In einer alternativen Welt rüstet Tibet auf, um die Weltherrschaft an sich zu reißen und die Menschheit zu versklaven. Fabelforscher Christian hat sich zusammen mit Blake und Mortimer der „Gelben Gefahr“ gestellt – und ist belohnt worden!
Die Welt steht am Abgrund, der „Kalte Krieg“ mit den Tibetern wird über Nacht zu einem globalen Konflikt, der die gesamte Menschheit unter das Joch des tibetischen Kaisers bringt. Seine „Gelben Horden“ besetzen mit ihrer Übermacht an Waffen und Ausrüstung fast jeden Winkel der Erde, doch es regt sich Widerstand: Captain Blake vom britischen Secret Service und dem Atomphysiker Professor Mortimer gelingt die Flucht aus einer geheimen Forschungseinrichtung, bevor sie von den Tibetern erobert werden kann.
Bei sich tragen sie die Pläne für den „Tigerhai“, die ultimative Waffe im Kampf gegen die „Gelben“ und die letzte Hoffnung, um der Welt die Freiheit wiederzugeben. Alles, was die beiden tun müssen, ist, die Pläne in eine geheime Militärbasis zu bringen, wo Wissenschaftler und Personal bereitstehen, um den „Tigerhai“ zu bauen. Leider werden sie dabei von Colonel Olrik (dessen Figur unverkennbar die Züge von Edgar P. Jacobs trägt), dem Militärberater des Kaisers und Oberbefehlshaber des 13. Büros gnadenlos gejagt. Auf ihrer Flucht müssen die beiden so manches Abenteuer bestehen und vielen Gefahren trotzen – Spannung pur!
Stil, Satz und Bild
Edgar P. Jacobs, der bei Hergé („Tim und Struppi“) in die Lehre gegangen ist, wird häufig als einer der Meister des franko-belgischen Comics bezeichnet. Zeichnerisch betrachtet trifft das auch definitiv zu, der Detailreichtum ist atemberaubend. Zu Anfang ist es dabei aber durchaus irritierend, dass Jacobs recht häufig in Textfeldern erklärt, was ohnehin im dazugehörigen Panel klar zu erkennen ist. Zur Entstehungszeit des Werkes – die erste Ausgabe von „Kampf um die Welt“ erschien 1946 – war das aber durchaus gängige Praxis.
Die Story selbst kann es ohne Probleme mit den meisten modernen Comics aufnehmen. Jacobs schafft es, auf zwei oder drei Seiten mehr Handlung zu verpacken als manch ein moderner Comic in einen ganzen Band. Das geht natürlich nur mit Hilfe einer gewissen Textlastigkeit, für die Jacobs des Öfteren kritisiert wird, die aber auch mehr Tiefe in die Handlung bringt.
Weltreich Tibet
Aus unserer heutigen Sicht erscheint es völlig abwegig, dass Tibet eine riesige Armee aufbaut, um damit die Weltherrschaft an sich zu reißen, zumal Tibet selbst ja seit Jahrzehnten von den Chinesen besetzt ist. (Wer Lust hat, mal etwas in diese Richtung zu lesen, dem sei „Sieben Jahre in Tibet“, ein autobiographisches Buch des Bergsteigers Heinrich Harrer oder auch der gleichnamige Film mit Brad Pitt in der Hauptrolle wärmstens ans Herz gelegt.) Für Jacobs war Tibet aber wohl der perfekte Kandidat für den Bösewicht – im Westen weitgehend unbekannt, geheimnisumwittert, versteckt hoch oben im Himalaya und noch dazu keinem der Blöcke im „echten kalten Krieg“ wirklich zuzuordnen. Das im Band enthaltene Nachwort von Lutz Göllner gibt unter anderem einen Einblick in die politische Einordnung von „Kampf um die Welt“ und geht auch auf Kritiker ein, die Jacobs Werk Rassismus unterstellen.
Von außen betrachtet
Die Haptik und Aufmachung dieses Bandes kann nur lobend erwähnt werden. Das dicke Papier greift sich sehr angenehm und lässt nichts durchscheinen. Durch das große Albumformat sind die teilweise stark textlastigen Passagen sehr gut lesbar, allerdings sollte man zum Lesen besser zu Hause bleiben – für Bus oder Bahn ist der Comic eher ungeeignet. Insgesamt ist der Band hochwertig gearbeitet und definitiv für bibliophile Comicliebhaber (und solche, die es werden wollen) zu empfehlen. Auch das Zusatzmaterial mit Infos zum Autor, Covern der Originalausgaben und Nachwort runden den Band sehr schön ab. Wer beim Comiclesen lieber große bunte Bilder mit zwei, drei Sätzen pro Seite bevorzugt, sollte hierauf lieber verzichten.
Der Kampf um die Welt. Die Blake und Mortimer Bibliothek. Edgar-Pierre Jacobs. Aus dem Französischen von Wiebke Besson. Carlsen. 2018.
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