Parole Spielplatzrettung!

von | 01.12.2020 | Buchpranger, Kinder- und Jugendbücher

Hochbegabt und tiefbegabt gesellt sich gern, wissen wir seit inzwischen vier Bänden „Rico und Oskar“ von Andreas Steinhöfel. Mit „Rico, Oskar und das Mistverständnis“ ist jetzt ein fünfter und letzter Teil erschienen. Worteweberin Annika hat die Freunde darin nach Hessen und in die Vergangenheit begleitet.

Fast sieht es zu Beginn von „Rico, Oskar und das Mistverständnis“ so aus, als würde jetzt alles zu Ende gehen: die Freundschaft zwischen Rico und Oskar wegen eines dummen Mis(t)verständnisses und ein wenig Eifersucht und die Zeit auf dem Spielplatz mit der Clique noch dazu. Der Spielplatz in einem Berliner Hinterhof wurde samt einiger neuer Freunde im letzten Teil „Rico, Oskar und das Vomhimmelhoch“ eingeführt. Gang und Spielplatz sind inzwischen aus dem Leben der beiden Freunde aus der Dieffenbachstraße nicht mehr wegzudenken.

Doch jetzt ist die Besitzerin, Magda Pommer, aufgetaucht und will das wertvolle Grundstück verkaufen – oder vielmehr möchte das ihr Großneffe, Jérôme Bürger. Jetzt müssen Rico und Oskar handeln und bald schon wittern sie Betrug. Liegt der Schlüssel zu diesem Fall in der Vergangenheit von Magda Pommer und ihrem Bruder? Oder hat die kränkliche Tochter von Jérôme Bürger etwas zu verbergen?

Freunde wie Messing

Um den Verkauf zu verhindern, sollten Rico und Oskar eigentlich zusammenarbeiten. Zuerst sieht es so aus, als könnte das wie gewohnt gut funktionieren:

„Und dann, völlig ohne Voranmeldung, war da wieder unser altes Rico-und-Oskar-Gefühl. Wir waren einfach richtig gut zusammen, das wusste ich. Und Oskar wusste es auch.“ (S. 39)

Aber dann gibt es Streit. Rico ist nämlich bis über beide Ohren in Sarah verliebt und Oskar benimmt sich immer seltsamer. Weil er Rico nicht teilen möchte, kommt es zum Bruch zwischen den Jungen. Sie gehen getrennte Wege: Rico überwindet seine Angst vor Vulkanausbrüchen und besteigt mit Frau Dahling und dem Checker einen Zug nach Hessen. Oskar observiert derweil die Lage in Berlin. Aber Rico ohne Oskar, ist das möglich? Nein, da ist sich die Gang sicher. Immerhin sind die beiden Jungen Freund-Freunde, argumentiert der Checker. So wie aus Zink und Kupfer zusammen das härtere Messing wird, so ergeben Rico und Oskar zusammen ein perfektes Team. Ob die beiden das auch einsehen?

Parole Emil!

Wie in den anderen „Rico und Oskar“-Bänden arbeitet Andreas Steinhöfel auch in diesem wieder intertextuell: Es gibt Verweise auf andere Romane und Filme, insbesondere auf die Liebesromane von Hedwig Courths-Mahler (die Rico der Einfachheit halber „Kurzmaler“ tauft). Er kann sogar den coolen Checker davon überzeugen, auf der Zugfahrt seine Nase in ein Buch von ihr zu stecken. Wer kann schon stundenlang nur den Schriftzug auf der Rückseite seines toten Handys anstarren?

Außerdem geht Rico unter die Schriftsteller. Durch seinen Streit mit Oskar und die Reise nach Hessen ist er bei den Geschehnissen in Berlin gar nicht dabei. Die Ermittlungen der Clique um Oskar gibt Rico deswegen nicht in seinem Tagebuch, sondern in Romanform wieder. Da er von Frau Dahling Courths-Mahlers „Griseldis“ aus dem Jahr 1917 ausgeliehen hat, verlegt er auch die Ermittlungshandlung in diese Zeit zurück. In „Oscars kapitale Abenteuer“ tauchen daher verfremdete Figuren auf, und aus einer Hackerin wird kurzum eine Telefonistin. Besonders schön ist hierbei die Begegnung mit einem kleinen Erich, dem der Oscar in Ricos Roman die „Parole Emil!“ zuraunt – wenn ihn das später mal nicht zu „Emil und die Detektive“ inspiriert hat…

Nie ohne Seife waschen

Auch wenn Rico inzwischen längst nicht mehr so „tiefbegabt“ wie im ersten Band ist und die Bingotrommel in seinem Kopf immer besser unter Kontrolle hat, enthält auch „Rico, Oskar und das Mistverständnis“ wie gewohnt die lustigen Info-Kästen zu schwierigen Wörtern und andere witzige Überlegungen. Was zum Beispiel passiert, wenn man sich doch mal ohne Seife wäscht, ordnen sich die Himmelsrichtungen dann um zu „Wir stinken nur oberflächlich“? Über Ricos ganz besondere Logik kann man nicht nur immer wieder schmunzeln, sein Blick auf die Welt (und auf alles rechts und links davon) macht auch mal nachdenklich.

„Rico, Oskar und das Mistverständnis“ bleibt bis zum Ende spannend, ist gewohnt witzig und voll mit dem vertrauten Rico-und-Oskar-Gefühl. Und, so viel sei verraten, letztendlich geht dann doch nicht alles zu Ende. Nur die Reihe um Rico und Oskar leider schon.

Rico, Oskar und das Mistverständnis. Andreas Steinhöfel. Mit Bildern von Peter Schössow. Carlsen. 2020.

 

Bücherstadt Magazin

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