Über wahre Tapferkeit und (Über-)Mut

von | 29.08.2014 | Auditorium, Hörbücher

„Der Überfall“ gehört zu Leo N. Tolstojs ersten Werken. Es ist eine Erzählung über falschen Mut und wahre Tapferkeit in Kriegszeiten. Erschienen ist das Werk erstmals im Jahre 1853. – Von Zeichensetzerin Alexa

Es ist der 12. Juli, als der Kapitän den Ich-Erzähler aufsucht. „Ich komme soeben vom Ob.Ost. Morgen rückt unser Bataillon aus.“ „Wohin?“, fragt der Erzähler. „Nach Enden. Dort sollen sich die Truppen sammeln. […] Der Befehl lautet: Abmarschieren.“ Der Erzähler möchte mitkommen, worauf ihm der Kapitän rät, lieber nicht mitzugehen. Diesen Rat nimmt sich der Erzähler jedoch nicht zu Herzen, denn er wartet schon lange darauf, ein Gefecht mitzuerleben. Das wirft die Frage auf: Was ist Tapferkeit? Die beiden beginnen zu diskutieren. „Tapfer ist, wer sich so benimmt, wie es sich gehört“, sagt der Kapitän. Der Ich-Erzähler denkt darüber nach, erinnert sich an die Worte des Philosophen Platon und kommt schließlich zu dem Schluss: „Tapfer ist, wer nur das fürchtet, was man fürchten muss und nicht das, was man nicht zu fürchten braucht.“

Am nächsten Tag ziehen sie los und der Erzähler beginnt von seinen Eindrücken zu berichten. Er beobachtet die Menschen, die sich auf den Kampf vorbereiten und sich sehr darüber freuen. Von Trauer und Angst keine Spur, als sei das, was sie vor haben zu tun, nur ein Spiel. Sie lachen und feiern und scheinen über das, was kommen mag, nicht weiter nachzudenken. Diese Sorglosigkeit bringt den Ich-Erzähler zum Nachdenken. Er fragt sich, wie sich jemand darüber freuen kann, anderen Menschen Leid zuzufügen. Morgen schon könnte jeder von ihnen tot sein. Aber wahrhaben will es scheinbar niemand. Der falsche Mut, der zu Übermut führt, treibt schließlich so manchen in den Tod. Und der Ich-Erzähler fragt sich: Ist denn nicht genug Platz auf dieser Welt für alle? Muss dieser Krieg denn wirklich sein?

„Der Überfall“ ist eine philosophische Erzählung, die einem zeigt, dass Tapferkeit und Mut nicht immer richtig sind und mit welchem Preis diese bezahlt werden müssen. Markus Hoffmann liest diese Geschichte so überzeugend und angenehm, dass man sich trotz des schwierigen Themas auf den Inhalt einlassen kann. Seine ruhige Art zu lesen ermöglicht eine intensivere Auseinandersetzung mit den Gedanken und Gefühlen des Protagonisten, da man nicht durch übertriebene Artikulation unterbrochen wird. „Der Überfall“ ist ein empfehlenswertes Werk, für alle, die gerne philosophieren.

Der Überfall. Leo N. Tolstoj. Sprecher: Markus Hoffmann. Argon. 2004. Erstveröffentlichung: 1853.

[tds_note]Ein Beitrag zum Leseprojekt “Russische Literatur”. // Über Tolstojs Erzählung „Der Überfall“ berichteten wir bereits in der 12. Ausgabe. [/tds_note]

Bücherstadt Magazin

Bücherstadt Magazin

Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

0 Kommentare

Trackbacks/Pingbacks

  1. Leseprojekt: Russische Literatur | Bücherstadt Kurier - […] Rahmen des Projektes „Russische Literatur“ sind bereits folgende Beiträge erschienen: „Der Überfall“ von Leo N. Tolstoj „Die Dame mit…

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Newsletter

Erhaltet einmal im Monat News aus Bücherstadt. Mehr Informationen zum Newsletter gibt es hier.

Wir sind umgezogen!

Wir sind vor einer Weile umgezogen und müssen noch einige Kisten auspacken. Noch steht nicht alles an der richtigen Stelle. Solltet ihr etwas vermissen oder Fehler entdecken, freuen wir uns über eine Nachricht an mail@buecherstadtmagazin.de – vielen Dank!

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner