Der Berliner Autor und Zeichner Reinhard Kleist hat die Geschichte von Samia Yusuf als Graphic Novel adaptiert und rekonstruiert. Geschichtenzeichnerin Celina hat sich „Der Traum von Olympia“ genauer angeschaut.
Der Traum von Samia Yusuf Omar: Bei den Olympischen Spielen in London laufen und gewinnen. Die Sprinterin kommt aus Somalia, einem Land, in dem Frauen öffentlich nicht laufen dürfen und aus dem immer mehr Menschen flüchten. Somalia ist zerstört von jahrzehntelangem Bürgerkrieg und dementsprechend fehlt es an Nahrung und auch an Trainingsorten. Kann Samia unter diesen Umständen ihren Traum verwirklichen?
Wer das Vorwort liest, wird etwas gespoilert, da der Ausgang der Geschichte hier ersichtlich wird. Doch trotz dieses Wissens wird die ganze Zeit über die Spannung und das Hoffen sowie Bangen um die Protagonistin aufrechterhalten. Zu Beginn des Buches scheint sie, mit 17 Jahren, ihrem Traum schon etwas näher gekommen zu sein. Es sind die Olympischen Spiele in Peking, wo sie den letzten Platz belegt und hohe Anerkennung genießt. Ihr Talent wird gesehen und die große Bedeutung des Laufens für Samia deutlich.
Doch dann wechselt die Szene nach Somalia, denn Samia kommt nach Hause. Hier werden den Leserinnen und Lesern unterschiedliche Gefühle Samias eröffnet. Auf der einen Seite die Wiedersehensfreude und die warmherzigen Menschen, wie Samias Familie. Auf der anderen die Al-Shabaab, eine militante islamische Bewegung in Somalia, und die schlechten Verhältnisse, die besonders auf dem Land herrschen. Die Ungerechtigkeit und Unterdrückung gegenüber Frauen wird deutlich, wenn unter anderem erzählt wird, dass Samia heimlich laufen muss, da Frauen der Sport allgemein verboten ist. Auch darf sie sich nicht ohne Kopftuch öffentlich zeigen. Trotz dieser Lage hält Samia an ihrem Traum fest. Doch wie soll sie zu Kräften kommen, ausreichend trainieren und nach London gelangen? Es bleibt nur ein Ausweg: Sie muss flüchten.
Die thematisch aktuelle Graphic Novel gibt somit Einblick in das Leben einer Flüchtigen. Das Werk soll dazu anregen, die Flüchtlingspolitik aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und einen kritischen Blick darauf zu werfen. Dabei wirken die mit Tuschefeder in Schwarz, Weiß und Grau gehaltenen Illustrationen recht schlicht und sind doch ausdrucksstark gezeichnet.
Reinhard Kleist wurde für dieses Werk unter anderem mit dem Luchs Preis 2016 der ZEIT und Radio Bremen und dem Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2016 ausgezeichnet. Zudem wurde ihm am 19. September 2016 der 33. Gustav Heinemann Friedenspreis für Kinder und Jugendbücher verliehen.
Die biografische und zugleich politische Graphic Novel „Der Traum von Olympia“ ist sowohl für Erwachsene als auch Jugendliche ab 14 Jahren lesenswert und bietet einen leichten und dennoch anspruchsvollen Einstieg in die Flüchtlingsthematik.
Der Traum von Olympia. Reinhard Kleist. Carlsen. 2015.
Dieser Text erschien erstmals in der 22. Ausgabe des Bücherstadt Kuriers, die sich dem Thema Sport widmet. Hier könnt ihr die Ausgabe downloaden.
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