihre werte Tochter erpressen würde…
„Der ehrgeizige Mr. Duckworth“ ist der erste Teil der Duckworth-Trilogie aus Tim Parks‘ Feder und erschien im Mai 2015 im Antje Kunstmann-Verlag, aus dem Englischen übersetzt von Lutz-W. Wolff. Der Name ist Programm: Morris verfolgt wirklich ziemlich ehrgeizig sein Ziel, es in die Reihen der Reichen zu schaffen und bedient sich mit zunehmend skrupelloseren Methoden. Aus einem kleinen Raub hier und da wird schnell Erpressung, und Morris ist sich keiner Schuld bewusst. Die liegt schließlich beim Rest der Welt, die ihm sein angestammtes Leben nicht gönnt.
Als Leser hat man zunächst Mitleid mit dem Protagonisten, dieses weicht aber schnell überraschter Ungläubigkeit und Neugier, ob er mit seinen Machenschaften so durchkommen wird und vor allem, wie weit er das Spiel noch treiben kann und wird. Erst spät im Verlauf nimmt die Geschichte deutlich makabere Züge an und die Bezeichnung „Kriminalroman“ fängt an, einen Sinn zu ergeben – dementsprechend gefasst muss der Leser sein. Parks versteht es, subtile Spannung zu erzeugen, die sich bis zum großen Knall aufbaut und den Leser bis zum bitteren Ende unterhält.
Claudia
Der ehrgeizige Mr. Duckworth. Tim Parks. Übersetzer: Lutz-W. Wolff. Antje Kunstmann-Verlag. 2015.
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