„Pushing up the daisies“ ist ein englisches Sprichwort und entspricht etwa dem deutschen „die Radieschen von unten angucken“. Davon abgeleitet entstand der Titel einer leider viel zu schnell wieder abgesetzten TV-Serie aus den USA: „Pushing Daisies“. – Von Zeilenschwimmerin Ronja
Ned scheint eigentlich ein ganz normaler Mensch zu sein. Er ist Besitzer und Bäcker des Cafés „Pie Hole“ (zu Deutsch etwa „Kuchen Höhle“). Auch Privatdetektiv Emerson Cod hätte keinen Grund, Ned für sonderbar zu halten, wenn er ihm nicht unter eigenartigen Umständen begegnet wäre. Neds besondere Fähigkeit? Er kann Tote wieder zum Leben erwecken, indem er sie berührt. Berührt er sie ein zweites Mal, sterben sie wieder. Diesmal endgültig. Bleibt ein Toter länger als eine Minute am Leben, stirbt jemand anderes.
Ned, der seine Fähigkeit auf Grund einer traumatischen Kindheitserfahrung eher für einen Fluch als einen Segen hält, lässt sich von Emerson überzeugen, ihm bei seinen Ermittlungen zu helfen. Schließlich lässt sich ein Mörder leichter fangen, wenn man den Ermordeten befragen kann. Das Prinzip läuft gut, bis Ned eines Tages jemanden wiedererwecken soll, den er von früher kennt: seine Kindheitsliebe Charlotte (kurz Chuck). Statt Chuck nach den üblichen Fragen wieder zu den Toten zurück zu schicken, lässt Ned sie am Leben, was mehr als nur ein Problem mit sich bringt …
Märchenhafter Musicalfantasydramakrimi
Was schon in einer kurzen Zusammenfassung reichlich schräg klingt, bleibt auch in sämtlichen Folgen eben genau so. Und das ist perfekt. Es werden sehr abstruse und ungewöhnliche Mordfälle aufgeklärt. Die Leichen sehen dabei einmalig aus. Es ist kein Horror-Anblick, sondern vielmehr komisch. Allgemein hat „Pushing Daisies“ unglaublich viel Witz, vor allem durch die schnellen Dialoge. Trotzdem kann die Serie auch ernste Töne anschlagen.
„Pushing Daisies“ ist aber nicht nur eine komische Krimi-Serie, sie hat zugleich auch Elemente von Romantik, Drama, Musical, Märchen und Fantasy (keine Fabelwesen oder ähnliches, bloß Neds „magischer Finger“). Das mag erst einmal vollgestopft klingen, aber diese Mischung verschiedener Genres fügt sich wunderbar zusammen.
Passend zur eigentümlichen Handlung, haben sich die Macher auch für einen eigentümlichen Look entschieden. Unter anderem inspiriert von dem Musical-Film „Moulin Rouge“ (2001) – übrigens ebenfalls sehr empfehlenswert – wurde sowohl ein Erzähler mit besonderem Erzählstil als auch eine intensive Farbpalette (mit fantastischen Kostümen) eingesetzt. Es sieht wundervoll aus!
Der Erzähler – allwissend, auch wenn er nicht alle Informationen (sofort) preisgibt – leitet jede Folge mit einer kurzen Geschichte aus der Kindheit einer der Hauptfiguren ein. Daraufhin folgt ein Sprung in die Gegenwart, ein neuer Fall entwickelt sich, dessen Fakten wiederum vom Erzähler wiedergegeben werden, während der Mord geschieht. Auch im späteren Verlauf meldet sich der Erzähler immer wieder zu Wort, zum Beispiel um neue Charaktere vorzustellen oder die Gedanken der handelnden Personen wiederzugeben. Der Ton ist kurz und knapp, dabei aber auch ironisch und witzig.
Abgesehen von dem verdienten Loblied auf den kreativen Kopf hinter der Serie, Bryan Fuller, und sein Team, sind auch die Leistungen der Schauspieler bewundernswert. Sie alle bringen ihre Rolle glaubwürdig rüber, insbesondere die Hauptbesetzungen. Chi McBride als scheinbar nur materiell ausgerichteter, etwas ruppiger Privatdetektiv kann auch eine unerwartete Herzensgüte und Verletzlichkeit zeigen. Anna Friel (Chuck) wirkt erst wie „ein liebes Mädchen“, gibt aber auch der überraschenden Abenteuerlustigkeit ihres Charakters Glaubwürdigkeit. Der etwas schüchterne und vorsichtige Kuchenbäcker wird von Lee Pace glanzvoll dargestellt, nicht nur durch Gesichtsausdrücke sondern vor allem durch die Körperhaltung. Nicht zu vergessen sind auch Swoosie Kurtz und Ellen Greene als Chucks eigenbrötlerische, exzentrische und gleichzeitig introvertierte Tanten und Kristin Chenoweth (Kellnerin in der „Pie Hole“), die neben ihrem Schauspieltalent hin und wieder auch ihre gesanglichen Fähigkeiten präsentieren kann.
Alle Episoden abspielen? – Ja!
„Pushing Daisies“ ist ein Fest für alle, die gerne etwas andere Serien schauen. Ungünstigerweise kam es während des Drehs zu einem Streik der amerikanischen Drehbuchautoren, was wohl einer der Gründe dafür gewesen sein dürfte, dass die Serie bereits nach der zweiten Staffel und insgesamt nur 22 Episoden abgesetzt wurde. Dieses abrupte Ende spiegelt sich auch deutlich in der letzten Folge, in der versucht wurde, wenigstens ein paar der noch offenen Haupterzählstränge zu schließen.
Leider viel zu früh von uns gegangen, erscheint ein passender Ausdruck. Aber dank der technischen Errungenschaft des DVD-Spielers brauchen wir bloß unsere magischen Finger auszustrecken und schon erwacht die Serie wieder zum Leben. Allen, die es sich zutrauen, würde ich übrigens empfehlen, die Serie auf Englisch zu schauen, da dort die Wortwitze und die schauspielerischen Fähigkeiten noch besser rüber kommen.
Pushing Daisies. Creator: Bryan Fuller. Drehbuch u.a.: Bryan Fuller, Lisa Joy Nolan. Regie u.a.: Lawrence Trilling, Adam Kane. Darsteller u.a.: Lee Pace, Anna Friel, Chi McBride. USA 2007-2009. Warner Home Video. FSK 12.
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