Frauen, die lesen, sind gefährlich

von | 10.01.2014 | Buchpranger, Sach- und Fachbücher

Stefan Bollmann beschäftigt sich in seinem Werk „Frauen, die lesen, sind gefährlich“ (Elisabeth Sandmann Verlag, 2005) mit der Geschichte weiblichen Lesens. Er führt uns durch die Epochen, gibt uns Einblick in die Malerei und Fotografie und erklärt, warum Künstler so fasziniert von lesenden Frauen waren. – Von Zeichensetzerin Alexa

Frauen, die lesen, sind gefährlich. In einem Vorwort beschreibt Elke Heidenreich, warum: „Wer liest, denkt nach, wer nachdenkt, bildet sich eine Meinung, wer eine Meinung hat, weicht ab, wer abweicht, ist ein Gegner. So einfach lässt sich das erklären.“ Ein Grund, weshalb Lesen lange Zeit verboten war und als etwas Böses angesehen wurde, als Sünde, Feind. Wer nicht las, blieb in seiner vertrauten Welt und hinterfragte diese nicht. Wer keine eigene Meinung hatte, folgte den Anweisungen des Herrn, nahm alles hin, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres. Das einzige Buch, das nicht verboten war, war die Bibel.

Bücher wurden verbrannt, die Frauen unterdrückt. Nur Männer durften lesen, nur die Reichen konnten sich ein Buch überhaupt leisten. Erst seit wenigen Jahrzehnten wird den Frauen das Lesen zugestanden, nicht allen und nicht überall, aber immerhin. Dabei waren es gerade sie, die das Buch zu schätzen wussten, ergriffen wurden von den Geschichten und Gedichten, die meist von Männern geschrieben wurden, über Ängste, Liebe, das Leben und den Tod. Lesende Frauen waren jedoch nicht gern gesehen, denn wenn sie sich erst in ein Buch vertieften, vergaßen sie ihre Verpflichtungen, zu denen der Haushalt und die Kindererziehung gehörten.

Was Frauen beim Lesen fühlen und denken, kann man in den Werken der Künstler erkennen. Die Stimmung, in der sich die dargestellte Frau befindet, kommt stets rüber, die Bedeutung von Büchern und Lesen wird deutlich. Räumlichkeiten werden dargestellt, Situationen, in denen sich die Frauen gerade befinden, z.B. auf dem Weg in einen anderen Raum wird schnell ein Brief gelesen. Sobald die Herrin aus dem Haus ist, wird schnell das Buch weitergelesen, auch wenn darunter der Haushalt leidet…

Konzentrierte Frauen, lächelnde, traurige. Einige sind dem Betrachter zugewandt, nachdenklich, als hätten sie gerade etwas gelesen, das sie nicht mehr loslässt. Andere schauen weg, in die Ferne, träumend. Wieder andere kehren dem Betrachter den Rücken zu, als wollten sie mit ihrem Buch alleine sein, ungestört und in Stille, für sich. Auf einigen Bildern sind Frauen zu sehen, die vorlesen oder denen man vorliest. Zwei Verliebte lesen zusammen, sind so ergriffen von dem Text, dass die Gefühle sich auf sie übertragen und die Lesezeit mit einem Kuss beendet wird.

Bücher werden als Vergnügen und Unterhaltung dargestellt, als etwas, das zum Nachdenken anregt und die Fantasie steigert. Sie bieten einen Zufluchtsort und Bildung, erweitern das Blickfeld und wecken Gefühle. Sie können aber auch als Trauerbewältigung dienen, Trost und Schutz spenden in schweren Zeiten, ein Heilmittel sein. Lesen zur Entspannung im Garten oder im Café. Lesen als kleine Reise in fremde Welten. Lesen zur Kommunikation.

Dieses Buch zeigt Werke großer Künstler wie Rembrandt, van Gogh, Vermeer und Feuerbach. Zu jedem Bild gibt es eine kleine Beschreibung und Interpretation. Dabei werden der Stil des Künstlers und die Epoche berücksichtigt. Die Vorstellung der Werke bildet den Schwerpunkt des Buches. Am Ende fasst Stefan Bollmann die Geschichte des Lesens vom 13. bis 21. Jahrhundert zusammen. Der Text ist sehr interessant geschrieben und nicht überladen mit Fakten, weshalb man das Buch schnell durchlesen kann. Dennoch würde ich es vor allem denjenigen empfehlen, die sich für Malerei und Fotografie interessieren, da dies der Schwerpunkt des Buches ist. Wer mehr über die Geschichte weiblichen Lesens erfahren möchte, sollte eine weitere Lektüre hinzuziehen.

Frauen, die lesen, sind gefährlich. Stefan Bollmann. Elisabeth Sandmann Verlag. 2005.

 

Bücherstadt Magazin

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Das Bücherstadt Magazin wird herausgegeben vom gemeinnützigen Verein Bücherstadt. Unter dem Motto "Literatur für alle!" setzt sich die Redaktion mit der Vielfalt der Literatur im Sinne des erweiterten Literaturbegriffs in verschiedenen medialen Aufbereitungen auseinander.

7 Kommentare

  1. Avatar

    Ich lese gerade „Frauen und Bücher“ von Bollmann, was mir bisher ausgezeichnet gefällt. Da wandert dieses hier gleich auf die Wunschliste.

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    • Bücherstadt Kurier

      Ah, wunderbar! Und bei mir landet „Frauen und Bücher“ auf die Wunschliste. 🙂

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  2. Avatar

    Meine Tante las alle Bücher,die sie bekommen konnte. Ich ging für sie zur Bibliothek und sorgte für Nachschub. Ich habe sie bewundert. Sie hat das Gelesene
    in Erinnerung behalten, verarbeitet und mit mir geteilt. Dafür bin ich ihr noch heute dankbar.

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    • Bücherstadt Kurier

      Es ist schön, wenn man über Literatur sprechen, sie weiterverbreiten kann! Ich bin all jenen, die mir früher vorgelesen haben, auch dankbar. Genauso wie all die Büchergeschenke, die meine Literaturbegeisterung nur noch verstärkt haben. 🙂

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  3. Avatar

    klasse Buch! Auch aus kunstwissenschaftlicher Sicht wertvoll. Die Bilder sind sorgsam ausgewählt und wissenswert beschrieben.

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