Das Buch „Museum und Inklusion – Kreative Wege zur kulturellen Teilhabe“ bündelt die Vorträge und Workshopbeiträge der Fachtagung „Mittendrin: Kreative Zugänge zum Museum für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung“ vom April 2018 im Stadt- und Industriemuseum Rüsselsheim. Geschichtenzeichnerin Celina hat sich mit dieser Lektüre auseinandergesetzt.
Da es sich um einen Tagungsband handelt, kommen darin unterschiedliche Rednerinnen und Redner zu Wort, die bereits einen Vortrag oder einen Workshopbeitrag umgesetzt haben – siehe Leseprobe. Diese Beiträge beschäftigen sich jeweils mit spezifischen Themen zur grundlegenden Tagungsthematik. Darunter fallen die Frage „Was ist Inklusion?“ sowie die gesetzlichen Grundlagen, soziale und pädagogische Ansätze, die Rolle des Museums, Hürden bei der Umsetzung und Beispiele für bereits bestehende Projekte.
Inklusion und ihre gesetzlichen Grundlagen
In den meisten Fällen sind eher kleinere Gruppen von Exklusion, dem Gegenteil von Inklusion, und Segregation, der Trennung von Personen(gruppen), betroffen, welchen entgegengewirkt werden soll. Dies kann in Zusammenhang stehen mit „Persönlichkeit, Geschlecht, Ethnizität, Alter, sexuelle[r] Orientierung, Behinderung, Bildung, Glaube, Familienstand etc.“ (S. 42)
Bei diesem Tagungsband steht vor allem die Inklusion von beeinträchtigen Menschen im Vordergrund. Daher wird auch die seit 2009 rechtsgültige „UN-Behindertenrechtskonvention“ als gesetzliche Grundlage miteingebracht. Darin heißt es: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderung, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderung a) Zugang zu kulturellem Material in zugänglichen Formaten haben; […] c) Zugang zu Orten kultureller Darbietungen oder Dienstleistungen, wie Museen […] haben.“ (S. 19) Damit ist gesetzlich die Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigung abgesichert, aber wie sieht es in der Praxis aus?
Soziale und pädagogische Ansätze
Im Buch wird unter anderem erkannt, dass eine „gesellschaftlich produzierte Ungleichheit, etwa zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen“ (S. 20) besteht. Allerdings fehlt im ganzen Buch die Auseinandersetzung damit, wo diese herkommt und welche strukturellen Gegebenheiten dazu führen. So wird nicht das Schulsystem angesprochen, das klar zwischen angeblich „normaler“ Schule und Förderschule trennt, sodass schon früh eine Unterscheidung vorgenommen wird.
Ein anderer Aspekt ist, dass im Buch darauf verwiesen wird, pädagogische Ansätze in die Kunstvermittlung mit einfließen zu lassen. Für gelungene Umsetzungen werden mehrere Beispiele im Buch angeführt. So wird etwa ab Seite 45 dem Projekt „StadtMuseum inklusive: beteiligen – nicht behindern“ in Rüsselsheim ein ganzes Kapitel gewidmet.
Rolle des Museums
Vor allem im zweiten Kapitel wird die Rolle des Museums im Hinblick auf dessen soziale Aspekte untersucht. Dazu werden etwa bereits bestehende, gelungene Leitbilder von Museen dargelegt und angeführt, wie diese soziale Gesichtspunkte integrieren. Zudem werden soziale Ziele benannt und es wird in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit Partizipation und Partizipationsmodellen vorgenommen.
Anreize bieten
Im Tagungsband „Museum und Inklusion – Kreative Wege zur kulturellen Teilhabe“ werden noch viele weitere Thematiken angesprochen. Zum Beispiel, dass vielfach immer noch bei Besuchenden Expertenwissen vorausgesetzt wird und was stattdessen sinnvoller wäre, damit sich auch jene ins Museum trauen, die dieses Wissen nicht mitbringen.
Insgesamt wird das aktuelle Thema Inklusion im Museum aufgegriffen und mit vielen positiven Beispielen umrahmt. Allerdings hält sich die Kritik – auch am gesellschaftlichen und schulischen System – im Buch sehr zurück. Zudem werden schwierige Aspekte wie zum Beispiel Partizipation in vereinfachten, theoretischen Modellen dargestellt, die nicht alle Aspekte berücksichtigen. Dabei ist schon schwer zu sagen, was Partizipation wirklich ist und wie weit sie führen kann.
Schließlich ist zu beobachten, dass es sich zumeist um ein Buch handelt, das sich mit Beeinträchtigten im musealen Kontext auseinandersetzt, aber nicht so sehr mit strukturell aufbrechenden Veränderungen, wie zum Beispiel personellen Strukturen und Ausbildung der Mitarbeiter*innen sowie offenerer Gestaltung von Begleitprogrammen, die dazu beitragen, neue Ideen für alle Museumstypen einzubringen und eine Teilhabe aller im Museum zu ermöglichen.
Museum und Inklusion – Kreative Wege zur kulturellen Teilhabe. Hrsg.: Bärbel Maul, Cornelia Röhlke. transcript. Edition Museum. Bielefeld. 2019.
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