Eine Klappe, die man mit Seife waschen müsste, schlechtes Benehmen und mörderische Fähigkeiten. So tritt Deadpool schon zu Beginn des Films auf. Wie jeder Charakter aus der Marvel-Comic-Welt lässt aber auch die Tragik hinter der Person, der Werdegang zum „Wesen mit besonderen Fähigkeiten“ nicht lange auf sich warten. Und da beginnt das ziemlich platt getretene Strickmuster zu greifen, auch wenn Deadpool ganz und gar nicht der typische Held oder Anti-Held ist, den man sonst kennt. – Von Bücherbändigerin Elisabeth
Wade Wilson lässt sich auf Attentäter-Jobs ein, ist abgebrüht und hat einen ordentlichen Stich bei den Frauen. Seine Sprüche sind absolut nicht jugendfrei und bewegen sich nur allzu oft unterhalb der Gürtellinie. Scheinbar läuft bei ihm alles einwandfrei. Solange, bis er bei einem Auftrag beinahe eines Mannes habhaft wird, dem er Rache geschworen hat. Doch im letzten Moment kann dieser entkommen, womit die Weichen für den Film gestellt sind. Der Weg führt in Richtung des X-Men-Universums. Blicke in die Vergangenheit zeigen Wade Wilson als einen Mann, der mithilfe einer ernstzunehmenden Liebe den Weg aus einem verkorksten Leben schaffen will, schließlich aber aufgrund einer schweren Krankheit eine prekäre Entscheidung trifft. Weil er seine Liebe und sein Leben retten will, verliert er erst einmal alles, was ihm wichtig ist. Doch er entscheidet sich zu kämpfen und Rache für das zu nehmen, was er verloren hat.
Kein Superheld wie jeder andere
Mit Deadpool hat Marvel erneut einen Charakter aus seinen schier unersättlichen Universen auf die Kinoleinwand geworfen, der – trotz des sehr nach Schema F gestrickten Storyverlaufs – durch verschiedenste Filmtricks doch sehr erfrischend, kurzweilig und spannend ist. Mann verliebt sich, scheint das ultimative Glück gefunden zu haben, verliert durch einen Schicksalsschlag alles, entscheidet sich zu kämpfen, und vernichtet die Ursache allen Übels. Held oder Anti-Held – die Idee ist uralt. Und dennoch wirkt die Erzählweise frisch und spannend. Rückblicke, die Kommentare Deadpools während des Films und seine erzählende Weise sind ebenso Stilmittel wie die Sprüche und Ansagen des Charakters, die direkt an das Publikum gerichtet sind und somit die „vierte Wand“ durchbrechen. Zudem werden die Rückblicke in der Erzählstruktur je nach Dramatik oder Komik unterteilt. Erst beschreibt Deadpool seine Geschichte als Liebesgeschichte, die sich dann in eine Horrorstory wandelt. Und all dies wird kommentiert.
Natürlich fehlt es dem Film nicht an Special Effects und opulenten Action-Szenen, die so ineinander verschachtelt sind, dass es kaum möglich ist, alle Details zu verfolgen. An Details hat man aber fürwahr gedacht. Die Szenen wirken stimmig, angefangene Erzählbögen werden zu Ende geführt und auch die Aktionen in den Action-Szenen werden ausnahmslos beendet, auf jedes Detail wird geachtet, sodass keine Fragen mehr offen sind. Lediglich sehr überspitzt wirken die verbalen Attacken des Hauptcharakters – und wie es scheint, spricht fast jeder in Deadpools Umgebung ebenso ungehobelt wie der Hauptcharakter selbst. Viele Sprüche und Aussagen sind lustig, regen zum Kopfschütteln, Lachen oder auch Naserümpfen an. Andere Aussagen klingen sehr aufgesetzt und unterhalb der Gürtellinie, sehr plump und übertrieben. Schon allein deswegen sei die FSK-Warnung ernst zu nehmen. Der Film ist ab 16 und es gibt Aussagen im Film, die selbst für dieses Alter grenzwertig sein könnten.
Deadpool – Nicht ganz nach jedermanns Geschmack
Insgesamt ist Deadpool ein gut gemachter Film mit vielen schnellen Aktionen, großen Effekten, einigen interessanten Wendungen im Storyverlauf und bestimmt auch was fürs Zwerchfell – wenn man grob gesottenen, zweideutigen und politisch inkorrekten Humor mag. Ein guter Film für die gute Unterhaltung – einen tieferen Sinn oder gar nachhaltige Gedanken, wie man sie oftmals nach dramatischen Filmen nach Hause mitnimmt, wird man hier aber vergebens suchen.
Deadpool. Regie: Tim Miller. 20th Century Fox. 2016. Schauspieler: Ryan Reynolds, Morena Baccarin, Ed Skein.
Bilder © 20th Century Fox
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