Bevor am 21. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse die Siegertitel des Deutschen Jugendliteraturpreises bekannt gegeben werden, nehmen Satzhüterin Pia, Worteweberin Annika und Zeichensetzerin Alexa die nominierten Titel aus der Kategorie „Sachbuch“ unter die Lupe. Drei davon stellen sie hier vor.

 „Damals der Dodo“

So wunderlich wie der seit Jahrhunderten ausgestorbene urige Vogel Dodo mutet auch dieses Buch auf den ersten Blick an. Isabel Pin erzählt anhand des Dodos „vom Aussterben und Überleben der Arten“ und geht damit einen spannenden Weg mit vielen interessanten Seitenstraßen.

Der Vogel, der Ende des 17. Jahrhunderts ausstarb und auf den Maskarenen, genauer der Insel Mauritius, lebte, sei nicht nur ein Vogel. Er sei „ein Abenteuer, das Epos einer Tierart, die in unserer Welt, neben uns Menschen zu überleben versuchte.“ Und somit könne anhand seines Verschwindens eine Geschichte der Welt, der Natur und der Menschen erzählt werden.

Insgesamt gibt es 45 kurze Kapitel rund um den Dodo, seinen Lebensraum, sein Aussehen, seine unfreiwilligen Reisen und vieles mehr. Im weiteren Verlauf schlägt Pin den Bogen vom Dodo und wie Tierarten aussterben können, zu vielen weiteren ausgestorbenen Tieren. Leser:innen lernen unter anderem auch die Riesenseekuh, Elefantenvögel oder den Beutelwolf kennen. Immer wieder kommt die Autorin auf Menschen und Berufe zu sprechen, die mit dem Schicksal des Dodos verbunden sind. In kurzen, spannenden Biografien erfahren Leser:innen etwas über die Entdeckerin und Botanikerin Jeanne Baret oder die Naturforscherin Maria Sibylla Merian sowie viele weitere Persönlichkeiten.

Schlichte Skizzen und bunte, aber unaufdringliche Zeichnungen sowie kleinere Kästchen mit Informationen zu Begriffen, die im Text vorkommen (zum Beispiel Epos, Globalisierung oder auch Klimawandel), runden das Buch sehr gelungen ab. Kleine und auch größere Leser:innen werden hier selbst zu Entdecker:innen und können spielerisch unglaublich viel lernen. (sp)

Damals der Dodo. Vom Aussterben und Überleben der Arten. Isabel Pin (Text und Illustrationen). Aus dem Französischen von Martin Zwilling. Karl Rauch Verlag. 2021.

„Von Moskau nach Wladiwostok“

Gerade ist nicht wirklich der richtige Zeitpunkt, um mit der faszinierenden Transsibirischen Eisenbahn durch Russland zu gondeln. Zu groß ist die Distanz zu diesem Land durch den Krieg in der Ukraine geworden. Aber warum sollte man dann trotzdem darüber lesen? In der Jurybegründung zum Deutschen Jugendliteraturpreis wird „Von Moskau nach Wladiwostok“ als ein „Brückenbauer im besten Sinn des Wortes“ gelobt – und ist es nicht genau das, was wir in der aktuellen politischen Situation brauchen?

Das großformatige Sachbilderbuch von Alexandra Litwina (Text) und Anna Desnitskaya (Illustration) folgt der berühmten Bahnstrecke quer durch Russland. In jeder Stadt kommen Menschen, meistens Kinder, zu Wort. Als „unser Mann“ oder „unsere Frau in …“ berichten sie von ihren Lieblingsplätzen, der Architektur oder dem regionalen Essen. Sie geben dem Russland entlang der Trassib ein Gesicht. Auf den Seiten versammelt die Autorin zudem viele verschiedene Fakten, Kuriositäten und erklärt wichtige Vokabeln, sodass ein informatives Bild der Orte entsteht. Außerdem erfahren Leser:innen mehr über das Reisen mit der Transsibirischen Eisenbahn: Was muss man einpacken? Wo kann man duschen und auf Toilette gehen? Wie schläft man?

Ergänzt wird alles durch die herrlichen Illustrationen von Anna Desnitskaya. Teils zeigt sie kleine Objekte und Details, teils fängt sie ganz- oder doppelseitig die Stimmungen der verschiedenen Landschaften ein. Und wenn man durch das Buch Lust auf Zugreisen bekommt, gibt es ja gute Nachrichten: Fernstreckenzüge gibt es auf der ganzen Welt. Also alles einsteigen, bitte! (wa)

Von Moskau nach Wladiwostok. Eine Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn. Text: Alexandra Litwina. Illustration: Anna Desnitskaya. Aus dem Russischen von Thomas Weiler und Lorenz Hoffmann. Gerstenberg. 2021. Ab 10 Jahren.

„Hunde im Futur“

Für Grammatik und Rechtschreibung konnte ich mich schon als Schülerin begeistern. Alles folgt einem klaren System, die Regeln sind – meiner Meinung nach – absolut logisch und es macht einfach Spaß, Sprache zu analysieren. Kein Wunder also, dass mich Bücher wie „Hunde im Futur“ direkt ansprechen.

Das im Susanna Rieder Verlag erschienene Sachbuch wurde für den diesjährigen Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, mit der Begründung, es sei „in höchstem Maß ideenreich“. Was die Leser:innen hier erwartet, ist kein Buch, das einem langweiligen Schulbuch gleicht, sondern eine kreative Einführung in die wundervolle Welt der deutschen Grammatik: Wortarten, Satzglieder und -arten, Fälle und Zeiten werden anhand simpler Beispiele und kurzer Textchen vorgestellt und mithilfe von grafischen und farblichen Hervorhebungen verdeutlicht. Sehr angenehm ist auch die luftige Gestaltung des Buches. Manche Seiten beinhalten nur einzelne Wörter oder präsentieren zwei Beispielsätze, sodass nur das Wichtigste in Kürze vermittelt wird.

Bei so viel Klarheit im Text bilden die mit Buntstiften gezeichneten Illustrationen einen Kontrast dazu. Auf der anderen Seite veranschaulicht genau diese Art von bunter Gestaltung und verspielter Typografie, dass Sprache auf vielen Ebenen lebendig ist. „Hunde im Futur“ lädt Kinder ab 8 Jahren und Erwachsene dazu ein, Formen und Funktionen von Sprache kennenzulernen, wiederzuentdecken und lieben zu lernen. (za)

Hunde im Futur. Text: Johannes Rieder, Susanna Rieder. Illustration: Arinda Crăciun. Gestaltung: Carsten Aermes. Susanna Rieder Verlag. 2022. Ab 8 Jahren.

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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