Im Rahmen des Krimifestivals fand am vergangenen Freitag im „Theater im City 46“ in Bremen eine Lesung in Kooperation mit dem Improtheater statt. Dieses Erlebnis konnten sich Zeichensetzerin Alexa und Buchstaplerin Maike nicht entgehen lassen.
„Totgelacht“ – so lautet das Motto des diesjährigen Bremer Krimifestivals. Als wir den Saal im „Theater im City 46“ betreten, ahnen wir nicht, wie mörderisch witzig der Abend noch werden würde. Wir sitzen in der ersten Reihe und schauen uns um. Der Bühnenaufbau ist schlicht; der rote Samtvorhang, der sonst die Kinoleinwand verdeckt, ist nach links und rechts gezogen und eröffnet den Blick auf eine dunkelgraue Wand. Links sind Kisten aufgetürmt, die im Laufe des Abends zu diversen Requisiten uminterpretiert werden, rechts befindet sich ein runder Tisch, an dem Anja Marschall aus ihrem Buch „London Calling“ vorlesen wird. Fast versteckt dahinter wird Bettina Fischer an einem Keyboard Platz nehmen und die Impro-Einlagen musikalisch begleiten.
Um Punkt 20 Uhr wird der Saal, der bis auf die erste Reihe gut gefüllt ist, abgedunkelt. Anja Marschall und Alexa Stein betreten die Bühne, begrüßen die Zuschauer und erklären, dass im Laufe des Abends auch englische Sätze geäußert werden könnten. „Aber keine Sorge“, sagt Stein, „wir blenden dann die arabische Übersetzung ein!“ Das Publikum lacht, die beiden Frauen setzen sich auf ihre Plätze. Die vier SchauspielerInnen betreten die Bühne und erklären, was das Publikum zu erwarten und vor allem zu tun hat: Da das Impro-Ensemble das Buch nicht kennt, interpretiert es auf Zuruf aus dem Publikum die gerade gehörte Stelle der Lesung. Dafür muss jemand aus dem Publikum laut rufen: „Stopp! Das interessiert mich!“
Anfangs noch zögerlich, werden die Zuschauer später lockerer und rufen immer wieder: „Stopp! Das interessiert mich!“ Kaum eine Minute vergeht, dass nicht ein Ruf aus dem Publikum kommt. Die Schauspieler stürmen dann schnell in die Mitte der Bühne und improvisieren, oft assoziativ und unerwartet, das eben gehörte: Sie versetzen sich in unbelebte Gegenstände, fühlen der Sehnsucht schimmelnden Essens nach menschlicher Anerkennung nach, lassen Wut und Angst miteinander kämpfen und entlocken so allen Anwesenden einen Lacher nach dem anderen – nicht nur dem Publikum, sondern auch der Autorin. Je weiter der Abend fortschreitet, desto mehr entwickeln die Szenen des Improtheaters ein Eigenleben, das mit Running Gags gespickt ist. Zum Teil wird sogar Gesang improvisiert.
Oft sind die Impro-Szenen beinahe prophetisch, sodass Anja Marschall nachfragen muss, ob die Schauspieler das Buch tatsächlich nicht kennen, aber genau das sind diese „magischen Momente“, wenn alles perfekt zusammenpasst, wie uns das Ensemble später verrät. Anja Marschall liest spannend vor und verleiht der Geschichte eine Seele. Die Story um die zwei Freundinnen Kate und Luna, die einen Mord aufklären, ist ein rasanter Städtetrip durch London. Am Ende der Veranstaltung sagt die Autorin selbst: „Ich habe noch nie über meine Bücher so gelacht wie heute!“
Zum Improtheater:
Einige Mitglieder des Ensembles machen das schon seit über vierzehn Jahren, aber erst seit etwa eineinhalb Jahren spielen sie in dieser Zusammensetzung. Zum Improtheater sind sie auf unterschiedlichen Wegen gekommen, z.B. durch Kurse oder durch eine Aufführung, die einen inspirierte: „Es war wie Magie“. Jede Aufführung hat ihre magischen Momente, gerade wenn alles „einfach passt“. Das Schöne daran: Alles findet im Jetzt statt, man plant nichts, es gibt keine Zukunft, keine Vergangenheit. Das Improtheater ist außerdem nicht nur etwas für Extrovertierte, auch Introvertierte können auf der Bühne aus sich herauskommen. „Improtheater macht glücklich!“, sagen die Schauspieler. Mehr über sie könnt ihr hier erfahren.
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