Der Gaza-Streifen ist ein viel umkämpftes Gebiet. Es gibt kaum jemanden, der dort lebt und nicht mindestens einen Krieg überlebt hat. Angriffe sind manchmal kurz, manchmal dauern sie Tage oder Wochen an. Keiner weiß es vorher. Aber eines ist sicher: Wenn die Kampfflieger und Panzer angreifen, verändern sie das Gesicht von Gaza jedes Mal aufs Neue – und für immer. – Von Bücherbändigerin Elisabeth
Atef Abu Saif ist einer dieser Überlebenden. Ein Mann, der mit seiner Familie nicht geflohen ist, der dort geblieben ist, ausgeharrt hat. Wieder und wieder. Im Buch „Frühstück mit der Drohne – Tagebuch aus Gaza“ hat er die erschreckenden Geschehnisse der Angriffe von 2014 aufgeschrieben. Tag für Tag geschildert, was passiert ist. In ehrlichen Worten, ohne dabei irgendwem die Schuld zu geben, beschreibt er von seinen Erlebnissen. Von den Entscheidungen, die er täglich fällen musste, von den Nächten, in welchen der Schlaf nicht kommen wollte, dafür aber die Bombardements und die Gedanken über Leben und Tod. Über die Versuche, den Kindern zu erklären, warum sie gerade nicht zur Schule können und es draußen viel zu gefährlich ist. Über die Angst, getroffen zu werden, die Hoffnung, zu überleben und die Verzweiflung, wenn die Nachbarhäuser zerstört werden. In aufrüttelnder Weise erzählt er von der Hilfe, welche sich alle versuchen, zuteilwerden zu lassen, obwohl sie selbst Hilfe bräuchten.
Atef Abu Saif hat den Toten Namen gegeben und der Sinnlosigkeit der Zerstörung klare Bilder. Dem Krieg gibt er etwas Greifbares, Spürbares, beschreibt die Schrecklichkeit und Sinnlosigkeit der Kampfhandlungen durch Worte, die nahe gehen, die schocken und erschrecken und mitleiden lassen. Die Hässlichkeit des Krieges, das ständige Drohnensurren und die nächtlichen Bombardements sind Begleiter des Alltags. Der Krieg entwirft eine makabre Logik im Tagesablauf der Leute, Gedanken und Überlegungen, die den in Frieden lebenden Menschen unbekannt sind. Doch trotz all der Zerstörung und Grausamkeit, trotz der erschütternden Worte, gräbt sich immer wieder – wenn auch nur bruchstückhaft – aus den Trümmern hervor, was von keinen Bomben und keinen Raketen zerstört werden konnte: Die Hoffnung. Die Hoffnung auf Veränderung, auf Wandel, wenn auch langsam. Die Menschen in Gaza hoffen und leben weiter. Für ihren Traum von Frieden.
Frühstück mit der Drohne – Tagebuch aus Gaza. Atef Abu Saif. Unionsverlag. 2015.
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