Oh, wie schön ist Lebenskunst

von | 22.02.2022 | Buchpranger

Vom 3. Oktober 2021 bis 13. März 2022 präsentiert das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg die Ausstellung „Janosch. Lebenskunst“. Büchertänzerin Michelle-Denise hat sich gemeinsam mit Ihrer Mutter auf die Spuren ebenjener Lebenskunst begeben.

Janoschs Lebenskunst

Anlässlich seines 90. Geburtstags am 11. März 2021 widmet das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg dem international bekannten Zeichner, Illustrator, Autor und Lebenskünstler Janosch die Ausstellung „Janosch. Lebenskunst“. Mit viel Liebe zum Detail hat die Designerin Silvia Knüppel rund 150 originale Zeichnungen und Grafiken aus allen Epochen von Janoschs Werk mit einem besonderen Raumkonzept in fünf unterschiedlichen Bereichen gekonnt in Szene gesetzt.

Es war ein stürmischer Morgen, als ich gemeinsam mit meiner Mutter beim Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg eintraf. Noch durchnässt vom typischen Hamburger Schietwetter wurden wir im hellen Foyer bereits freundlich in Empfang genommen. Nach den üblichen 2G+-Kontrollen und einem Abstecher zur Garderobe konnten wir uns zügig auf den Weg zur Ausstellung begeben. „Janosch. Lebenskunst“ ist im 1. OG ansässig, barrierefrei und erstreckt sich über fünf Räume. Bevor wir den ersten Raum betraten, wurden unsere Blicke gezielt auf ein Zitat von Janosch gelenkt. In diesem erläutert er, was für ihn die Definition von Lebenskunst ist. Diese weisen Worte trafen den Nagel auf den Kopf und sollten uns noch während des gesamten Aufenthalts begleiten.

Janoschs Bilder

Der erste Raum legt den Fokus auf Janoschs gezeichnete Bilder. Neben Selbstportraits sind auch spezifische Zeichnungen zu verschiedenen Themenbereichen wie beispielsweise Glauben und Sexualität zu finden. In der Mitte des Raumes erstreckt sich großzügig „Der große Kleiner Tiger-Atlas“ und zeigt die verschiedenen Länder der Erde in Stile Janoschs. Es lohnt sich aber auch mit dem Fernglas einen Blick an die Decke zu werfen, denn dort haben wir noch weitere schöne Zeichnungen mit Bezug zum Himmel gefunden.

Janoschs Vorliebe für Wasserfarben und Tusche wird bereits auf den ersten Blick deutlich. Nahezu alle Bilder sind in den Aquarellfarben gezeichnet, wodurch die Zeichnungen eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlen. Das Zusammenspiel von Wort und Bild verleiht seinen Werken jedoch eine besondere Tiefe.

Foto: Seitentänzerin Michelle-Denise

Janoschs Wondrak

Der zweite Raum offenbarte uns Wondraks Büro. Wondrak ist ein von Janosch geschaffener Lebenskünstler, der stets gute Ratschläge auf schwierige Fragen gibt. Diese bebilderten Ratschläge wurden von 2013 bis 2019 im Magazin der Wochenzeitung DIE ZEIT veröffentlicht.

Wondraks Büro ist in sechs Stationen aufgeteilt, die sich mit unterschiedlichen Lebensfragen befassen und die Besucherinnen und Besucher animieren wollen, aktiv Ratschläge in die Tat umzusetzen. So haben wir Entscheidungen vor Ort gewürfelt oder die Probleme durch einen Kopfstand an der Wand durch eine andere Sicht betrachtet.

Janoschs Filme

Der dritte Raum ist dunkel gehalten und mit Hockern und einer Vielzahl an Sitzsäcken versehen. Wir machten es uns direkt gemütlich und schauten auf einer großen Wand drei Episoden aus Janoschs Traumstunde: „Post für den Tiger“, „Das Wolkenzimmerhaus“ und „Popov und die Geschichte vom Schloss“. Ab diesem Moment fühlte ich mich zurück in meine Kindheit versetzt, als ich nur allzu gern Janoschs Traumstunde oder den Tigerenten Club im Fernsehen sah. Zu meinem Erstaunen konnte meine Mutter sämtliche Texte mitsprechen, da sie mir in der Kindheit vor dem Schlafengehen nahezu täglich aus „Post für den Tiger“ vorgelesen hat. Ein Klassiker, den ich bis heute noch von Herzen mag.

Auf einer anderen Seite des Raumes werden weitere Videos von Janosch in Gebärdensprache und lautsprachbegleitenden Gebärden durch Kinder der 5. und 6. Klasse der Hamburger Elbschule gezeigt.

Janoschs Wörter

Der vierte Raum zeigte uns das anfangs gelesene Zitat von Janosch noch einmal bildlich. Vor uns war ein Schwimmbad mit hellblauen Fliesen. Um in das Schwimmbad zu gelangen, konnten wir eine große Treppe besteigen, die in das Becken führte oder außen um die Wand gehen. Im Inneren des Bades legten wir uns auf eine der vielzähligen Badeliegen und lauschten mit Kopfhörern prominenten Persönlichkeiten, wie Olli Schulz, Bettina Tietjen und Olli Dietrich, die uns Kurzgeschichten von Janosch vorlasen. Anders als in anderen Schwimmbädern, waren diese Liegen nicht schon von anderen Besucherinnen und Besuchern mit einem Handtuch reserviert und konnten so uneingeschränkt und ohne lange Wartezeiten genutzt werden.

Foto: Seitentänzerin Michelle-Denise

Janoschs Post

Im fünften und letzten Raum betraten wir Janoschs Postkartenwald. Das Zimmer ist durchweg in satten Grüntönen gehalten und mit zahlreichen Postkartenständern, die Bäumen ähneln sollen, bestückt. Der Bezug zu Janoschs Werken ist hierbei schnell herzustellen, denn die Post spielt u.a. in „Post für den Tiger“ bereits eine wichtige Rolle, um Botschaften weiterzuleiten. An diesem Ort war es uns möglich eine Karte auszusuchen, mit unseren persönlichen Lebensweisheiten und Worten an unsere Liebsten zu bestücken und zu versenden.

Inklusion

Wir haben uns komplett unvorbereitet auf das Abenteuer der Ausstellung eingelassen. Uns sozusagen ins kalte Wasser werfen lassen (um es mit Janoschs Zitat zur Lebenskunst auszudrücken) und es hat uns sehr viel Freude bereitet. Mehr als zwei Stunden haben wir in den Räumlichkeiten verbracht und hätten noch viel länger dort verweilen können. Besonders Janoschs Traumstunde auf den gemütlichen Sitzsäcken hatte es uns angetan.

In jedem Raum wird deutlich, dass jede und jeder in diesem Hause willkommen ist. Ob Texte in einfacher Sprache, Übersetzungen in englischer Sprache, Filme mit Gebärdensprache oder Audiodeskription, Postkarten in Braille-Schrift (Blindenschrift), barrierefreie Zugänge für Rollstuhlfahrer oder Erhöhungen für Kinder in Form von Hockern oder Leitern zu besseren Betrachtung der Zeichnungen. In dieser Ausstellung ist Jung und Alt herzlich willkommen.

Und das spürt man.

„Das war ein richtig schöner Tag!“

Als wir die Ausstellung verließen, war der Sturm vorbei und die Sonne ließ sich im sonst so regnerischen Hamburg blicken. Wir sahen uns beide an und sagten aus vollem Herzen: „Das war ein richtig schöner Tag!“

„Janosch. Lebenskunst“ gibt Botschaften weiter, ohne sich aufzudrängen, denn Lebenskunst ist für jeden etwas anderes. Die Ausstellung bietet viele verschiedene Zugänge. Man kann Janoschs Lebenskunst betrachten, lesen, hören, sehen, erkunden, ausprobieren – es ist für jeden etwas dabei. Sollten sich Ausstellungsstücke mal nicht direkt auf den ersten Blick erschließen, helfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Museums gerne freundlich und unaufdringlich weiter.

Janosch. Lebenskunst. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Hamburg. 03.10.2021-13.03.2022.

Michelle-Denise Oerding

Michelle-Denise Oerding

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