Innerhalb kürzester Zeit hat Seitentänzerin Michelle-Denise „The Castaways“ von Lucy Clarke gelesen und wird sicherlich bei ihrer nächsten Flugreise an diese hochspannende, emotionale Geschichte denken müssen.
Die Schwestern Erin und Lori sind seit dem Tod ihrer Eltern sehr eng miteinander verbunden. Sie leben zusammen und haben geschworen, sich immer gegenseitig die Wahrheit zu sagen. Als die beiden eine Urlaubsreise auf die Fidschis antreten, streiten sie sich jedoch so schlimm wie noch nie, was dazu führt, dass Lori alleine in das Flugzeug steigt. Als Erin erfährt, dass das Flugzeug vom Radar verschwunden und nicht auf der Insel angekommen ist, begibt sie sich auf eine jahrelange Suche nach dem Verbleib der Maschine und deren Insassen. Nichtsahnend, dass Lori als eine der wenigen Passagiere überlebt hat und irgendwo im nirgendwo auf einer einsamen Insel in Gefahr ist und ums Überleben kämpft.
Zwei Seiten der Geschichte
Die Großstadt London und die Fidschi-Inseln sind die Schauplätze dieser Geschichte, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber dennoch zeigen, dass man unter vielen Menschen einsamer sein kann, als auf einer Insel. Erzählt wird der Roman in zwei unterschiedlichen Zeitebenen. Während Erins Erlebnisse in der Gegenwart geschildert werden, wird Loris Flugzeugabsturz und Kampf ums Überleben aus der Vergangenheit beleuchtet. Die Schwestern arbeiten, neben der eigentlichen Handlung, jede für sich den Konflikt auf, den sie vor der Abreise hatten, und versuchen zu ergründen, warum dieser überhaupt so eskalieren konnte. Dieser Aufbau des Buches ermöglicht den Lesenden eine detaillierte Schilderung der Geschehnisse, die trotz der Zeitsprünge nahtlos miteinander verwoben sind. Beide Sichtweisen werden abwechselnd in gut abgestimmten Etappen erzählt, sodass die Spannung stets hoch bleibt. Es ist ein Leichtes, sich in die Gefühlswelt der beiden Schwestern hineinzuversetzen und man spürt ihre starke Bindung zueinander, trotz der Entfernung.
Authentische Charaktere
Der Fokus der Geschichte liegt aber nicht nur auf Erin und Lori, auch die Mitinsassen und Mitinsassinnen des Flugzeugs sowie ihre Angehörigen bekommen meist direkt, aber auch indirekt Raum, ihre Geschichte zu erzählen. Was waren die Passagiere und Passagierinnen für Menschen? Wie gehen ihre Angehörigen mit dem Verlust um? Und welche Geheimnisse umgibt jeden und jede von ihnen? Clarke gibt den Figuren die Freiheit, sich im Laufe der Zeit zu offenbaren und entfalten. Die handelnden Personen sind unglaublich authentisch mit viel Tiefgang. Sie stagnieren nicht in ihrem Wesen. Gerade die Wandlung von Lori in den letzten Kapiteln hat mich zunächst wirklich schockiert, aber doch auch positiv beeindruckt.
Unvorhersehbare Handlungen bis zum Ende
Man sagt oft, dass ein Buch die Spannung bis zur letzten Seite aufrechterhält, aber hier ist das wirklich wörtlich zu nehmen, denn bis in die letzten Sätze nimmt der Thriller nochmals eine Wendung, die ich zwar erhofft, aber nicht mehr für möglich gehalten habe. Es werden nach und nach, sowohl in der Gegenwart, als auch in der Vergangenheit, immer mehr Geheimnisse gelüftet, die der Handlung ungeahnte Dynamiken verleihen. Dabei wird jede Information genau beleuchtet. Am Ende hatte ich das Gefühl, dass tatsächlich alle Fragen, die man als Lesende haben kann, beantwortet wurden. Clarke hat mit „The Castaways“ ein brillantes Buch geschrieben, das zutiefst emotional und spannend ist. Die packende Geschichte hat mich regelrecht gefesselt und ich bin bereits auf die Serienverfilmung des Buches, die Ende 2024 veröffentlicht werden soll, sehr gespannt.
The Castaways. Lucy Clarke. Übersetzung: Karin Dufner. Piper. 2023.
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