Ein Hoch auf die Bücherliebe

von | 31.08.2021 | Buchpranger, Sach- und Fachbücher

Ihr liebt Bücher – egal, ob Taschenbuch, gebundenes Buch, Schmuckausgabe, mit Lesebändchen oder ohne? Ihr liebt den Geruch von Büchern und wenn ihr euch in eurer Wohnung umschaut, sind sie überall? Tja, dann gehört ihr wohl zum bibliophilen Teil der Bevölkerung, was bedeutet, dass ihr sicher auch Bücher über Bücher und die Liebe zu ihnen zu schätzen wisst. Genau um diese Bücherliebe geht es im gleichnamigen Buch von Annie Austen. Auch Bücherstädterin Kathrin konnte nicht widerstehen und hat es sich mit diesem Kleinod gemütlich gemacht und darin geschmökert.

Büchersammeln ist wieder en vogue …

Diesen Trend erkennt die Autorin Annie Austen. Dies macht sie nicht nur an den scheinbar unendlichen Zahlen von Shelfies (ein Foto des Bücherregals allein oder mit seinen stolzen Besitzerinnen und Besitzern) in den sozialen Medien fest, sondern führt auch noch weitere Punkte an. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Ikeas beliebter Bücherregalklassiker Billy weltweit seit 1979 bereits 110 Millionen Mal verkauft wurde? Pro Jahr geht es heute circa sieben Millionen Mal über die Ladentheke, in Großbritannien sind es in etwa 600.000 Billy-Regale. Wisst ihr, wie viel Platz das für Bücher umgerechnet bedeutet? Haltet euch fest, euer bibliophiles Herz wird bei dieser Summe höherschlagen: Das ist Platz für 90 Millionen Bücher – wohlgemerkt pro Jahr!

Interessant, nicht wahr? In dem kleinen Büchlein von Annie Austen findet ihr viele weitere spannende Überlegungen (muss man Bücher zum Beispiel immer zu Ende lesen? Wie geht man vor, wenn man mit Partnerin oder Partner zusammenzieht und die Büchersammlungen nun ein gemeinsames Zuhause haben?). Daneben gibt es immer wieder Listen zu ganz unterschiedlichen Bereichen: Zehn fiktive Orte in der Literatur, zwölf Bücher, die in Filmen gelesen werden, Barack Obamas letzte Sommerlektüre als Präsident oder sechs völlig schräge Buchtitel – um nur einige zu nennen. Gespickt ist das Ganze obendrein noch mit Zitaten berühmter Persönlichkeiten zum Thema Buch, Bücherliebe und Lesen.

„Ach, wie gut es doch ist, unter lesenden Menschen zu sein.“ – Rainer Maria Rilke

Wenn euer Herz bei solchen bibliophilen Fakten auch einen Hüpfer vor lauter Bücherliebe macht, seid ihr bei diesem Exemplar gut aufgehoben. Sprechen diese Fakten und Überlegungen schon für sich, kommt der lockere, leichte und sehr angenehme Schreibstil von Annie Austen noch hinzu. In kurzen Kapiteln stellt sie mit viel Wortwitz, Selbstironie und teilweise gnadenloser Überspitzung viel Wissenswertes zum Thema Bücherliebe zusammen. Als Kostprobe soll hier ihre Empörung zu einem Bild eines Regals aus der Zeitschrift „Ideal Home“ dienen. Dort ist ein großes Regal zu sehen, in welchem alle Bücher mit dem Buchschnitt nach vorne stehen (also mit dem Buchrücken zur Rückwand des Regals!) und ein einheitliches papierenes Gesamtbild abgeben. Annie Austen schreibt dazu:

„Buchliebhaber empfanden diesen reizarmen Anblick als verstörend und absolut erschreckend. Wie, um Himmels Willen, konnte irgendjemand darauf kommen, ein derart widerlicher Akt von freiwilliger kultureller Selbstzensur in den eigenen vier Wänden sei eine gute Idee? [Wie soll man da etwas wieder finden?] Hat man nicht Glück und greift aus purem Zufall nach dem richtigen Band, wird man letzten Endes mit Sicherheit inmitten eines Haufens wild durcheinandergeworfener Bücher heulend zusammenbrechen.“

Die Farbe, die durch solche eine Sortierung entsteht und das Bücherregal dominiert, betitelt sie als „die ödeste, deprimierendste aller Farben […], nämlich vergilbtes Weiß.“ Das Augenzwinkern dürfte dem ein oder anderen Bücherwurm sicher ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Das kleine schmucke Büchlein hält viel spannendes Wissen und einige Gedanken zur Buchliebe fest. Es zelebriert das Bücherregal und ist eine Hommage an die Lesefreude. Ein Aufruf, stolz darauf zu sein, zu lesen.

Doch ein kleiner Kritikpunkt?

Der einzige kleine Wermutstropfen ist der vom Verlag gewählte Untertitel des Buches „Was Bücherregale über uns verraten“, denn aufgrund dessen habe ich inhaltlich etwas anderes erwartet. Bei mir hat der Untertitel die Assoziationen geweckt, man würde etwas über seine eigene Persönlichkeit anhand des eigenen Bücherregals und Lesegeschmacks erfahren. Um ein Beispiel zu nennen, ich hatte so etwas erwartet wie: Du sortierst deine Bücher nach Farben, dann bist du ein besonders ordnungsliebender Mensch und hast einen Sinn für Ästhetik oder Ähnliches. So ist der Untertitel tatsächlich etwas irreführend, da er meiner Meinung nach nicht zum Inhalt des Buches passt, das, wie schon erwähnt, eine Hommage an Bücherregale im Allgemeinen und an die Bücherliebe im Speziellen ist. Das englische Original hat übrigens keinen Untertitel. Dort heißt es einfach nur „Shelf Respect“. Der Titel „Bücherliebe“ alleine wäre ausreichend und vor allem passender gewesen.

Doch dieser Kritikpunkt betrifft wirklich nur den Untertitel und nicht den Inhalt des Buches. Denn dieses Büchlein ist ein unterhaltsames Kleinod für alle Bibliophilen unter uns. Wenn euch also interessiert, was es mit den reitenden Bibliothekarinnen von Kentucky auf sich hat oder was Oscar Wilde mit den oberen Ecken seiner Bücher während des Lesens gemacht hat (Spoiler: Er hat sie gegessen), dann solltet ihr unbedingt zu dieser Liebeserklärung an das Buch greifen oder es an euch bekannte Leseratten verschenken. Viel Spaß beim Schmökern!

Bücherliebe – Was Bücherregale über uns verraten. Annie Austen. Aus dem Englischen von Katrin Harlaß. HarperCollins. 2021.

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

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