Mit „Batman: The Killing Joke“ wagte sich Alan Moore 1988 an eines der größten Mysterien der Comicgeschichte heran: die Identität des Jokers. Nun machen sich Regisseur Sam Liu und Comicautor Brian Azzraello daran, dieses Meisterwerk auf die große und kleine Leinwand zu bringen. Ob der Animationsfilm der Comicvorlage gerecht wird, verrät euch Geschichtenerzähler Adrian.
Der 1988 erschienene Comic erzählt von einem der vielen Konflikte zwischen Batman und dem Joker. Dieser ist erneut aus dem Arkham Asylum ausgebrochen und bereitet sich auf die Auseinandersetzung mit dem dunklen Ritter vor. Mit der Entführung von Police Commissioner Gordon und einem Schuss auf dessen Tochter Barbara, ehemals Batgirl, der sie von der Hüfte abwärts lähmt, will er die Fledermaus nicht nur reizen, er will ihr auch etwas beweisen: Ein schlimmer Tag genügt,um den stärksten Mann wahnsinnig zu machen.
Immer wieder erhält man Einblicke in die Vergangenheit des Jokers, bevor dieser zum Clownprince of Crime wurde – als er noch ein erfolgloser Komiker war und sich mit den falschen Leuten einließ. Liu und Azzraello fügen dem Film noch einen weiteren Teil hinzu, denn die Geschichte von Alan Moore hat für eine Spielfilmumsetzung ein Problem: Sie ist eigentlich ein One-Shot, eine Kurzgeschichte. Anstatt sie also in die Länge zu ziehen, erhält der Betrachter in den ersten 30 Minuten einen Einblick in eine Erzählung rund um Barbara Gordon alias Batgirl und ihr Verhältnis zu ihrem Mentor Batman. Dieses wird hart auf die Probe gestellt, als ein Verbrecher eine kranke Passion für das Fledermausmädchen entwickelt.
„Da sind diese beiden Typen im Irrenhaus…“
Diese hinzugedichtete Vorgeschichte bringt jedoch auch einige Probleme mit sich. Nicht nur, dass sie keinerlei Zusammenhang mit der „Hauptgeschichte“ hat, man versucht den Zuschauer dazu zu bewegen, Emotionen für Batgirl aufzubauen, was jedoch gar nicht notwendig wäre. „The Killing Joke“ dreht sich eigentlich um den Konflikt zwischen Batman und dem Joker, nicht um das Schicksal von Batgirl.
Ein weiterer Knackpunkt sind die Dialoge. Qualitativ schafft es der erste Teil von Brian Azzraello kaum an das sprachliche Niveau der Haupthandlung heran. Ein Vergleich zwischen Moore und Azzraello wäre an sich nicht notwendig, würde man nicht versuchen, dem Zuschauer die beiden Teile als ein Gesamtwerk zu verkaufen. Der erste Teil des Film ist so gesehen eine neue Folge der „Batman: The Animated Series“ und als solche sollte sie auch betrachtet werden.
Der Teufel steckt im Detail
Die Filmumsetzungen von Alan Moores Comics, wie „Watchmen“ oder „V wie Vendetta“, weisen alle dasselbe Problem auf: Durch ihre Länge fallen die kleinen Details meist dem Schnitt zum Opfer. Allerdings sind es gerade diese Details, die einen Alan Moore so genial machen. Auch die Umsetzung von „The Killing Joke“ hat mit eben diesem Problem zu kämpfen, obwohl hier die nötige Zeit bleiben würde.
Sehr prägnant im Comic sind im Vergleich zum Animationsfilm etwa die aus dem Filmjargon verwendeten „Match Cuts“ – zwei aufeinander hart geschnittene Bilder – beim Wechsel von der Gegenwart in die Vergangenheit und umgekehrt. Der Schnitt zweier Bilder, die von der Handlung oder vom Setting her identisch sind, erfolgt sozusagen innerhalb eines Wimpernschlags. Somit wird beispielsweise aus dem Joker, welcher sich im Wasser spiegelt, im nächsten Panel sein vergangenes Ich in derselben Pose. Im Film werden diese Übergänge jedoch meist eher weich überblendet, wodurch dieser Effekt verloren geht. Auch die im Comic zwar kurze, aber dennoch fast schon gruselige Darstellung von Harvey Dent alias Two Face, wie er aus seiner Zelle schaut – wobei seine Gesichtshälften von den Gitterstäben getrennt werden – wurde im Film nicht übernommen.
Die Pointe
Um auf meine anfängliche Frage einzugehen: Wird „Batman: The Killing Joke“ der Comic-Vorlage gerecht? Nein. Ist es ein schlechter Film? Ebenfalls nein. Trotz all seiner Schwächen fühlte ich mich durch „The Killing Joke“ fantastisch unterhalten. Allein die englische Originalvertonung, die ich jedem nur empfehlen kann, mit Mark Hamill erneut als genialem Joker, ist ein Grund, diesen Film zu lieben. Wer den Geist von Alan Moore genießen will, dem empfehle ich eher den Griff zum Comic. Alle Batman-Interessenten werden mit dem Film jedoch eine unterhaltsame Zeit haben. Und wer bei 36:06 die Bilder auf dem Batcomputer genauer anschaut, wird dort auch eine schöne Hommage an Heath Ledger finden.
Zum Weiterlesen: Wer mehr über die Figur des Jokers erfahren will, dem empfehle ich den Artikel meiner Kollegin Celina, erschienen in unserer Klassiker-Ausgabe auf S. 30-31.
Batman: The Killing Joke (Comic). Autor: Alan Moore. Zeichner: Brian Bolland. Erstmals erschienen: 1988. Veröffentlicht bei: DC-Comics. / Batman: The Killing Joke (Animationsfilm). Regie: Sam Liu. Drehbuch: Brian Azzraello. Synchronsprecher u.a.: Kevin Conroy, Mark Hamill, Tara Strong. Warner Home Video. USA 2016. Erschienen: 04.08.2016.
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