Alte Wörter, stürmisches Küstenwetter und Theodor Storm: Mit ihrer Leidenschaft für Geschichte, klassische Literatur und einem Familienzweig, der von der nordfriesischen Küste stammt, ist Geschichtenbewahrerin Michaela die perfekte Leserin für „Am Kamin“.
Ein Oktobersturm fegt ums Haus, drinnen prasselt ein behagliches Feuer im Kamin, der Punsch steht bereit und einige junge Damen und der Erzähler, von ihnen „alter Herr“ genannt, machen es sich am Kamin bequem. Der „alte Herr“ erzählt Spukgeschichten und das gefällt den Mädchen so sehr, dass sie alle am folgenden Tag wieder am Kamin zusammenkommen.
Es sind kurze Geschichten, die der Mann erzählt und nicht zu vergleichen mit denen eines Edgar Allan Poe, der bereits zu Storms Zeiten bekannt war. Um Blut und Horror geht es nicht, sondern um gute alte Spökenkiekerei. Einige der Erzählungen sind lediglich Geschichten ohne Moral, andere handeln von Träumen und Todesahnungen, die Ermahnungen beinhalten. Etwa wenn eine zu ihren Lebzeiten geizige Frau einer Mutter und ihrer Tochter im Traum erscheint und einen Platz am Feuer sucht, da „ihr friert“. Oder der Soldat, der eine zugesagte Arbeit nicht übernehmen kann und dessen Freund diese übernimmt. Gerade als er diesem Freund einen Brief schreibt, sieht er ihn in seiner Zimmerecke stehen, nicht wissend, dass er bei der Arbeit ums Leben gekommen ist.
Theodor Storm schrieb nicht nur Novellen und Lyrik, sondern auch Spukgeschichten und Mystisches. Im Volks- und Aberglauben Nordfrieslands fand er ausreichend Material. Zu seinen bekanntesten Werken zählt die Novelle „Der Schimmelreiter“ von 1888.
Zugegeben, „Am Kamin“ ist eine Sammlung unaufgeregter Spukgeschichten. Wer aber Spaß an dieser Art von Erzählungen hat, die Leserinnen und Leser nicht dazu bringen, unter dem Bett nach Monstern zu schauen, alte Wörter und norddeutsche Begriffe mag, dem wird „Am Kamin“ gefallen.
Am Kamin. Theodor Storm. JMB Verlag. 2021.
[tds_note]Ein Beitrag zur #Todesstadt. Hier findet ihr alle Beiträge.[/tds_note]
0 Kommentare